BattleTech 24: Auge um Auge
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Der Samurai nahm die Hand und ließ sich von Mond hochhelfen.
Der Koreaner trat an seinen üblichen Standort hinter seiner Kommandantin, wo er leise sprechen und nur sie es hören konnte.
»Ein merkwürdiger Zufall, nicht wahr?« murmelte er.
»Was?« fragte sie.
»Daß Onkel Chandy ein Regiment fremder Söldner importiert, um seine Fabriken zu schützen, und zwar nur Tage, nachdem unser Mechbestand zum erstenmal seit Tukayyid wieder auf volle Stärke gebracht wurde.«
»Und?« fragte Lainie Shimazu.
»Hachiman ist weit von der Vertragsgrenze«, sagte Mond. »Rechnen unsere Herren damit, daß der Waffenstillstand zwischen den Clans so bald gebrochen wird? Oder vielleicht wird sich dieser Ärger aus der Erde dieser Welt erheben?«
»Es könnte sich als das erweisen, was du gesagt hast«, konterte Lainie. »Zufall.«
»Könnte sein«, stimmte der kompakte Mann in einem Ton zu, der besagte, daß auch Schweine fliegen könnten – wenn sie Flügel hätten.
8
Masamori, Hachiman
Distrikt Galedon, Draconis-Kombinat
27. August 3056
Cassie hatte noch nie von der Katalanischen Kompanie gehört und hätte Vater Bob gesagt, er solle sich eine Socke in die Klappe stopfen, wenn er versucht hätte, ihr davon zu erzählen. So war sie: offen bis zur Grobheit, wenn nicht darüber hinaus. Aber irgendwie hatte niemand etwas gegen sie. Vielleicht lag es an ihrem Lächeln.
Ihre drahtigen, starken Beine bewegten sich ohne Anstrengung. Sie beugte sich vor und ließ die auf den geraden Lenker gestützten Arme einen Augenblick lang ihr Gewicht tragen, obwohl ihre Handballen zu ermüden begannen. Ihr Steiß schmerzte von der Fahrt über die Hohiro-Kurita-Brücke. Die verfluchten Schwellen waren holprig. Im Gegensatz dazu war die Fahrt in den Murasaki-Distrikt ein Zuckerschlecken gewesen. Masamori war in einem weiten Tal oberhalb der Bucht erbaut worden, aus der sich der Yamato in die Shakudo-See ergoß. Das bedeutete, es war weitgehend flach.
Ihr vorbereiteter Paradeweg war nicht lange nach dem Eintreffen in der eigentlichen Stadt vom Fluß abgebogen, genau wie es LeutenientKolonel Marisol Cabrera, der Stabschef von Kolonel Camacho, ihr angekündigt hatte. Cassie hatte die Prozession zunächst nach Norden und dann ostwärts nach Murasaki geführt. Sie mußte sich bemühen, der Versuchung zu widerstehen, den Zug im Zickzackkurs durch die Hauptstadt Hachimans zu führen, die Spießer zu erschrecken und das Pflaster zu zertreten, aber sie hatte ihr widerstanden. Nicht aus Angst vor den schauderhaften Folgen, mit denen ihr la Dama Muerte Cabrera gedroht hatte, falls sie so etwas abziehen sollte. Sondern aus Achtung für den müden alten Mann im Katamaran, der unerschütterlich hinter ihr herstapfte.
Der Murasaki-Distrikt bestand weitgehend aus Büros mit Restaurants und kleinen Läden im Erdgeschoß. Cassie erinnerte sich zwar nicht an ihr Leben im Kombinat, aber die Gegend war ein ganzes Stück heiterer, als sie erwartet hatte. Sie hatte immer den Eindruck gehabt, das Leben im Draconis-Kombinat sei freudlos, und das nicht nur wegen der langen Jahre, in denen sie der offiziellen Propaganda des Vereinigten Commonwealth und den Schauergeschichten der Emigranten aus dem Kombinat gelauscht hatte, unter denen sie aufgewachsen war.
Aber diese Straßen waren breit und sauber, die Farben hell und die Angestellten und Sekretärinnen, die den Großteil der Fußgängerströme bildeten und die von Polizisten des Zivilen Führungscorps mit ihren helmbedeckten Kapuzen und Anti-Aufruhr-Schrotflinten in ihre Schranken verwiesen wurden, waren frisch gebadet und fröhlich. Die Begeisterung, mit der sie der Söldnerprozession zujubelten, wurde wahrscheinlich von Kadern in der Menge sorgfältig orchestriert – so war das nun einmal im Kombinat. In Wirklichkeit aber wirkten die Massen ziemlich glücklich, wahrscheinlich aus reiner Liebe zum Spektakel.
Viele der Gebäude waren regelrechte Wolkenkratzer. Sie waren meist im Yamato-Stil gebaut, der nach dem Flaggschiff des alten Admirals Kurita im Zweiten Weltkrieg auf Terra hieß, ein Stil, der im späten neunundzwanzigsten Jahrhundert im Kombinat beliebt gewesen war. Die Stilisierung beruhte offenbar auf der Vorstellung irgendeines Architekten des neunundzwanzigsten Jahrhunderts von der äußeren Form der Yamato: Formen, die vage an gewaltige, dünne Haiflossen erinnerten, eine terrassenförmige Front, die sich wie zur Erreichung von Stromlinienform zu einer glatten senkrechten Wand verjüngte,
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