BattleTech 41: Freigeburt
spannte die Äste bis hart an die Belastungsgrenze. Hengst konnte sich nicht erklären, wie seine Arme und Beine das durchstanden, ohne zu brechen.
Wie Howell vorhergesagt hatte, war der Wind von brutaler Härte und ließ ihn mehrmals befürchten, sein Rückgrat würde entzweibrechen. Als der Wind sich ebenso schnell wieder legte, wie er aufgekommen war, wurde er beinahe genauso schmerzhaft zurückgerissen, und die Seile zerrten im Nachfedern wieder und wieder an seinen Gliedmaßen. Oder verschiedene Windböen trafen ihn aus unterschiedlichen Richtungen und zerrten Hengst erst hierhin, dann dorthin.
Dann kam der Regen.
Wie der Wind variierte auch die Heftigkeit des Regenfalls. Die meiste Zeit über fiel er in schweren, schmerzhaft peitschenden Tropfen. Er war froh, daß die Wipfel des Waldes ihn häufig abschwächten. Indem er seinen Kopf nach hinten warf, soweit es der Kragen erlaubte, konnte er genug Wasser mit der Zunge auffangen, um seinen brennenden Durst zu stillen.
Er sah zum Stadtrand von Lutera hinüber. Trotz der schlechten Sichtverhältnisse konnte er Mechs und mehrere Wagen erkennen, die sich wie Zuschauer versammelt hatten, und deren Insassen sich ohne Zweifel darüber amüsierten, wie er wie eine Stoffpuppe im Wind hampelte. Er wollte ihnen Flüche entgegenschleudern, doch er wußte, daß sie ihn des Sturms wegen nicht gehört hätten. Außerdem mußte er seine Kräfte aufsparen.
Wasser lief und tropfte ihm über Gesicht und Körper. Immer wieder überkam ihn der Drang, es wegzuwischen. Ohne nachzudenken, zerrte er an den Seilen, konnte sie aber nicht lockern. Er entspannte sich und versuchte, tiefer in den Kragen zu rutschen und sich den Elementen zu ergeben, den Regen über sich spülen zu lassen, sich vom Wind schütteln zu lassen. Er konnte seinen Kopf kaum bewegen, aber die Entspannung half die Schmerzen zu mildern.
Das Gewitter ließ nach. Der Wind legte sich etwas, und statt eines Regenschauers rann nur noch das auf Ästen und Blättern angesammelte Wasser auf ihn herab.
In der Ferne waren keine Mechs oder andere Zuschauer mehr zu sehen. Wahrscheinlich hatte das Gewitter jetzt die Stadt erreicht. Vielleicht hatte der Regen die Quälgeister vertrieben. Irgendwie gab das Hengst das Gefühl, gesiegt zu haben. Er hatte dem Gewitter standgehalten, das die Nebelparder verjagt hatte.
Er testete die Seile, um zu sehen, ob das Gewitter sie gelockert oder möglicherweise weit genug gedehnt hatte, daß er sie mit einem kräftigen Arm- oder Beinzug weiter lösen oder sogar zerreißen konnte.
»Stravag«, murmelte er, als er feststellen mußte, daß sie so fest wie zuvor waren. Wenn sie erst trockneten, würden sie noch fester werden.
»Stravag scheint noch eine Beschönigung deiner Lage«, stellte eine Stimme fest. Sie schien aus dem Baum zu seiner Linken zu kommen. Hengst schaffte es, den Kopf trotz des Kragens ein wenig zu drehen, sah aber niemanden. Allerdings kannte er die Stimme.
So leise er konnte, flüsterte er: »Sentania Buhallin, wo bist du?«
»Ich halte es für besser, wenn ich mich noch nicht zeige. Ich kann dich von meiner Position aus gut sehen.«
»Wie lange bist du schon dort?«
»Ich bin erst während des Gewitters eingetroffen. Ich war auf dem Weg nach Lutera, um dich zu besuchen. Statt dessen hängst du hier wie eine für das morgige Abendessen vorgesehene Tierhälfte. Die Nebelparder sind nicht zu Kannibalen geworden, franeg?«
»Neg.«
Hengst erzählte Sentania mit einer vom Gewitter und Kragen heiseren Stimme, was geschehen war. Aber er gab den Versuch auf, dabei zu dem Baum hinüberzusehen, denn die Anstrengung verschlimmerte die Schmerzen nur noch, die seine Wirbelsäule in Brand zu setzen schienen.
»Scheint, daß der Garnisonsdienst Russou Howell zusetzt«, stellte sie leise fest, als er fertig war.
»Du glaubst, Russou Howell tut all das aus Langeweile?«
»Oder aus Wut. Ich habe ihn beobachtet, und er wirkt, nun, er wirkt gestört.«
»Du meinst verrückt.«
»Oder kurz davor. Es heißt, er wäre ein recht guter Krieger, der aber erst kürzlich einen Blutnamen errungen hat, erst kürzlich auf eine Kommandeursstelle befördert und erst kürzlich zum Garnisonsdienst eingeteilt wurde. Garnisonsdienst ist immer eine Art Strafe, frapos?«
Hengst mußte ihr zustimmen. Besonders eine Versetzung von der Invasionsfront zurück zu den Heimatwelten. Es mußte ihn innerlich auffressen, daß er nur noch damit beschäftigt war, die Clans für eine neue Offensive gegen die Innere Sphäre zu
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