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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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gerettet hatte. »Wir müssen nur noch über die Hügel dort und dann sind wir auch schon da!«
    Kate Crawford verweigerte jede Antwort. Doch als sie über die Hügel kamen und plötzlich Lichter vor ihnen in der Dunkelheit aufleuchteten, die ein großes Dreieck zu bilden schienen, da schlug sie beide Hände wie zum Gebet zusammen, presste sie vor die Brust und rief stammelnd: »Oh... Wunder!… Oh... Wunder!… Gelobt... gelobt sei Jesus Christus!«
    Winston hatte auf der Veranda eine Leuchte mit voll aufgedrehtem Docht aufgehängt sowie zwei weitere Petroleumlampen im oberen Stockwerk auf das Fensterbrett von Beckys Zimmer gestellt, damit der Lichtschein weit in die Dunkelheit drang und ihr wie ein Leuchtturm den Weg nach Hause wies.
    Nur mit Hut und Jacke bekleidet und auf den Besen gestützt, kam Winston über die Veranda gehumpelt, als Becky den Kufenwagen vor dem Farmhaus zum Stehen brachte.
    »Dem Himmel sei Dank, dass du endlich zurück bist, Becky! Und dass euch nichts geschehen ist!«, rief er erleichtert. »Was habe ich mir für Sorgen und Vorwürfe gemacht!… Und dass Sie trotz dieses Wetters gekommen sind, Missis Crawford, werden wir Ihnen nie vergessen!«
    »Diese Nacht werde auch ich nicht vergessen, worauf Sie Gift nehmen können!«, blaffte die Hebamme, während sie den Wollfäustling von ihrer rechten Hand zog. Dann wandte sie sich Becky zu und versetzte ihr eine schallende Ohrfeige.
    »Ich denke, die habe ich verdient«, sagte Becky und wunderte sich, dass sie so gut wie keinen Schmerz verspürte. Nach den fast sechs Stunden, die sie der Kälte ausgesetzt gewesen war, fühlten sich ihre Gliedmaßen und ihr Gesicht wie taub, wie abgestorben an. Und sie hatte jetzt Mühe, ihre Hände um die Zügel zu öffnen und die Finger zu beugen.
    Die Hebamme gab ihr eine zweite Ohrfeige. »Du hast etwas ganz anderes verdient! Aber darüber reden wir später noch, verlass dich drauf!«, zischte sie, kletterte mit steifen Bewegungen vom Wagen und riss ihre Tasche unter dem Sitz hervor.
    »Was haben denn die beiden Ohrfeigen zu bedeuten?«, fragte Winston bestürzt.
    »Das werde ich Ihnen schon noch erzählen!«, antwortete die Hebamme barsch und machte ihrem aufgestauten Ärger Luft, indem sie ihn abkanzelte. »Aber was humpeln Sie denn mit Ihrem gebrochenen Bein hier draußen herum? Wo haben Sie denn bloß Ihren Verstand gelassen? Sie müssten doch wissen, dass Sie das Bein hochlegen und schonen müssen! Oder wollen Sie vielleicht, dass sich die Schwellung um den Bruch zu einem gefährlichen Blutstau in Ihrem Bein entwickelt? Dann können Sie sich auf die Amputationssäge und ein Holzbein gefasst machen! Aber es ist ja Ihr Bein, das Sie verlieren, wenn Sie so unvernünftig sind!«
    Winston machte erst ein verblüfftes Gesicht, reagierte auf die grimmige Tirade der Hebamme jedoch nicht mit Verärgerung, sondern mit einem überraschenden Lachen. »Es ist gut, Sie im Haus zu haben, Missis Crawford! Aber seien Sie ganz unbesorgt. Von meinem Verstand ist noch genug übrig, um mir zu sagen, was ich mir und meinen Knochen zumuten kann. Und jetzt kommen Sie! Was wird Emily froh sein, Sie zu sehen! Meine Frau meint, dass das Kind schon bald kommt!«
    Die Hebamme gab ein unwilliges Schnauben von sich. »Wenn ich Sie wäre, würde ich nicht mal Ihre merkwürdige Krücke darauf verwetten!«, sagte sie grimmig und verschwand mit Winston im Haus.
    Woher Becky nach allem, was hinter ihr lag, noch die Kraft nahm, Sammy auszuspannen, ihn in seine Box zu führen, ihn trockenzureiben und ihm den Hafersack umzuhängen, wusste sie später nicht mehr zu sagen.
    Sie schleppte sich förmlich ins Haus, entledigte sich vor dem Ofen ihrer steif gefrorenen Sachen und schlürfte eine Blechtasse voll heißer Hühnerbrühe, die Winston wohlweislich für sie und Missis Crawford vorbereitet hatte. Dann stieg sie langsam wie eine alte Frau die Treppe zu ihrem Zimmer hoch. Ohne auf die Stimmen zu achten, die aus dem Schlafzimmer von Emily und Winston jenseits des kleinen Flurs zu ihr drangen, entkleidete sie sich wie in Trance, zog ihr knöchellanges Nachthemd aus warmem Flanell über den Kopf und kroch, am ganzen Körper zitternd, ins Bett. Schon Augenblicke später versank sie in einem tiefen Schlaf der Erschöpfung.
    Stunden später riss Winstons freudig erregte Stimme sie aus dem Schlaf. »Becky, das Kind ist da!… Es ist ein Junge!«, rief er und rüttelte sie an der Schulter.
    Mit glasigen Augen sah Becky zu ihm auf. »Ein Junge?«,

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