Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt
deren sonnenfernster Punkt mitunter weit jenseits der Bahn des entferntesten Planeten, Pluto, liegt, die sich aber andererseits der Sonne bis auf Bruchteile der Erdentfernung annähern können. Sie kommen auf ihrem Weg ständig mit den Teilchen der interplanetaren Materie in Kontakt, die als Staub (0,1-100 pm Durchmesser) und Gas (hauptsächlich Protonen, Heliumkerne und Elektronen) den Raum zwischen den Planeten erfüllen. Würde ein Komet oder ein Teil der Meteoride oder das interplanetare Medium aus Antimaterie bestehen - wir müßten gewaltige Energiefreisetzungen unerklärlicher Herkunft beobachten. Dies ist aber nicht der Fall. Auch die von der Erde zu den Planeten des Sonnensystems gestarteten Sonden haben keinerlei mysteriöse Wechselwirkungen erlitten, die auf das Vorkommen von Antimaterie schließen lassen würden, obschon sie - wie z.B. Voyager -bis weit über die Grenzen der Plutobahn hinausgeflogen sind.
Unser Sonnensystem besteht offenbar ausschließlich aus Materie.
Doch verlassen wir unsere nähere kosmische Heimat und wenden uns der ferneren Umgebung zu: Könnte einer der uns benachbarten Fixsterne aus Antimaterie bestehen? Die Antwort ist nicht ohne weiteres zu geben, beziehen wir doch all unsere Informationen über die Sterne aus elektromagnetischen Wellen. Wir beobachten Photonen und ziehen aus der Interpretation dieser Beobachtungen alle Schlüsse über die Beschaffenheit des jeweiligen Objektes. Photonen sind jedoch keine Fermionen, sie besitzen den Spin 1, und es gibt folglich keine Antiphotonen, die sich von den Photonen unterscheiden ließen. Mk anderen Worten: Photonen sind ihre eigenen Antiteilchen. Ein Stern aus gewöhnlicher und ein Stern aus Antimaterie senden dieselbe Art von Lichtteilchen aus. Man kann ihnen in keiner Weise ansehen, ob der Stern, von dem diese Photonen zu uns gelangen, aus Materie oder Antimaterie besteht.
Eher scheint auf den ersten Blick die Suche nach Antiteilchen erfolgversprechend zu sein. Doch auch hier ist die Situation verzwickt. So hat man Ende der siebziger Jahre bei Experimenten in sehr großen Höhen an der Grenze der irdischen Lufthülle Antiprotonen nachgewiesen. Allerdings ist dieser Nachweis im Zusammenhang mit unserem Problem nicht sehr aussagekräftig, denn die Protonen der energiereichen kosmischen Höhenstrahlung sollten bei ihrem weiten Weg durch das Universum auch gelegentlich mit dem fein verteilten interstellaren Staub zusammenstoßen, wobei es zur Entstehung von Antiprotonen kommen kann. Die nachgewiesenen Antiprotonen wären demnach keineswegs Zeugen aus einer wirklichen Antiweit. Allerdings findet man etwa dreimal mehr Antiprotonen in der kosmischen Strahlung als laut Berechnungen zu erwarten sind. Doch muß dies nicht unbedingt etwas bedeuten. Es fragt sich nämlich, auf welchen Annahmen unsere Berechnungen beruhen und inwiefern diese Annahmen eventuell unzutreffend sind. Immerhin will man dem Problem der Häufigkeit der Antiprotonen in der Höhenstrahlung weiter nachgehen. An Bord der internationalen Raumstation, die in den kommenden Jahren etappenweise installiert wird, soll es ein spezielles Experiment Astromag geben, um Antiteilchen aus dem Universum nachzuweisen.
Wenn wir schon einem Stern nicht unmittelbar ansehen können, ob er aus Materie oder Antimaterie besteht, so befinden sich die Sterne andererseits nicht in einem leeren Raum. Vielmehr läßt sich auch im interstellaren Raum Materie in geringer Konzentration nachweisen. Die Verteilung des interstellaren Mediums ist sehr ungleichförmig. In der Sonnenumgebung liegt die Dichte etwa bei 0,1 Wasserstoffatom/ cm 3 , in den wolkenförmigen Nebeln des Sternsystems kann sie bis zu 100 Millionen Atome/cm 3 ansteigen, während der Raum zwischen den Spiralarmen mit einer Dichte von etwa 0,01 Atome/ cm 3 extrem wenig Teilchen enthält. Auch andere chemische Elemente, insbesondere Helium und zu einem geringen Teil auch schwerere, sind vertreten. Die Tatsache, daß jeder beliebige Stern unseres Milchstraßensystems in ein mehr oder weniger dichtes Gas des interstellaren Mediums eingebettet ist, könnte nun eine Möglichkeit des Nachweises eventuell vorhandener Antisterne eröffnen. Dazu hat der schwedische Nobelpreisträger Hannes Alfven bereits in den sechziger Jahren detaillierte Überlegungen angestellt.
Plasmaphysik im Telegrammstil
Die Atome und Moleküle des interstellaren Gases werden durch nahegelegene Sterne nachhaltig beeinflußt. Sowohl die Wärmestrahlung der
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