Bauern, Bonzen und Bomben
kundtun. Den Wortlaut setzt dir der Padberg von der ›Bauernschaft‹ auf. Sie sollen Things einberufen und eine große Protestversammlung nach Altholm. Vor dem Gefängnis müßt ihr demonstrieren. Ich werde euch hören in meiner Zelle.«
»Alles wird geschehen.«
»Und vergiß nicht, laß Geld sammeln. Wir brauchen Geld. Die ›Bauernschaft‹ muß zu einem Notopfer aufrufen. Ich muß den ersten Verteidiger von der Welt haben. Es muß ein politischer Prozeß werden.«
»Ich weiß einen. Ich werde in Berlin anfragen.«
»Den ersten! Georg, ich sage dir, wenn sie mit Schupo kommen, wenn sie mich in Ketten legen, wenn sie mich schlagen: Es wird der schönste Tag meines Lebens!«
4
Henning hat nur die Verhaftung von Reimers abgewartet. Dann ist er nach Altholm gefahren, um Stuff zu sprechen.
Als er dort ankommt, ist es dunkel geworden, aber er findet Stuff rasch. Altholm hat vierzig bis fünfzig Kneipen, in einer von ihnen wird Stuff schon sitzen. Er findet ihn in der dritten.
Stuff ist trübe und wortkarg. Henning hat ihm von Tredup erzählt, aber Stuff scheint heute nichts zu stören. Er trinkt hastig, und Henning hat das Gefühl, als höre er nicht recht zu. Die Ereignisse in Stolpe quittiert er nur mit den Worten: »Fauler Witz!« Er fragt ungeduldig: »Sonst noch was?«
Henning beginnt neu. Erzählt von der Verhaftung von Reimers. »Ich habe nicht selbst dabeisein dürfen, ich sollte |73| mich nicht sehen lassen, aber ich habe vom Knick aus beobachtet, hinterher die Leute befragt und die Frau Reimers.«
»Na, was war das schon groß! Eine gewöhnliche Verhaftung! Und zu Recht.«
»Erlauben Sie mal: zu Recht! Besteht denn Fluchtverdacht?«
»Verdunklungsgefahr.«
»Wo die Bilder vorliegen. Was ist denn da zu verdunkeln? – Aber egal.« Henning lenkt ein. »Wozu sollen wir uns streiten? – Kurz nach sechs kamen sie, zwei von der Kriminalpolizei und ein Lastauto mit Schupo. Solch ein Aufgebot! Die Regierung macht sich ja lächerlich. Um
einen
Mann. Na, ich hatte vorgesorgt. Die Dorfstraße war gleich voll von Leuten. Und immerzu kamen noch frische.«
»Also nicht um
einen
Mann.«
»Aber ich bitte Sie! Das sind doch friedliche Bauern. Die sehen zu, da hebt nicht einer die Hand. – Die Schupos zogen eine Kette um den Hof. Ein halb Dutzend gingen in das Haus, mit dem Offizier und der Schmiere.«
»Welcher Offizier?«
»Ja, denken Sie, wir hatten gehofft, es würde ein Leutnant kommen. Da war es Oberst Senkpiel selbst. – Das andere weiß ich von der Frau und den Leuten. Die kommen ins Zimmer, da steht Franz, der Reimers, am Tisch und hat ein Gewehr in der Hand. Und fünf Gewehre liegen vor ihm auf dem Tisch. Es fuhr ihnen nicht schlecht in die Knochen. Die jungen Kerls griffen gleich nach ihrer Kanone, und die Krimpo nahm Deckung hinter dem Ofen.«
»Keiner läßt sich gern die Knochen zerschießen.«
»Sechs gegen einen!«
»Ändert das was? – Und?«
»Der Oberst blieb ruhig. Er machte einen Witz und setzte sich in den Sessel. Reimers nahm ihm den Sessel weg, weil er ihn nicht zum Sitzen gebeten hatte, und verlangte, alle hätten die Hüte und Mützen abzunehmen in seinem Zimmer.«
»So ein Quatsch. Soldaten und Mützen abnehmen!«
|74| »Grade darum. – Na, der Oberst wurde auch so langsam warm, und die Krimpos wollten erst einmal den Waffenschein für die vielen Waffen sehen. Der Reimers sagt: ›Den hat der Franz.‹
›Wer ist der Franz?‹ fragen die.
›Das ist mein Sekretär‹, antwortet Reimers.
Er soll ihn rufen. Aber er kann ihn nur selber holen. Das wollen sie nicht, haben Angst, daß er türmt, sie wollen ihn holen.
Wo der Franz ist? – Auf dem Boden. – Auf welchem Boden? Auf dem Futterboden? – Nein, auf dem Hausboden. – Ob er ihn nicht rufen kann? – Wenn sie meinen, daß es Zweck hat, kann er das. – Ja, er soll es nur tun.
Alle gehen auf den Vorplatz, und da steht der Reimers und brüllt auf den Boden: ›Der Franz soll runterkommen. Die Polizei will es.‹ Na, nichts rührt sich. Reimers brüllt und brüllt, hat dabei immer noch seine Knarre im Arm, aber nichts rührt sich.
›Ob der Franz vielleicht schläft?‹
Und Reimers: Das weiß er nicht, ob der Franz schläft oder ob er wach ist.
Sie wollen einen raufschicken. Welche Tür es ist?
›Die gradezu, wenn man auf den Boden kommt.‹
Ein Schupo turnt rauf und kriecht rum und kommt wieder: Vor der Tür wäre ein Vorhängeschloß. Und der Reimers tut mächtig erstaunt, ob sie das denn nicht gewußt
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