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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Schupos, die sind kreideweiß gewesen vor Wut, und der Reimers hat in seinem Schreibtischsessel gehockt und hat die Beine angezogen und hat mit den Händen geklatscht und hat ›Ksst! Ksst!‹ gemacht, um sie aufeinanderzuhetzen, und hat sich ausgeschüttet vor Lachen.«
    »Na und? Haben sie ihn mitgenommen?«
    »Sie sind gleich still geworden, und der Oberst hat gesagt, es ist egal. Die Verhaftung ist rechtsgültig, und er hat mitzukommen.
    Und er hat geantwortet, er weiß auch, was Recht im deutschen Land ist, und er kann seinen Verhaftbefehl verlangen. Und wenn sie etwas verbockt haben, dann müssen sie es eben machen wie die ganz gewöhnlichen Zivilisten und müssen noch mal gehen nach dem Wort: Was man nicht im Kopf hat, das muß man in den Beinen haben.
    Und der Oberst hat angefangen zu toben: Er soll mitkommen. – Ohne Verhaftbefehl kommt er nicht. – Und sie haben ihn aufgefordert zweimal, dreimal, aber er ist nicht aufgestanden. Da haben sie zugefaßt und haben ihn hochgerissen.
    Und er hat geschrien – und ich sage Ihnen, es ist mir draußen am Knick durch Mark und Bein gegangen –, da hat er geschrien: ›Wehe Recht in deutschen Landen! Wehe Recht!‹ Und dann haben sie ihm die Handfessel angelegt und haben ihn an der Kette geführt zu den Autos.
    Reimers ist gutwillig mit ihnen gegangen durch die Bauernmassen durch. Und kein Mensch hat ein Wort gesprochen, aber die Hüte haben sie abgerissen vor ihm. Und dann haben sie ihn fortgebracht.«
    »Und dann? Und Sie?«
    |78| »Ich? Dann bin ich hierhergefahren und habe Ihnen dies alles erzählt und habe keinen Dank, scheint’s, dafür geerntet.«
    »Dank! Sie kommen doch nicht um Dank, Sie kommen, weil Sie was wollen. – Aber das ist egal. Nur eine Frage: Wäre es nicht schlauer gewesen, Sie wären hinter der Schupo dreingefahren und hätten aufgepaßt, ob die ihn nicht an einer hübschen dunklen Stelle so solo ein bißchen vertrimmt haben?«
    Henning ist blaß geworden. Er beugt sich über den Tisch, und sein Gesicht ist Falten und Falten. »Gott verdamme mich!« knirscht er. »Gott verdamme mich und meine Alten. Die Krätze soll ich kriegen und das große S, daß ich daran nicht gedacht habe!«
    »Sie sind jung«, sagt Stuff und ist plötzlich alt und weise. »Sie denken, es sind alles Husarenstückchen. Auch in dieser Branche muß gearbeitet und nachgedacht werden, so ein bißchen Tollkühnheit, das ist Mist. Alles, was Sie heute gemacht haben, ist Mist. Ihr Reimers ist schon nicht schlecht, da gehört etwas zu, solchen Haß, wie der im Bauch hat, und bezähmt sich eine Stunde und macht sie toben und bleibt kalt. Ich möchte ihn nicht heulen hören heute nacht in seiner Zelle vor Scham, daß er den Affen die Fresse nicht lackiert hat. – Nein, Ihr Reimers ist schon gut, aber Sie haben Mist gemacht.«
    »Es war gut, daß ich den Präsidenten anrief. Hätte er sonst Zeit gehabt zur Vorbereitung?«
    »Was braucht so ein Mann für Vorbereitung? Der hat seinen Haß immer auf Lager. – Und Mist ist es auch, daß Sie zu mir gefahren sind. Was soll ich mit den Geschichten? Das sind Bauerngeschichten, keine Sachen für Städter.«
    »Ich dachte«, sagt leise Henning, »Sie würden heute nacht noch mit mir nach Stolpe fahren. Wir haben da eine Besprechung mit der Redaktion der ›Bauernschaft‹.«
    »Was gehen mich die Revolverjournalisten von der ›Bauernschaft‹ an! Altholm ist eine Industriestadt! Bringen Sie mir Material gegen die Roten, gut!«
    »Aber dies ist Material gegen die Roten!«
    |79| »Mist! Dies ist gegen die Regierung, gegen die Staatsautorität. Glauben Sie, meine Abonnenten lesen gern, daß das Haus, in dem sie sitzen, gleich einstürzen wird? Sie haben mir mal was gesagt von Oberschlesien und dem Baltikum, aber Sie sind …« Stuff besinnt sich. »Also, Sie haben gedacht, Sie können mich vorspannen. Ich will Ihnen was sagen! Ich werde Sie vorspannen, wenn ich Sie brauchen kann. Damit werde ich Ihnen auch ’nen Dienst tun. Und nun für heute atjüs. Ich sehe, Sie haben noch ’ne Masse vor. Wenn Sie zehn Gramm Vernunft im Hirn hätten, würde ich Ihnen sagen: Fassen Sie heute nichts an, Sie haben heute keinen guten Tag. Aber Sie werden heute noch mehr Mist machen.«
    Henning verbeugt sich und geht aus der Gaststube.
    Stuff sieht ihm trübe nach, trinkt hastig ein Glas Bier und einen Schnaps und beginnt zu schreiben: »Unglaubliche Blamage der Regierung. – Die Bombe im Präsidium. – Polizei verhaftet ohne Haftbefehl.«
    Er schreibt

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