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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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ich mich auf dich verlassen konnte. So, jetzt gib mir die drei Lattenstücke.«
    Sie half ihm dabei, die provisorischen Schienen anzulegen und mit den Tuchstreifen fest zusammenzubinden, auf dass sich die Knochen nicht wieder verschieben konnten. Anschließend erhob er sich, das Gewicht ganz auf sein gesundes Bein verlagert, und schob sich den umgedrehten Besen, dessen Borsten er mit dem Messer bis aufs Holz heruntergeschnitten hatte, als notdürftige Krücke unter die Achsel.
    Dann griff er nach ihrer Hand, blickte ihr in die Augen und sagte mit großem Ernst: »Ich glaube, du weißt, was ich jetzt von dir verlangen muss.«
    Tausend Vorbehalte hätte Becky in diesem Moment vorbringen können. Aber sie wusste, dass weder der Hinweis auf das Wetter zählte, das jeden Moment umschlagen und einen Sturm bringen konnte, noch dass ihre Angst, auf dem Rückweg in der Dunkelheit vom richtigen Weg abzukommen, etwas daran änderte, dass sie allein jetzt die Verantwortung hatte, die Hebamme rechtzeitig auf die Farm zu bringen.
    »Ja, ich weiß, was ich tun muss«, antwortete sie daher nur. »Ich mache mich sofort auf den Weg!«

52
    V ON der Hügelkuppe erhaschte Becky einen letzten Blick auf das Gehöft am Deer Creek, das seit fast zwei Jahren ihr geliebtes Zuhause war. Im Bewusstsein dessen, was vor ihr lag, erschien ihr das Farmhaus mit dem rauchenden Schornstein mehr denn je als Inbegriff von Sicherheit und Geborgenheit, wie ein verlässlicher, Heil bringender Leuchtturm in stürmischer See. Doch schon im nächsten Moment glitt der auf Kufen ruhende Wagen auf der anderen Seite den Hang hinunter, und die Farm versank hinter dem Hügel wie ein untergehender Dampfer, von dem bald nur noch eine Rauchwolke kündete. Aber auch diese löste sich wenige Minuten später im Zwielicht des tief hängenden grauen Himmels auf. Und dann lag das verschneite Prärieland wie eine in Schnee und Eis erstarrte tote Welt vor ihr.
    Am liebsten hätte Becky den Rotfuchs im Galopp nach Madisonville gejagt, denn der Unfall hatte viel Zeit gekostet. Zwar wusste sie nicht genau, wie spät es mittlerweile war, aber sie schätzte, um kurz nach eins aufgebrochen zu sein. Und das bedeutete, dass sie bestenfalls um halb vier in Madisonville eintreffen würde und wohl die letzte Stunde der Rückfahrt in der Dunkelheit zurücklegen musste. Denn an solch einem Tag brach die Nacht früh herein. Und falls es dann auch noch heftig zu schneien begann, vervielfachte sich die Gefahr, dass ihr in der Dunkelheit ein fataler Fehler unterlief.
    Natürlich wusste Becky, dass kein Pferd es durchhielt, die Strecke zwischen ihrer Farm und Madisonville mit dem Kufenwagen im Galopp zu bewältigen. Eine derartige Kraftanstrengung vermochte auch das kräftigste und ausdauerndste Tier nicht aufzubringen. Und selbst wenn Sammy dazu wundersamerweise in der Lage gewesen wäre, hätte er danach keine Kraft mehr für den Rückweg gehabt. Es war also nichts damit gewonnen, schon jetzt alles aus Sammy herauszuholen, ganz im Gegenteil.
    Wenn sie doch Harvey an ihrer Seite gehabt hätte! Er kannte hier jeden Strauch und Stein, jede Bodenwelle und jede Senke. In seiner Gesellschaft hätte sie sich so sicher wie in Abrahams Schoß gefühlt.
    Becky konzentrierte sich und versuchte, sich jedes Waldstück, jeden Hügel, jeden allein stehenden Baum und jede besondere Bodenbeschaffenheit für den Rückweg einzuprägen. In den knapp zwei Jahren, die sie nun schon bei den Newmans lebte, war sie zwar ein gutes halbes Dutzend Mal in Madisonville gewesen, auch schon im Winter und bei verschneitem Land - aber doch nie allein. Die Strecke war ihr nicht mal halb so vertraut wie der Weg nach Winchester oder zur Farm der Willards, der ihr längst in Fleisch und Blut übergegangen war. Deshalb konnte jedes Merkmal, das sie jetzt bewusst in sich aufnahm, für den Rückweg von großer Bedeutung sein.
    Niemand begegnete ihr auf der Landstraße, obwohl sie im Schnee, der in der Nacht gefallen war, immer wieder auf frische Huf- und Wagenspuren stieß.
    Becky betete im Stillen, dass der Allmächtige sie vor Sturm und dichtem Schneetreiben verschonen möge. Gern wollte sie den eisigen Wind ertragen, der ihr ins Gesicht schnitt und allmählich die vielen Schichten ihrer Kleidung durchdrang, solange das Wetter sich hielt und sie früh genug mit der Hebamme zur Farm zurückkam. Dann wollte sie sich über nichts beklagen, wie sehr sie auch fror!
    Ihre flehentlichen Bitten schienen erhört zu werden, denn so grau

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