BattleTech 30: Abgefeimte Pläne
Hinterhalt, in den er Ulric Kerensky gelockt hatte, hatte er eine ganze Palette der strikten Regeln gebrochen, die für die Jadefalken den Begriff der Ehre definierten. Der Hinterhalt an und für sich war bereits ein Verstoß gegen ihren Verhaltenskodex von nachgerade widerlichen Ausmaßen. Hinzu kam ein Ehrverstoß, den es nur bei den Jadefalken gab: Er hatte eine gesamte Einheit dazu benutzt, einen einzelnen Gegner zu vernichten. Während Vlad und die Wölfe eine derartige Taktik als angebrachten Einsatz militärischer Ressourcen ansehen mochten, besaß für die reaktionären Falken ausschließlich der Zweikampf Krieger gegen Krieger einen Ehrenwert.
Mit einer Aufdeckung dieser Sünden drohten weit ernstere Konsequenzen als nur die Verhinderung von Chistus Wahl zum ilKhan. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden ihm die Jadefalken seinen militärischen und seinen Clanrang aberkennen. Es war sogar vorstellbar, daß das Haus Chistu ein Abschwörungsritual gegen ihn ausführen und ihn ausstoßen würde. Schlimmer noch, mit seinem Tod würde auch seine Genlinie ein Ende finden.
Vlad nickte. Das Problem, wenn man nach einem so hohen Preis greift, Khan Vandervahn Chistu, ist die Tatsache, daß der Sturz aus solcher Höhe bei einem Fehlschlag tragische Ausmaße hat. Wenn er in dieser Angelegenheit gegen Vlad um seine Ehre kämpfte, gab er damit zu, daß es Unregelmäßigkeiten im Bericht des Khans über Ulrics Ende gegeben hatte. Chistu wußte genau, daß Vlad sich die Erlaubnis zu diesem Kampf nur mit Beweisen für seine Anschuldigungen hatte erwerben können. Er hing also schon halb über dem Abgrund.
Chistu sah hoch. »Du hast gesagt, das wäre die geringste unserer Differenzen.«
»So ist es.«
»Und was ist die größte?«
Ein Lächeln trat auf Vlads Gesicht. »Ihr habt einen Widerspruchstest in einen Absorptionstest umgewandelt.«
Chistus Blick wurde schärfer. »Und dem widersprichst du ebenfalls?«
»So ist es.«
Vandervahn Chistu stand auf. »Dann sollst du deinen Widerspruchstest haben. Wir werden um die Frage der Absorption kämpfen.«
»Nein!« Crichell schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich habe die Genehmigung für diesen Kampf basierend auf der Anklage betreffs Ulric Kerenskys Tod gegeben. Ich ziehe diese Genehmigung zurück. Ohne sie kann man einen Khan nicht herausfordern.«
Chistu zeigte alle seine Zähne, als er seinen Vorgesetzten angrinste. »Aber Elias Crichell, Sie vergessen, daß ich ebenfalls ein Khan bin. Ich gestatte diese Herausforderung – die Herausforderung über die Frage der Absorption.« Der Juniorkhan drehte sich wieder zu Vlad um. »Ist das für dich annehmbar?«
»Gut gehandelt und akzeptiert, Khan Vandervahn Chistu.« Indem er über die Absorption gegen Vlad kämpfte, gestand Chistu ein sehr viel geringeres Vergehen ein, das den Vorschriften des Großen Konklaves unterlag, nicht den Verhaltensregeln, durch die sich die Jadefalken definierten. Außerdem machte er durch die Verlagerung des Gewichts der Herausforderung auf den Absorptionstest alle übrigen Falken, die für die Vereinnahmung der Wölfe gewesen waren, zu seinen Verbündeten, was die Schuld von Chistu als Einzelperson auf den Clan als Ganzes legte.
»Gut gehandelt und akzeptiert, Vlad von den Wölfen.« Chistu verschränkte die Arme auf dem Rücken. »Als Herausgeforderter wähle ich den Kampf mit BattleMechs. Und ich verzichte auf das Recht, einen Stellvertreter für den Kampf zu bestimmen.«
Der Wolf grinste. »Auf dieses Recht habt Ihr bereits verzichtet, als Ihr meine Herausforderung persönlich angenommen habt, Khan Vandervahn Chistu.«
»Du hast recht. Wo sollen wir kämpfen?«
»Der Regierungshügel war Euch schon einmal gut genug.« Vlad breitete die Arme aus. »Ich werde dort auf Euch warten.«
»Einverstanden.«
Vlad nickte, dann sah er hinüber zu Crichell. Dessen wutschnaubende Miene ließ ihn beinahe laut auflachen. Ja, Elias Crichell. Jetzt kennst du den zweiten Teil unserer Vereinbarung – ich räume dir den Rivalen aus dem Weg, und du gibst mir dafür meinen Clan zurück. Du wolltest meine Pläne benutzen, um deine zu fördern, und nun wirst du den Preis für deine Arroganz bezahlen.
In Marthe Prydes Augen stand eine Mischung aus Bewunderung und Verachtung, was sie für ihn sehr viel interessanter machte. Anscheinend hatte sie sich ausgerechnet, wie Vlad erfolgreich einen Khan gegen den anderen ausgespielt hatte. Das beeindruckte sie. Es fiel ihm jedoch schwerer, den Haß in ihrem Gesicht einzuordnen.
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