BattleTech 50: MechWarrior Trilogie
nordischen Standards gemessen, die auf Kore galten, war er selbst nicht gerade groß. Trotzdem erschien Sturms Vater ihm in seiner Vorstellung immer als ein Riese. Dr. Kintaros Gesicht war ausgeprägt kantig, mit hohen Wangenknochen und schwarzen Augen unter engen, dunklen Brauen, Augen, die unablässig zu beobachten, analysieren und beurteilen schienen. Sturm selbst fühlte sich nur selten freundlich oder beifällig beurteilt. Das graumelierte Haupt- und Barthaar seines Vaters war sauber gestutzt und wie üblich so kurz geschnitten, daß es kaum Pflege brauchte. Über seiner Kleidung trug er den allgegenwärtigen Laborkittel, dessen Taschen sich unter Instrumenten, Datenchips und ähnlichen Berufsutensilien bauschten.
Dr. Kintaro war Wissenschaftler und Gelehrter. Er hatte kaum Zeit für die Welt außerhalb seiner Arbeit. Wohl zum millionsten Mal fragte sich Sturm, was seine Mutter an diesem Mann angezogen haben mochte. Jenna Kintaro schien der einzige Mensch gewesen zu sein, dem es gelungen war, den Panzer aus Formalität und kühler Höflichkeit zu durchbrechen, der ihren Gatten umgab. Und wie auch immer ihr das gelungen war, Sturm teilte ihr Geheimnis nicht.
»Ich bin bei der Arbeit«, erwiderte der Doktor mit einem Tonfall, aus dem hervorging, daß ihn die Andeutung, er könne seine Pflichten jemals vernachlässigen, zutiefst beleidigte. »Ich habe mich entschlossen, einen Teil der Meßkarten und Untersuchungsergebnisse hier zu Hause durchzusehen, wo ich mehr Ruhe habe.«
Solange ich nicht hier bin, dachte Sturm. Sein Vater war gegen Sturms Eintritt in die Kore-Lanciers und seinen Umzug gewesen, aber jetzt, nachdem es einmal geschehen war, schien er die Situation geradezu zu genießen. Plötzlich fühlte Sturm sich wie ein Eindringling.
»Na, ich muß gleich zum Dienst«, meinte er und stellte die Wasserflasche auf den Tisch. »Ich bin nur vorbeigekommen, um mir ein paar Sachen zum Wechseln und etwas zu Trinken zu holen.«
»Natürlich«, antwortete Dr. Kintaro mit einem Nicken. Er trat an Sturm vorbei in die Küche zu den auf dem Tisch ausgebreiteten Meßkarten und Datenausdrucken. Sein Stuhl schrammte kurz über den Boden, als er sich setzte und den kleinen Stoß Ausdrucke, den er mitgebracht hatte, auf den Stapel legte, der sich schon auf der Tischplatte erhob. Ohne Sturm einen zweiten Blick zu gönnen, machte er sich an die Arbeit, las die Karten und suchte nach Hinweisen auf neue Mineralvorkommen oder andere planetologische Phänomene für die Berichte an seine Vorgesetzten in der Alfin-Zentralverwaltung, neue Gelegenheiten für Profit und Fortschritt.
»Wir haben ein paar interessante Meßwerte in den Jotunbergen erhalten«, stellte der Doktor in beiläufigem Ton fest, ohne aufzusehen. »Die Hitzeschlote und hohen Erzkonzentrationen erschweren genaue magnetische und Infrarotabtastungen, aber es gibt Anzeichen auf reichliche natürliche Lavaschlote und Tunnel. Ein Teil davon dürfte interessante metallokristalline Formationen beherbergen, die eine nähere Untersuchung wert wären. Kannst du Oberleutnant Holt mitteilen, daß ich in den nächsten Tagen Unterstützung von seinen Maschinen bei der Durchführung einer Oberflächenerkundung benötigen werde?« Hidoshi nannte BattleMechs niemals bei ihrem Namen oder auch nur der gebräuchlichen Abkürzung Mech. Für ihn waren sie nur die »Maschinen«, gelegentlich auch die »verdammten Maschinen«, als wäre ihre bloße Existenz obszön. Es behagte ihm absolut nicht, irgend etwas mit ihnen zu tun zu haben, aber die auf Kore stationierten Mechs blieben die robustesten und geländegängigsten Fahrzeuge des ganzen Planeten, was sie zu einem nützlichen Hilfsmittel für manche wissenschaftliche Untersuchung machte, insbesondere, da es auf einer so isolierten Welt wie Kore für die Mechpiloten sonst kaum etwas zu tun gab.
»Sicher, sag' ich ihm.« erwiderte Sturm. Holt würde nicht gerade jubeln. Keiner der MechKrieger auf Kore riß sich darum, an wissenschaftlichen Expeditionen teilzunehmen. Es war eine langwierige, schwierige Arbeit, und Dr. Kintaro war ein harter Expeditionsleiter, dem man es nie recht machen konnte.
Sein Vater reagierte nur mit einem kurzen Brummen auf Sturms Antwort und blickte nicht einmal von seinem Datenstudium hoch. Ohne ein weiteres Wort drehte Sturm sich um und ging den Flur hinab in sein Zimmer.
Er schloß die Tür hinter sich und blieb einen Moment nur stehen und starrte geradeaus. Wieso lasse ich mich von ihm immer so in Wut bringen?
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