Beautiful Americans - 03 - Leben á la carte
Jeans und mein T-Shirt zu holen. Als ich beides anziehe, rümpfe ich verächtlich die Nase. Nicht zu fassen, dass ich das gestern getragen habe - auf der einzigen Party, die ich in diesem Jahr gegeben habe! Na, wenigstens das T-Shirt ist ein Vintage-Van-Halen-Konzert-T-Shirt. Mit meinen zerzausten, ungewaschenen Haaren und dem ganzen Lipgloss, den ich letzte Nacht aufgetragen habe, habe ich vielleicht sogar so ausgesehen, als hätte ich das Outfit absichtlich angezogen. Ganz vielleicht.
Nachdem ich mir einen hohen Pferdeschwanz gebunden habe, kehre ich wieder ins Esszimmer zurück.
»Mes amies«, sage ich mit großer Geste. »Ich habe einen Plan.«
PJ, Zack, Olivia, Charles, Albert und Emeline blicken gleichzeitig zu mir auf.
»Und?«, fragt Zack nach. »Was für einen?«
Ich schüttle kaum merklich den Kopf und werfe einen vielsagenden Blick auf die Kinder. »Die Einzelheiten am besten nicht hier. Ich gehe mal kurz weg, und wenn ich wiederkomme, hoffe ich, dass unsere liebe Matriarchin auf dem Weg ist«, kichere ich. »Mein Plan ist ganz wunderbar, lasst euch das gesagt sein. Ciao, meine Lieben.«
Kaum bin ich draußen auf der Rue de Fleurus, atme ich kurz durch, mein BlackBerry fest in der Hand. Ich schaue mich nach allen Seiten um, um auch ganz sicherzugehen, dass keines der Gören oder meiner Mit-Babysitter mir gefolgt sind. Ich stehe am Ostermorgen allein auf der menschenleeren Straße, aber ich muss schnell handeln.
Es ist nur dieses eine Mal, verspreche ich mir selbst. Ich werde Denny bitten, mir zu helfen. Danach bin ich ein für alle Mal mit ihm fertig - bevor noch irgendjemand merkt, dass ich tatsächlich kurz davor war, mich in ihn zu verknallen. Ich schleudere meinen Pferdeschwanz mit einer schnellen Drehung meines Kopfes nach hinten, dann wähle ich Dennys Nummer.
Sofort springt seine Mailbox an.
»Hast du Lust, eine amerikanische Maid zu retten?«, sage ich im Flirtton, wohl wissend, dass er anbeißen wird. »Ich brauche jemanden, der Deutsch sprechen kann, um einer Freundin von mir einen kleinen Streich zu spielen. Es ist wichtig. Ruf mich an. Oh, und ... es tut mir leid, dass ich neulich abends einfach so weggerannt bin. Ich erklär's dir, wenn du mich anrufst.«
Ich bin so hin und weg von meiner brillanten Idee, dem Streich, den ich Mme Sanxay spielen werde, dass ich fast vor einen Blumenlieferwagen laufe, der gerade die Rue de Fleurus in Richtung des Jardin des Tuileries entlangrast.
Während ich einen kurzen Abstecher zu mir nach Hause mache, um mir den Kindergestank abzuwaschen, solange ich gerade die Chance dazu habe, denke ich weiter. Vielleicht, ganz vielleicht kann ich Mme Sanxay zurück nach Paris lotsen und gleichzeitig einen Weg finden, wie ich PJ die Marquets ein für alle Mal vom Hals halte.
22 • PJ
Alles endet jetzt
Mme Sanxays Apartment im 6. Arrondissement ist ein gutes Beispiel, wie man auf der linken Flussseite wohnt. In die ruhige Ecke eines schmucklosen Gebäudes eingeschmiegt, liegen sechs Zimmer: vier Schlafräume, ein recht großes Wohnzimmer und sogar - was für Stadtbewohner hier eher eine Seltenheit ist, außer sie haben ein kleines Vermögen geerbt - ein Esszimmer.
Manche Pariserinnen, so wie Mme Rouille, versuchen zu viele Antikmöbel und Raritäten in viel zu wenigen Zimmern unterzubringen. Andere, wie die Marquets, verwandeln ihre Wohnungen in wahre Museen, dekoriert mit lauter unnützen Dingen: alten Porträts in schweren Bilderrahmen und teuren, aber hässlichen objets d'arts.
Mme Sanxays Apartment dagegen ist ganz anders. Alles ist verdreckt und fleckig. Überall stapeln sich Rechnungen, Zeitschriften, Briefe und Emelines Malbücher. Die Möbel sind modern und unbequem und außerdem übersät mit Spielsachen und Büchern und stehen gelassenen Nagellackflaschen oder Babypuder. Hier und da liegen Windeln auf dem Boden oder auf Tischen herum. Die Teppiche und Läufer sind voll mit Wollmäusen, kleinen Stückchen Frühstücksflocken und Baguettekrümeln.
Heute Morgen ist es hier auch noch entsetzlich kalt. Jemand hat letzte Nacht nach der Party die Fenster in der Küche und im Wohnzimmer offen gelassen, und die kalte Luft hat die Möbel durchdrungen und sogar meinen Wollmantel, den ich mir bis obenhin zugeknöpft habe. Als ich hinunterschaue, entdecke ich Blut auf dem Revers.
In der Küchenspüle türmt sich das Geschirr, so wacklig wie bei einem Kartenhaus. Zack hat mir aufgetragen, mich um das Baby zu kümmern. Charles sitzt auf meiner Hüfte, das
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