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Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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1. KAPITEL
    K aylin musste selbst zugeben, dass die dunklen Ringe unter ihren rot geränderten Augen sie nicht gerade hübscher machten. Das Gleiche galt für ihre von altem Schweiß verfilzten Haare. Sie fand sich damit ab, dass Spiegel an diesem Morgen nicht zu ihren Freunden werden würden. Glücklicherweise gab es in dem kleinen Quartier, das sie ihr Heim nannte, nicht viele davon. Sie stieg langsam aus dem Bett und vermied den kurzen Flur, der von ihren verriegelten Türen zur Küche, den Wandschränken und dem großen Wohnbereich, in dem sie sonst lebte, führte. Sie zog einige Kleidungsstücke aus einem verknitterten Haufen und untersuchte sie gründlich.
    Sie sahen einigermaßen sauber aus.
    Sie zog sich die Leinentunika über den Kopf, fluchte, als ihr Haar sich in den Bändern verfing, mit denen sie verschlossen wurde, und machte sich mit einem festen Ruck los. Über das Sims ihres einzigen Fensters fielen Schatten in einem Winkel auf den Boden, der nichts Gutes verhieß. Sie würde zu spät kommen. Schon wieder.
    Hosen bereiteten ihr nicht so viele Probleme, sie besaß nur wenige und entschied sich für das Paar aus schwarzem Leder. Es war im Moment das einzige Paar, das nicht zerschnitten, zerrissen oder blutbefleckt war.
    Sie musste Eisenbeißer um einen höheren Zuschuss für ihre Garderobe bitten. Oder sie brauchte mehr Zeit, das mickrige bisschen auszugeben, was ihr zustand.
    Der Spiegel auf dem Flur begann zu flackern, und sie fluchte lautlos. Sie würde ihn wohl an einem anderen Morgen bitten müssen.
    “Komme schon”, murmelte sie.
    Der Spiegel leuchtete auf, und das Licht blieb im Raum hängen wie ein Blitz, der in der Zeit eingefroren war. Eisenbeißer hatte miserable Laune, dabei war es noch nicht einmal Mittagszeit. Er
hasste
es einfach, Spiegel zu benutzen.
    Sie knöpfte ihre Hose zu, zog ihre Stiefel an und schlich sich näher an den Spiegel. Sie hoffte noch, dass das Licht nur auf ihren Schlafmangel zurückzuführen war. Aber die Chancen darauf standen miserabel.
    “Kaylin, wo zum Teufel bist du gewesen?”
    Nein, der Spiegel würde heute Morgen wirklich nicht mehr ihr Freund werden. Sie nahm ihre Haare zusammen, wickelte sie zu einem festen Knoten und schob den ersten Stab, den sie finden konnte, durch seine Mitte. Dann nahm sie ihren Gürtel vom Tisch links vom Spiegel und legte ihn sich um. Die Griffe der Dolche schob sie zur Seite, damit sie sich nicht in ihre Rippen graben konnten.
    “Kaylin Neya, du solltest lieber bald antworten. Ich weiß, dass du da bist.”
    Sie trat mit ihrem besten falschen Lächeln auf den Spiegel zu und benutzte ihre süßeste Stimme. “Guten Morgen, Marcus.”
    Er knurrte.
    Kein sehr ermutigendes Zeichen, wenn man bedachte, dass Marcus Leontiner war und die schlechte Gewohnheit hatte, Menschen, die ihm auf die Nerven gingen, die Kehle herauszureißen. Er bleckte beim Fauchen seine unteren Fangzähne. Aber seine Augen, Katzenaugen, starrten sie groß und ohne zu blinzeln aus dem goldenen Fell an, mit dem sein Gesicht bedeckt war. Und sein Fell war – noch – nicht gesträubt. Aber seine Hände waren hinter seinem Rücken verschränkt, und über seiner Brust spannte die vollständige wallende Robe der Falken.
    Vollständig uniformiert. Und das am frühen Morgen. Mist, sie würde richtig Ärger bekommen.
    “Morgen war vor zwei Stunden”, fuhr er sie an.
    “Du hast dich schick gemacht”, sagte sie und wechselte damit das Thema genauso unbeholfen wie immer.
    “Und du siehst furchtbar aus. Was zum Teufel hast du letzte Nacht gemacht?”
    “Geht dich nichts an.”
    “Tolle Antwort”, knurrte er. “Warum versuchst du es damit nicht auch beim Falkenlord?”
    Sie stöhnte auf. “Welchen Tag haben wir?”
    “Den Vierten”, antwortete er.
    Der Vierte? Sie rechnete rückwärts und merkte, dass ihr irgendwo ein Tag fehlte. Schon wieder. “Ich habe irgendetwas nicht mitbekommen, oder?”
    “Einen Verstand”, fuhr er sie an. “Und einen Überlebensinstinkt. Der Falkenlord wartet jetzt seit drei Stunden auf dich.”
    “Sag ihm, ich bin tot.”
    “Das wirst du sein, wenn du deinen Hintern nicht sofort herbewegst.” Er murmelte noch etwas, kurze, schnelle Knurrlaute, von denen sie aus Erfahrung wusste, dass sie etwas Abwertendes über Menschen zu bedeuten hatten. Sie ließ es ihm durchgehen.
    “Ich bin in einer halben Stunde da.”
    “So wie du aussiehst? Bist du in fünfunddreißig Minuten wieder draußen, weil du hochkant fliegst.”
    Sie legte ihre

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