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Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Titel: Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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widersprachen sich über den Tathergang. Die einen behaupteten, Decker sei im Fallen auf den Randstein geknallt, während die anderen meinten, Friesdorf habe Deckers Kopf mit aller Wucht auf den Boden geknallt. Das Brechen des Schädels, in etwa so, als ob man eine Kokosnuss knackte, sei bis auf die gegenüberliegende Straßenseite zu hören gewesen. Die kriminaltechnischen Untersuchungen ergaben kein eindeutiges Bild, obwohl die zweite Version als wahrscheinlicher galt.
    Brandscheid war hinter dem Fenster gesehen worden, vor dem das Geschehen wie auf einer Bühne abgelaufen war, aber er leugnete das, ließ jedoch durchblicken, auch zukünftig in der Nachbarschaft von Friesdorfs Familie wohnen zu wollen. Seither blieb er dabei, nichts gesehen zu haben. Am Morgen hatten sie ihn erneut einbestellt, leider ohne Erfolg.
    Siran schüttelte nur den Kopf. »Der hat die Hosen gestrichen voll!« Er war in Deutschland aufgewachsen und beherrschte alle Nuancen des Deutschen mühelos. »Wir kommen so nicht weiter, und ein wenig kann ich den Mann verstehen. Der Vorfall ist ihm egal, wenn er allerdings gegen Friesdorf aussagt, wird ihm dessen Sippe das Leben zur Hölle machen. Du weißt ja, was in so einem Fall abgeht.«
    Lichthaus nickte. Er hatte schon erlebt, wie Zeugen körperlich bedroht wurden, ihnen das Auto zerkratzt worden war oder Müll in den Garten geflogen kam. Brandscheid würde weiter schweigen. »Dann können wir es nicht ändern, gib dem Staatsanwalt Bescheid, soll der sich doch den Kopf zerbrechen und entscheiden.«
    Siran zuckte mit den Schultern und verabschiedete sich, während Lichthaus noch blieb. Sie mussten die Grenzen ihrer Arbeit akzeptieren. Irgendwann kam der Punkt, an dem sie mit ihren Möglichkeiten am Ende waren, so sehr man auch von der nicht beweisbaren Lösung überzeugt war. Die in Kunstharz eingegossene Schnur, die auf dem Sideboard unter Claudias Bild stand, sollte ihn immer daran erinnern.

    *

    Die Nacht, in der Horst Görgen sterben würde, war eisig kalt. Ostern lag zwar in greifbarer Nähe, doch hatte der Winter das irgendwie verpasst. Wie jeden Abend begann Görgen seinen Kontrollgang über den Hof um 20.45 Uhr, seit dreißig Jahren nun schon. Er zog die Wollweste über, öffnete die Haustür und schubste Skip, ihren betagten Mi s chlingshund, in den Gang zurück, dann trat er in die Kälte, wobei er den enttäuschten Blick des Hundes übersah. Sein Spaziergang war immer erst später an der Reihe. Kurz schloss Görgen die Augen und sog die kühle Luft in seine Lungen, die sich nicht mehr so richtig füllen wollten. Lungenemphysem, hatte der Arzt knapp konstatiert und ihn auf seine jahrzehntelange Raucherkarriere hingewiesen. Die Krankheit zehrte an ihm, raubte Gewicht und machte all seinen anderen Verdruss noch quälender.
    So schnell es seine Atemnot zuließ, ging er mit der gewohnten Routine, die ihn wie ein Korsett stützte und durchhalten ließ, die wenigen Stufen hinunter über den Hof zum Laden. Hätte er jedoch geahnt, was ihn in den nächsten Stunden erwartete, wäre er die Allee entlanggerannt, um sich starr vor Angst im hintersten Winkel der Welt zu verkriechen. Am Hofladen schloss er den Eingang auf und schaltete die Beleuchtung ein. Sein Hof war der erste Ökohof weit und breit gewesen. Genauso war der Direktverkauf ab Hof zu Beginn der Achtzigerjahre eine Neuheit, den Kunden neugierig genutzt und für gut befunden hatten. Die Verkaufsfläche war dann wegen der steigenden Nachfrage erweitert worden, und sie hatten ein neues Wohnhaus gebaut, um Platz zu schaffen. Görgen schlurfte zwischen den Regalen hindurch zu den Kühlkabinen und Kühltheken, kontrollierte die Thermometer, öffnete und schloss Türen und sah sich prüfend um, bevor er das Licht ausknipste und den Laden verließ, um zum Schlachthaus hinüberzugehen, in dem sie ihr eigenes Vieh verarbeiteten.
    Die dunkle Gestalt, die seine Bewegungen durch das Okular eines Nachtsichtgeräts verfolgte, sah er nicht. Still kauerte sie hinter dem leicht geöffneten Rolltor des Stalls und beobachtete den Alten auf seinem stolpernden Rundgang, der ihn nach dem Kühlhaus zum Verschlag der Tiere im Streichelzoo und dann hier hineinführen sollte. So wie jeden Abend, nur dass heute nicht jeder Abend sein würde. Er wusste, ihm blieben bis dahin knappe zehn Minuten, und so steckte er das Fernglas in den Rucksack, schnappte sich den Taser und ging neben dem Tor in die Hocke, fast verschmolzen mit der Dunkelheit. Ein schwarzer Schatten

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