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Beautiful Americans - 03 - Leben á la carte

Beautiful Americans - 03 - Leben á la carte

Titel: Beautiful Americans - 03 - Leben á la carte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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dass sie in einem Puff arbeitet, du weißt nicht, dass sie dort schläft, wo russische Mädchen auf dem Schoß von Geschäftsleuten tanzen, und du weißt nicht, dass sie vielleicht jemanden getötet hat. Ihren Erpresser, um genau zu sein.
    Als der öde Film endlich endet, spazieren Jay und ich von der Bastille zur Promenade Plantée, eine schmale Grünanlage beim kleinen Fischerhafen. Jay bestellt zwei Espressi für uns.
    »Ich habe gemerkt, dass du im Kino fast eingeschlafen bist«, sagt er. »Du sahst so aus, als könntest du einen Kaffee brauchen.«
    »Danke«, erwidere ich. Ich trinke den Espresso schnell aus und hoffe, dass mich das Heißgetränk wärmt. Wieder fröstle ich. Jays Lippen sehen so einladend aus, so ablenkend. Ich küsse ihn. Er schmeckt nach Kaffee und Salz vom Kino-Popcorn. Lecker. Wieder küsse ich ihn, obwohl ich merke, wie er sich mir entzieht. Er ist angespannt. Aber ich möchte nicht aufhören. Ich will zu dem Ort entfliehen, an den nur er mich mitnehmen kann.
    »Darf ich dich etwas fragen?«, sagt Jay mit abgewendetem Gesicht. Seine Lippen sind von meiner Kussattacke gerötet und rau.
    »Nur zu«, sage ich, obwohl ich wünschte, er würde es lassen.
    »Warum läufst du immer weg? Weißt du nicht, wie verrückt mich das macht? Jedes Mal denke ich, dass du nicht nur zu deiner Unterkunft zurückkehrst, sondern dass du Paris verlässt, vielleicht sogar Frankreich. Du hast keine Ahnung, wie das in den Weihnachtsferien gewesen ist, als wir nicht wussten, ob wir dich jemals finden würden. Und dann, als wir dachten, du wärst tot! Tu mir das bitte nie mehr an!« Er wirft den Pappbecher in einen Abfalleimer und schiebt seine Hände in die Jackentaschen.
    »Ich weiß, dass es dich verrückt gemacht hat, Jay. Das hast du mir geschrieben. Und ich habe dir gesagt, dass es mir leidtut.«
    »Oh ja, das stimmt«, erwidert er. »Ich habe dir jeden Tag geschrieben. Ich habe dir in allen Einzelheiten erzählt, was wir alles in Bewegung gesetzt haben, um dich zu finden. Und du hast diese E-Mails auch bekommen, das weiß ich, weil du geantwortet hast. Aber du hast mir nichts erzählt. Du wolltest nie, dass ich dir helfe!«
    »Nein, Jay«, gebe ich zu. »Damals wollte ich deine Hilfe nicht.«
    »Und als wir neulich auf der Straße waren und du mir gesagt hast, dass du alles kaputt machst, da bist du einfach weggerannt, als ich herausfinden wollte, was zum Teufel los ist. Ganz egal, was du mir zu sagen hast - ich kann damit umgehen. Und du hast mir auch immer noch nicht erzählt, was jetzt los ist. Bitte sag es mir. Ich weiß, dass ich es in Ordnung bringen kann. Das weiß ich einfach.«
    Ich bleibe stumm. Plötzlich werde ich wütend. Sehr, sehr wütend.
    »Alle wollen immer irgendetwas von mir«, sage ich leise. »Du. Alex. Olivia. Ihr wollt Antworten. Meine Schwester wollte, dass ich nach Rouen komme. Als ich dort war, wollte sie Schafe züchten! Sie wollte, dass ich Stillschweigen bewahre. Dann wollte sie, dass ich nichts sage, als sie mich hier in Frankreich allein hat sitzen lassen. Meine Eltern wollen meine Unterstützung für ihre dummen Ideen, für ihre Interpretation der wahren Freiheit. Weißt du was? Alle wollen irgendetwas - alle!« Ich kann nicht anders, ich muss wieder weinen. »Du! Warum kannst du nicht einfach glücklich sein, so wie es ist? Warum können alle nicht einfach alles so lassen, wie es ist? Nicht du. Nicht Annabel. Nicht Monsieur Marquet!«
    Ich stehe auf, um zu gehen, aber Jay hält mich am Ärmel meines Mantels zurück. »No me digas, PJ! Bitte geh nicht schon wieder weg. Das halte ich einfach nicht mehr aus!«
    »Ach, ich dachte, du hättest gerade gesagt, dass du alles aushalten könntest«, werfe ich ihm kalt vor. »Was ist es denn nun genau?«
    »Wenn du jetzt gehst, dann komm aber nie wieder«, schleudert er mir entgegen. »Es tut mir zu sehr weh, dass du jedes Mal, wenn es bei uns ernster wird, einfach abhaust.«
    »Fein«, sage ich. »Ich habe auch gar nicht vor, wiederzukommen.«

14 • ZACK
    In die Irre geführt
    An einem verregneten Nachmittag gehe ich nach Sport nach Hause, den Blick auf den Bürgersteig gesenkt, damit ich mit meinen Lederschuhen nicht in eine Pfütze trete. Als ich endlich an meinem Mietshaus ankomme, tippe ich den Code in die Anlage ein und betrete den Hof. Ich halte kurz inne, um meine Brille zu putzen, bevor ich den Hof durchquere.
    Als ich wieder aufblicke, sehe ich eine vertraute Gestalt an der Wand lehnen. Sie steht unter dem schmalen

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