Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt
zum Antiuniversum
Wenn das Antiwasserstoffatom möglich ist, dann gibt es auch kein Argument mehr gegen Antihelium und Antisauerstoff, gegen Antigold und Antisilber. Alle Elemente des Periodensy- stems sind in der Spiegelwelt der Antimaterie ebenso denkbar wie in der uns bekannten Welt. Das Problem der Herstellbar- keit schwerer Atome der Antimaterie rückt gegenüber dieser Tatsache in den Hintergrund. Die interessantere Frage lautet: Hat die Natur möglicherweise irgendwo in ihren endlosen Weiten auch eine Antiweit hervorgebracht, oder ist die uns bekannte Sorte von Atomen aus irgendeinem Grund bevorzugt worden?
Ein Blick zum nächtlichen Sternhimmel mit seinen zahllo- sen leuchtenden Gaskugeln, dem Sterngewimmel der Milch- straße und den fernen Sternsystemen nötigt dem grüblerischen Zeitgenossen unwillkürlich die Frage ab: Schauen wir in eine Welt von unserer Art oder möglicherweise in eine Antiweit?
Schon vor einhundert Jahren, als man von Antimaterie noch gar nichts wußte, veröffentlichte der deutsche Physiker Arthur Schuster in der Zeitschrift Nature einen „Ferien-traum“ („A Holiday Dream“), in dem er die verblüffende Frage stellte: „... wenn es eine negative Elektrizität gibt, war- um dann nicht auch negatives Gold, so gelb und wertvoll wie das unsere, mit demselben Schmelzpunkt und identischen Spektrallinien?“ {5} Warum finden wir es nicht? Auch darauf hatte Schuster eine Antwort: Weil es mit der Beschleunigung von 9,81 m/s 2 von der Erde wegfliegt!
Für Schuster war Antimaterie gleichsam eine andere Mate- rieart, bei der das übliche Gravitationsgesetz nur dann gilt, wenn sie mit ihresgleichen in Wechselwirkung tritt: Antigold und Antigold ziehen sich an, Gold und Gold auch; anders hingegen Antigold und Gold - sie stoßen sich ab. Obschon diese Frage mit unserer „modernen“ Antimaterie scheinbar nichts zu tun hat, wird uns die Frage nach einem anderen gravitativen Verhalten der Antimaterie gegenüber Materie noch beschäftigen, denn schon seit längerem fragen die Physiker, ob Materie und Antimaterie tatsächlich in vollem Umfang denselben Naturgesetzen gehorchen.
Auf die Frage, ob eine Welt aus Antimaterie für ihn nicht interessant sein könnte, antwortete Walter Oelert 1996: „Wenn ich mir einen Spätfilm angucke, fasziniert mich die Frage schon, aber nicht als Wissenschaftler.“ {6} Darüber denken Astronomen freilich anders. Für sie könnte die Existenz von Antimaterie vielleicht Geheimnisse des Universums klären helfen, die Herkunft manch rätselhafter Energien aufdecken, die in den Kernen ferner Galaxien freigesetzt werden. Oder sie könnte einfach die Frage beantworten, ob unser Universum symmetrisch aus zwei Teilen besteht, der eine aus Materie, der andere aus Antimaterie. Die vollkommene Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie im Kosmos erschien manchen Astrophysikern fast wie eine Zwangsvorstellung, denn nach allem, was uns bis heute bekannt ist, würde ein vollständiger Austausch der Materie gegen Antimaterie im Kosmos durch nichts feststellbar sein.
Antimaterie im Weltall -Wie man sie finden könnte
Besteht unser Mond möglicherweise aus Antimaterie oder der rote Erdnachbar Mars? Selbstverständlich nicht. Anderenfalls hätten die auf diesen Himmelskörpern gelandeten Sonden, auf dem Mond gar die Astronauten der Apollo -Mission, in gewaltigen Energieblitzen verlöschen müssen. Zwischen den Körpern unseres Sonnensystems herrscht ein reger Materieaustausch. Die zahllosen Kleinkörper, Meteoride bis in den Bereich von einigen Gramm und Milligramm Masse, erfüllen die scheinbare Leere in den Räumen zwischen den Planeten und kollidieren häufig mit anderen Himmelskörpern. Alle Planeten mit festen Oberflächen und deren Monde sind von Einschlagkratern mehr oder weniger übersät - Zeugnisse von Impaktereignissen in frühester oder jüngerer Vergangenheit. Auch gegenwärtig ist dieser Prozeß keineswegs abgeschlossen. Es sind genügend vagabundierende größere und kleinere Objekte im Sonnensystem vorhanden, um auch heute noch zu ständigen Kollisionen zu führen. Erinnert sei z.B. an die Bruchstücke des Kometen Shoemaker-Levy, die im Jahre 1994 in den Riesenplaneten Jupiter stürzten und in dessen Atmosphäre gewaltige Reaktionen auslösten, die von der Erde aus sogar mit kleineren Instrumenten beobachtet werden konnten.
Tiefraumsonden des Planetensystems sind die Kometen; sie bewegen sich auf oftmals sehr langgestreckten elliptischen Bahnen,
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