Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!
fühlt sich schlimmer an, als es ist«, wiegelte Becky ab. »Sammy ist trittsicher und auf Kufen kippt ein Wagen nicht so leicht.«
Kate Crawford warf ihr einen skeptischen Blick zu. »So, und das weißt du aus Erfahrung?«
»Würde ich es denn sonst sagen? Keine Sorge, ich weiß genau, was ich tue und was ich dem Wagen und Sammy zutrauen kann«, log Becky. »Sie können mir vertrauen.«
»Ich wünschte, ich könnte es!«, antwortete die Hebamme spitz und zog die Decken, in die sie sich gewickelt hatte, enger um die Schultern.
Die Kälte setzte ihnen gehörig zu. Sie drang ihnen bis ins Mark und die Füße verwandelten sich allmählich in Eisklumpen. Aber mehr noch als die Kälte setzte Becky die Angst zu, nicht schnell genug in vertrautes Gelände zu kommen, um den Rest des Weges auch bei Dunkelheit zu meistern. Deshalb schonte sie Sammy jetzt auch nicht mehr. Jede Meile, die sie im schwindenden Tageslicht hinter sich brachten, bedeutete ein Quentchen mehr Zuversicht.
Doch was nicht nur Becky befürchtet hatte, trat ein, noch bevor das letzte Tageslicht erlosch. Seit ihrem Aufbruch von Madisonville waren weniger als anderthalb Stunden vergangen, als es immer heftiger zu schneien begann und die Sicht damit immer schlechter wurde. Hatte sie die Landschaft anfangs noch meilenweit überblicken können, reduzierte sich die Sicht nun auf wenige hundert Yards. Und die Verhältnisse wurden mit jeder Minute schlechter. Auch nahm der Wind an Kraft zu, ohne sich jedoch entscheiden zu können, aus welcher Richtung er ihnen den Schnee um die Ohren wirbeln sollte.
»Wir schaffen es nicht! Wir müssen nach Madisonville zurückkehren, solange wir dazu noch in der Lage sind! Also dreh um!«, verlangte Kate Crawford.
Becky tat, als hätte sie die Aufforderung nicht gehört. Mit zusammengekniffenen Augen konzentrierte sie sich auf die Merkmale entlang der Landstraße, die ihr sagten, dass sie sich noch auf dem richtigen Weg befand. Ihre eigenen Kufenspuren hatten Wind und Neuschnee längst zugedeckt.
»Hast du mich nicht gehört?«, rief die Hebamme ungehalten. »Du sollst umkehren, habe ich gesagt!«
»Das geht nicht!«
»Was heißt, das geht nicht? So haben wir es ausgemacht! Du hast es mir sogar hoch und heilig versprochen!«
»Ich habe es mir eben anders überlegt!«, erwiderte Becky trotzig und ließ Sammy aus dem Trab wieder in einen Galopp fallen. »Außerdem sind wir jetzt schon der Farm näher als Madisonville!«
»Das glaube ich nicht!«
»Es wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben!«, beschied Becky sie ungerührt.
»Wie sprichst du denn mit mir?«, rief die Hebamme. »Diesen ungehörigen Ton verbitte ich mir!«
»Tut mir Leid, wenn ich heute meinen schlechten Tag habe, Missis Crawford!«, erwiderte Becky. »Wenn wir erst auf der Farm sind, will ich es an dem gebührenden Respekt gewiss nicht mangeln lassen. Aber bis dahin müssen Sie schon entschuldigen, dass ich entscheide, was gemacht wird!«
»Ja, bist du denn von Sinnen? Du hast mir dein Wort gegeben! Und du wirst jetzt gefälligst das tun, was ich dir sage. Und das heißt umkehren! Auf der Stelle!«, schrie Kate Crawford sie jetzt an.
»Kommt nicht infrage!«, beharrte Becky. »Wir fahren zur Farm, und Sie werden Emily helfen, ihr Kind gesund zur Welt zu bringen! Dafür sind Sie Hebamme! Und der Teufel soll mich holen, wenn ich mir jetzt vor Angst in die Hosen mache und nach Madison zurückkehre! Also hören Sie endlich auf, mir weiter damit in den Ohren zu liegen! Wir fahren zur Farm, und damit basta!«
»Von wegen! Du tust, was ich sage!«, brüllte Kate Crawford und wollte ihr in die Zügel fallen.
Grob stieß Becky sie auf ihren Sitz zurück. »Hören Sie auf damit! Sie werden es nicht schaffen, mir die Zügel aus den Händen zu reißen! Und wenn Sie es noch einmal versuchen, werden Sie mich kennen lernen!«
Fassungslos starrte Kate Crawford sie an, denn so hatte wohl noch keiner mit ihr gesprochen. »Du hältst sofort an und drehst um! Sonst springe ich vom Wagen!«, drohte sie mit schriller Stimme.
»Versuchen Sie es doch, wenn Sie sich das Genick brechen wollen!«, erwiderte Becky unbeeindruckt. »Und sollten Sie durch ein Wunder den Sprung mit heiler Haut überleben, werden Sie es bei diesem Wetter zu Fuß nie und nimmer zurück in den Ort schaffen. Wenn Ihnen also an Ihrem Leben etwas liegt, werden Sie neben mir sitzen bleiben und mich mit Ihrem Gezeter nicht weiter vom Weg ablenken!«
Kate Crawford schnappte nach Luft. »Das... das ist
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