Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt
sie nicht entdeckt werden kann.“ {7}
In einem Ambiplasma entstehen aber auch Neutrinos sowie Gammastrahlung. Wie steht es nun mit deren Nachweis? Beide Zweige dieser „nichtoptischen“ Astronomie haben tatsächlieh inzwischen außerordentliche Fortschritte gemacht. Dennoch muß es weiterhin als aussichtslos gelten, etwa Neutrinos aus Positron-Elektron-Zerstrahlungsvorgängen mit entsprechend hoher räumlicher Auflösung nachzuweisen. Anders sieht es in der heute bereits recht perfektionierten Gammaastronomie aus: Nach anfänglichen Versuchen mit Ballonen und Raketen sind seit längerem instrumentell hochwertig ausgerüstete Röntgen- und Gammastrahlensatelliten im Einsatz. Schon in den 70er Jahren starteten die Amerikaner das Einstein-Observatorium, seit 1990 befindet sich der deutsch-britisch-amerikanische ROSAT zur Untersuchung von Objekten im Röntgenstrahlenbereich im All, und 1991 brachten die USA ein Gamma Ray Observatory (GRO) in die Erdumlaufbahn, das jetzt als Compton Observatory bekannt ist. Die instrumentelle Ausrüstung dieser Spezialobservatorien für extrem kurzwellige elektromagnetische Strahlung ist vielfältig, basiert aber stets auf der Wechselwirkung der Quanten mit Materie. Das Arsenal der Nachweisinstrumente stammt praktisch ausnahmslos aus den Laboratorien der Kernphysiker. Allerdings hat man für die Erfassung kosmischer Gammastrahlungsquellen spezielle Modifikationen vorgenommen. Die Instrumente des Compton Observatory gestatten eine Erfassung kosmischer Gammastrahlung in dem weiten Energiebereich von 20 keV bis zu 30 GeV, also rd. 6 Größenordnungen, mit bislang noch nie erreichter Empfindlichkeit und Auflösung. Deshalb gilt das GRO neben dem in der Erdumlaufbahn fliegenden Hubble Space Telescope (HST) auch als die zweite bedeutende Sternwarte der neuen Epoche von Instrumenten, die jenseits der Erdatmosphäre operieren.
Alle Prozesse, die im Universum zur Entstehung von Gammastrahlung führen, sollten mit diesem Observatorium untersucht werden. Mit Ausnahme der Materie-Antimaterie-Zerstrahlung hatte man sie auch alle bereits mit früheren Unternehmen der Gammaastronomie nachgewiesen. Dies sollte nun mit höherer Qualität geschehen: Supernova-Überreste, d. h. die Relikte von explodierten Sternen, standen ebenso auf dem Forschungsprogramm von GRO wie die Erforschung der Pulsare, superdichter Endstadien der Entwicklung bestimmter Sterne. Aber auch die Untersuchung von Gammastrahlen aus dem Medium im Raum zwischen den Sternen wurden in das Forschungsprogramm des Compton Observatory aufgenommen. Intensive Gammastrahlengebiete erstrecken sich besonders entlang der Hauptebene des Sternsystems, d.h. auf das Band der Milchstraße. Die Ursache dieser Gammastrahlung sieht man vor allem in der Wechselwirkung zwischen den hochenergetischen Teilchen der kosmischen Strahlung als auch der interstellaren Materie. Die Untersuchungen können sowohl Aufschluß über die Dichte der kosmischen Strahlung als auch der Verteilung der interstellaren Materie geben. Außerdem interessiert die diffuse kosmische Gamma-Hintergrundstrahlung. Sie ist im Zusammenhang mit dem Nachweis von Antimaterie besonders aufschlußreich. Zwar gibt es eine allgemeine Hintergrundstrahlung, d.h. eine aus allen Richtungen heranströmende elektromagnetische Strahlung, die keine diskreten Quellen als Ursache hat. Besonders bekannt wurde die sogenannte 2,7-K-Strahlung im Radiobereich als Relikt des heißen Urzustandes des Universums (vgl. Kap. „Nebelflucht und Evolution des Universums“). Hingegen hat man bisher keine schlüssige Erklärung für die Hintergrundstrahlung im Gamma-Bereich. Einige Forscher sind der Ansicht, daß es sich um die Summe bislang noch nicht aufgelöster extragalaktischer Quellen handelt, z. B. um die Kerne sehr aktiver Galaxien. Sollte es sich jedoch um eine wirklich diffuse Strahlung handeln, so kommt möglicherweise die Materie-Antimaterie-Problematik ins Spiel. Die Deutung besteht dann in der Annahme, daß wir es mit einem in bezug auf Materie und Antimaterie symmetrischen Universum zu tun haben, in dem die diffuse Gammastrahlung durch Annihilationsprozesse ausgelöst wird. Die Strahlung soll demnach aus den Grenzbereichen von Galaxienhaufen stammen, die aus Materie und aus Antimaterie bestehen und in denen die von Alfven bereits postulierte Zerstrahlung stattfindet.
Gegenwärtig kann man zwischen den verschiedenen Modellen noch nicht unterscheiden. Gerade deshalb ist das Compton Observatory von so
Weitere Kostenlose Bücher