Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
beschützt werden musste. Eine geniale Idee. Die ganze Prüfungskette unter Kontrolle: die Bundesbehörde, die Kontrollstelle mit ihren Analysen und der Kontrolleur. Als die Sache zu rutschen begann, räumte die albanische Mafia auf.
Der Mord an Pilsner war insoweit klar, wieso aber Kaiser und Görgen hatten sterben müssen, lag weiterhin im Dunkeln. Außerdem fehlte nach wie vor die Antwort auf die Folterungen und die Anrufe bei Lichthaus zu Hause. Er fluchte leise. Sie taten das Richtige und trotzdem fühlte sich die Fahndung so falsch an wie dritte Zähne. In seinen Augen waren sie gewiss Verbrechern auf der Spur, doch nicht dem Mörder von Kaiser und Görgen.
Es klopfte und eine junge Polizistin trat vorsichtig ein. Er lächelte sie durch einen Schleier von Schmerzen an. Sie hatte etwa das Alter von Tanja Jünflich, fiel ihm plötzlich ein, und die lag nun kalt und steif in der Pathologie.
»Tiefenbach schickt mich. Einmal soll ich die Akten zu einer Futtermittelfabrik namens ...«
»… feedstuffPRO vorbeibringen?«
»Genau. Wir haben alles angefordert und zusammengestellt, was auf die Schnelle möglich war. Also Handelsregistereintragung, Löschung und die Unterlagen des Amtsgerichts. Hier hat sich eine Frage ergeben. Wir haben ein kleines Memo verfasst.« Sie legte die Papiere ab, schlug den dünnen Ordner auf und zeigte ihm das Blatt, während er den schwachen Duft ihres Parfums einfing. Sie trug unauffällige Ohrstecker mit rotem Stein. »Außerdem haben wir eine Begebenheit gefunden, bei der es zu Auseinandersetzungen gekommen ist, wobei Kaiser und Görgen senior bedroht wurden.«
Lichthaus’ Interesse war geweckt. Der Kopfschmerz verdrückte sich in den Hintergrund, hielt sich aber durch ein dumpfes Brummen unter der Schädeldecke in Erinnerung. »Was war da los?«
»Vor drei Jahren hat es in Schweich eine Nazidemonstration gegeben. Die Bevölkerung dort ist sehr aktiv mit Aktionstagen für Vielfalt und Toleranz und so weiter und wird der NPD und rechten Gruppierungen aufgefallen sein. Die haben eine Demo beantragt und wollten an der alten Synagoge vorbeimarschieren. Alle Parteien haben dagegen opponiert, doch die Kundgebung wurde erlaubt. Am Tag der Demonstration ist es dann zu einer kritischen Situation gekommen, da sich Nazis und Gegendemonstranten begegnet sind, während unsere Beamten woanders eine Konfrontation verhindern mussten. Kaiser und Görgen sind vor Ort gewesen und haben sich dazwischengestellt. Allein. Ist ziemlich mutig von den zweien gewesen.« Sie lächelte ihn an, und er sah, dass sie braune Augen hatte. »Es ist von beiden Seiten, also den Nazis und der antifaschistischen Szene, zu wilden Drohungen gekommen, was eigentlich nicht ungewöhnlich ist, die Aktion hat sich im Internet auch noch tagelang fortgesetzt. Es wurde mit gewaltsamer Vergeltung gedroht und wüst bebildert. Görgen und Kaiser haben die Geschichte nicht ernstgenommen.«
Lichthaus blies die Backen auf. »Ich erinnere mich an die Demonstration, doch nach drei Jahren?«
Sie hob die Schultern. »Sie wollten die Informationen.«
»Ja, natürlich. Sagen Sie Tiefenbach, er soll die Szene mal checken. Ich wüsste gerne, ob es weitere Drohungen gegeben hat und ob vor Ort überhaupt ein entsprechendes Gewaltpotenzial besteht, denn diese Krawallmacher sind ja oft wie Touristen und reisen von Demo zu Demo.«
Sie nickte und verschwand.
Er blätterte in der Akte zu feedstuffPRO. Als Geschäftsführer waren zunächst Schütz, später Görgen und zu guter Letzt Elvira Pick eingetragen. Interessant war, dass die Firma nicht in Konkurs gegangen, sondern per Gesellschafterbeschluss aufgelöst worden war. Zum Liquidator war, und wieder horchte Lichthaus auf, die Kanzlei Elm, Finthorst & Schröder, vertreten durch Jürgen Elm, bestimmt worden. Dieser hatte dann zügig die restlichen Schritte bis zur Löschung durchgezogen. Soweit schien der Vorgang in Ordnung zu sein, doch noch immer hörte er Elvira Picks Zögern, so, als ob eben nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei.
Kurz entschlossen schaute er sich die Anträge und Formulare an, die den langwierigen Weg einer GmbH bis zu ihrem bürokratischen Tod dokumentierte. Er lächelte, denn sein Schwiegervater, Karl Bentheim, hatte während seiner langen Jahre im Amtsgericht Wittlich auch mit dem Unternehmen zu tun gehabt. Er hatte ein Schreiben verfasst, in dem er die Nachtragsliquidation von feedstuffPRO für geboten hielt.
Lichthaus griff zum Hörer und rief Lukas Ritter
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