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Baudolino

Baudolino

Titel: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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geschickt wurden, immer zu einem Agenten Aloadins, der auf einem Hügel bei Pera wohnte.
    Sowohl Baudolino als auch Gavagai verstanden die
    Sarazenensprache und konnten überprüfen, ob der Wärter den richtigen Befehl gab. Einmal ans Ziel gelangt, würden die Vögel von selbst zur Landung ansetzen. »Wieso ich bloß nicht gleich daran gedacht?« sagte Gavagai und klopfte sich drollig mit den Fäusten an die Stirn.
    »Na schön«, sagte Baudolino, »aber wie können wir mit einer Kette am Fuß fliegen?«
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    »Ich besorg Feile«, sagte Gavagai.
    In der Nacht holte Gavagai die Waffen und das Gepäck der Gefangenen und brachte sie in den Schlafsaal. Die Schwerter und Dolche waren ein bißchen verrostet, aber sie verbrachten die folgenden Nächte damit, sie zu reinigen und zu schärfen, indem sie sie an den Steinen der Wände rieben. Dann bekamen sie die Feile. Sie taugte nicht viel, und sie brauchten Wochen, um die Ringe, mit denen die Ketten an ihren Knöcheln befestigt waren, bis auf einen dünnen Rest durchzufeilen. Aber
    schließlich gelang es ihnen, sie banden die brüchigen Ringe mit einem Bindfaden an die Kette, und so sah es aus, als bewegten sie sich wie üblich behindert durch die Burg. Wer genau hinsah, hätte den Betrug freilich entdecken können, aber sie waren schon so lange dort, daß niemand genau hinsah, und die
    Kynokephalen betrachteten sie inzwischen als eine Art
    Haustiere.
    Eines Abends erfuhren sie, daß sie am nächsten Tag einige Säcke mit schlecht gewordenem Fleisch aus der Küche abholen und zu den Vögeln bringen sollten. Gavagai brachte ihnen die Nachricht und erklärte, dies sei die Gelegenheit, auf die sie gewartet hätten.
    Am Morgen gingen sie die Säcke holen, wobei sie so taten, als ob ihnen der Auftrag sehr unangenehm sei, machten dann einen Abstecher in ihren Schlafraum, holten die Waffen und
    versteckten sie zwischen den Fleischstücken. Als sie zum Käfig kamen, war Gavagai schon da und amüsierte den Wärter-Eunuchen mit Luftsprüngen. Der Rest war leicht, sie schnürten die Säcke auf, holten die Dolche heraus, setzten dem Wärter sechs davon an die Kehle (Solomon stand daneben und sah zu, als ob ihn das Ganze nichts anginge), und Baudolino erklärte ihm, was er tun solle. Zuerst behauptete er, es seien nicht genügend Ledergurte vorhanden, aber als der Poet eine
    Anspielung auf das Ohrenabschneiden machte, erklärte sich der
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    Eunuch, der von Abschneiden genug hatte, kooperationsbereit.
    Sieben Vögel wurden dazu hergerichtet, das Gewicht von sieben Menschen zu tragen, beziehungsweise von sechs Menschen und einem Skiapoden. »Ich brauche den stärksten«, sagte der Poet,
    »denn du« - er wandte sich an den Eunuchen - »kannst leider nicht hierbleiben, weil du sonst Alarm schlagen oder die Vögel zurückrufen würdest. An meiner Hüfte wird ein weiteres Seil befestigt sein, und daran wirst du hängen. Darum muß mein Vogel das Gewicht von zwei Personen tragen.«
    Baudolino übersetzte, der Eunuch erklärte sich glücklich, seine Entführer bis ans Ende der Welt begleiten zu dürfen, fragte aber, was danach mit ihm geschehen würde. Sie versicherten ihm, daß er, einmal in Konstantinopel angekommen, seiner Wege gehen könne. »Aber jetzt machen wir schnell«, drängte der Poet, »der Gestank in diesem Käfig ist unerträglich.«
    Es dauerte jedoch fast eine Stunde, bis alles so hergerichtet war, wie es sein sollte. Jeder hängte sich, so gut es ging, an seinen Vogel, und der Poet band sich außerdem noch das Seil um den Leib, das den Eunuchen tragen sollte. Der einzige noch nicht Angeschnallte war Gavagai, der an der Ecke eines
    Korridors aufpaßte, daß nicht jemand überraschend kam und alles zunichte machte.
    Jemand kam. Einige Wächter hatten sich gewundert, daß die Gefangenen, die zum Füttern der Vögel losgeschickt worden waren, so lange fortblieben. Ein Trupp Kynokephalen erschien besorgt bellend am Ende des Korridors. »Achtung,
    Hundeköpfe!« rief Gavagai. »Ihr sofort losfliegen!«
    »Wir nix sofort losfliegen«, rief Baudolino. »Komm schnell her, wir binden dich noch rechtzeitig an!«
    Das stimmte nicht, und Gavagai begriff es. Wenn er wegliefe, würden die Kynokephalen beim Käfig sein, bevor der Eunuch das Gitter öffnen und die Vögel fortfliegen lassen konnte. Er rief
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    den anderen zu, sie sollten den Käfig öffnen und losfliegen.
    Unter den Waffen, die sie in den Säcken zwischen dem Fleisch versteckt hatten, war auch sein Blasrohr gewesen.

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