Beachrats
Camping-Trip dem gleichen Zelt zugeteilt. Erst später erfuhr ich, dass es in der Gruppe üblich war, dass sich ein älterer Scout um die neuen Jungs kümmerte. Ich hatte den zweithöchsten Rang und in meiner alten Gruppe stand ich kurz davor, ein Eagle Scout zu werden.
Meine neue Gruppe akzeptierte meinen Rang, weil ich beweisen konnte, dass ich ihn mir verdient hatte. Aber dennoch war ich für sie der Neue. Hätte ich es vorher gewusst, wäre ich vermutlich verärgert gewesen. Auf der anderen Seite hätte ich Alex wahrscheinlich nie so gut kennengelernt, wenn wir an diesem Wochenende nicht das Zelt geteilt hätten.
Wir wohnten in der selben Straße und gingen auf die gleiche Schule. Aber er war eineinhalb Jahre älter als ich und hatte einen ziemlich großen Freundeskreis. Ich hatte Angst, dass er sich über mich lustig machen könnte, wenn ich versuchen würde, ihn besser kennenzulernen. Also sahen wir uns gelegentlich in der Schule, nickten uns freundlich zu, wenn wir uns trafen, aber mehr Zeit verbrachten wir nicht miteinander. Bei den Scouts war das alles kein Thema und wir verstanden uns wirklich gut. Auf diesem Camping-Trip mussten wir uns jedenfalls ein Zelt teilen. Und da lernten wir uns richtig kennen.
Es gab eine Regel, dass man sich nach dem Zapfenstreich nicht mehr unterhalten durfte - genauso wie in meiner alten Gruppe. Aber niemand befolgte diese Regel - ebenfalls genauso wie in meiner alten Gruppe. Solange man keinen Krach machte, konnte man solange wach bleiben, wie man wollte.
»Wie gefällt es dir hier?«, fragte Alex, nachdem wir alleine in unserem Zelt waren.
»Ganz okay. Am Anfang habe ich meine alten Freunde vermisst. Aber ich habe hier neue gefunden.«
»Cool. Machst du Sport?«
Ich erzählte ihm, dass ich Baseball spielte und von da an unterhielten wir uns über alle möglichen Themen, über die sich Teenager unterhalten. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, dass Alex sechzehn Jahre alt und ein Sophomore in der High School war. Außerdem erfuhr ich, dass er im Geländelaufteam war und einen älteren Bruder hatte, der aber schon aufs College ging. Alex erzählte, dass seinen Eltern ein paar Hotels und Geschäfte am Strand gehörten und dass er Schauspielerei mochte. Er hatte sogar schon in zwei Stücken mitgespielt, seitdem er auf die High School ging.
Ich weiß nicht, wie wir auf das Thema kamen, aber irgendwann sprachen wir über Sex.
»Hast du schon mal eine Frau nackt gesehen?«, fragte Alex.
»Nur auf Bildern«, gab ich zu. »Nicht live. Du?«
»Einmal meine Cousine, als sie sich umgezogen hat.«
»Wow«, antwortete ich, obwohl es mich nicht besonders interessierte. »Hast du einen Ständer bekommen, als du sie gesehen hast?«
Das interessierte mich schon mehr.
»Nee. Hast du einen von den Bildern bekommen?«
»Nicht wirklich. Bekommen Männer immer einen Ständer, wenn sie Bilder von nackten Frauen sehen?«
»Vermutlich nicht«, antwortete Alex. »Ich jedenfalls nicht und du auch nicht. Du bist nicht schwul, oder?«
Mein Herz setzte einen Moment lang aus und ich wurde plötzlich ziemlich nervös. Ich hoffte, dass er es mir nicht ansah.
Die gleiche Frage hatte ich mir selbst bereits seit ein paar Jahren immer wieder gestellt. Mittlerweile war ich mir auch ziemlich sicher, dass ich schwul war. Ich hatte noch nie mit jemandem darüber gesprochen, nicht einmal mit meinem Dad. Aber ich hatte auf einigen Websites recherchiert, auf denen Männer und auch Teenager von ihrem Coming Out berichteten. Ich wusste, dass es okay war, schwul zu sein - oder dass sie jedenfalls der Meinung waren, dass es okay war.
Dass ich es nicht sofort abgestritten hatte, schien Alex neugierig zu machen.
»Es wäre für mich okay, wenn du schwul wärst«, sagte er.
In seiner Stimme lag eine Zärtlichkeit, die ich noch nie gehört hatte. Ich sah ihm in die Augen und wusste, dass er es wirklich ernst meinte.
»Vielleicht«, antwortete ich, kaum lauter als ein Flüstern.
»Vielleicht was? Vielleicht bist du schwul?«
»Ja«, flüsterte ich erneut.
»Vielleicht bin ich es auch«, gestand er mir.
Mein Herz setzte erneut aus - dieses Mal aber, weil ich aufgeregt war.
Ich weiß nicht, was noch passiert wäre, aber genau in diesem Moment wurden wir unterbrochen.
»Alex«, flüsterte jemand vor unserem Zelt.
»Was?«, flüsterte er zurück.
»Ich bin es, Philip. Hast du Zigaretten dabei?«
»Shit«, flüsterte Alex zu mir. »Moment«, sagte er dann etwas lauter in Richtung des Zelteinganges.
Als
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