BattleTech 50: MechWarrior Trilogie
verachten. Wie ich bereits sagte, wenn der Khan entscheidet, daß ich dem Clan auf andere Weise dienen sollte, begrüße ich die Gelegenheit, ihm zu beweisen, wozu ich in der Lage bin.«
»Starrsinnig wie immer. Deshalb nennt man dich die ›Tatze‹.«
»Die Tatze?« Der bloße Gedanke machte Angela wütend.
»Aye, Angela Bekker. Ich habe einige Krieger diesen Namen für dich gebrauchen hören. Anscheinend bist du weithin bekannt. Deine Leistungen bei der Befreiung Jaretts hatten etwas von einem taktischen Geniestreich, gleichgültig, wie sehr du es auch herunterzuspielen versuchst. Und dann ... sind da natürlich noch ... deine künstlichen Finger.«
Sie starrte Tseng wütend an. Plötzlich zeigte seine Miene, daß ihm die Voreiligkeit seiner Worte bewußt geworden war. Er schien sich zu wünschen, er könnte sie ungeschehen machen. »Dieser Name, den andere für mich erdacht haben, gefällt mir ganz und gar nicht. Spitznamen sind etwas für Mitglieder der niederen Kasten.«
Constant Tseng setzte zu einer Erwiderung an, aber bevor er ein Wort herausbrachte, schallte ein tiefer, durchdringender Sirenenton durch den Hangar. An der Schottwand blinkte ein gelbes Warnlicht auf. »Die Landesequenz hat begonnen«, stellte er fest. »Vielleicht sehen wir uns am Boden wieder, Sterncaptain.«
»Aye«, antwortete Angela und rieb ihre künstlichen Finger, wie sie es häufig tat, wenn sie nachdachte. Irgendwie wußte sie, daß Sterncommander Constant Tseng so schnell nicht aus ihrem Leben verschwinden würde.
2
Zentralkommando der Geisterbären, Alshain Geisterbären-Dominium
12. Januar 3062
Angela Bekker hatte sich nach der Ankunft auf Alshain pflichtbewußt sofort in die Befehlszentrale der Geisterbären begeben, um ihre Ankunft zu melden. Das Gebäude war riesig, ein Labyrinth aus Korridoren, Büros und Meldepunkten, und es wimmelte von Militärpersonal und Mitgliedern der niederen Kasten. Bei dem Versuch, die ihr übermittelten Anweisungen zu befolgen, wurde sie dreimal umgeleitet, aber das störte sie nicht. Angela war zur Kriegerin geboren und erzogen, und Befehle zu befolgen war Teil ihrer Natur.
Schließlich hatte man sie hierher geschickt, in das Büro von Galaxiscommander Roberto Snuka. Das Zimmer ähnelte allen Offiziersräumen, die Angela in ihrer Clankarriere je gesehen hatte, bis auf ein einzelnes Gemälde an einer der Wände stumpfgrau und spartanisch eingerichtet. Galaxis Delta, auch bekannt als der Blitzkrieg, genoß nicht den Ruf der Goldbären der Elite-Galaxis Alpha, in der Angela bisher gedient hatte. Delta war eine Frontklassegalaxis der Touman, aber eine der unbeliebtesten.
Galaxiscommander Snuka erweckte jedoch keineswegs den Eindruck, dadurch ein geringerer Krieger zu sein. Sein glänzendes, kurzgeschorenes schwarzes Haar und die Narben im Gesicht kündeten von Kampferfahrung weit über sein Alter hinaus. Angela stand einige Zeit vor seinem Schreibtisch, während er wortlos auf dem Compblock in seiner Hand ihre Personalakte las. Ab und zu warf er ihr einen kurzen Blick zu, als wolle er sich vergewissern, ob ihr Erscheinungsbild sich mit den Angaben in ihrem Kodax deckte.
Angela wartete geduldig, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Sie hielt sich gerade, aber ihr Blick wanderte immer wieder zu dem Gemälde hinter Snukas Schreibtisch. Es zeigte einen in der Schlacht halb besiegten BattleMech, und sie ging davon aus, daß er es selbst gemalt hatte. Im Gegensatz zu ihren Mitstreitern in anderen Clans legten die Geisterbären Wert auf die schönen Künste. Jeder Krieger verbrachte einen Teil seines Lebens damit, an einem Lebenswerk auf dem einen oder anderen Kunstsektor zu arbeiten. Innerhalb der rigiden Disziplin der Kriegerkaste gestattete es einem Krieger, sich auf positive Weise auszuleben. Wie angesichts der genetischen Züchtung der wahrgeborenen Krieger kaum verwunderlich war, erwiesen sich die Talente einzelner Krieger häufig als vererbt. Krieger des Bluthauses Jorgensson hatten eine Neigung zur Bildhauerei. Die Snuka-Blutlinie bevorzugte ebenso wie die Haus Vishios Zeichnung und Malerei. Die Bekkers, zu denen auch Angela gehörte, hatten ein besonderes musikalisches Talent. Sie selbst hatte ein altes Volksinstrument namens Dudelsack spielen gelernt.
Es war noch eine zweite Offizierin anwesend, Stern-colonel Dana Vishio von den 8. Bärkürassieren. Sie saß in einem Bürosessel und wartete ebenso geduldig darauf, daß ihr kommandierender Offizier das Studium der Kodaxdaten beendete.
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