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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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umdrehen.
    Winston biss stöhnend die Zähne zusammen und bäumte sich auf, als sie ihm den Stiefel vom Fuß zog. »Hilf mir hoch!«, keuchte er und kalter Schweiß stand auf seiner Stirn. »Nein, nicht ins Haus! Bring mich in die Scheune! Und dann läufst du ins Haus und holst die Flasche mit dem Laudanum.«
    »Aber...«
    »Kein Aber, Becky! In die Scheune!«, fiel er ihr ins Wort, während er sich auf sie stützte und auf seinem gesunden Bein zurück zur Scheune humpelte. »Hol das Laudanum und dann wirst du mir das Bein mit drei Latten schienen. Schau mich nicht so entsetzt an. Beeil dich! Aber sag um Gottes willen Emily nichts davon! Bring auch zwei Küchentücher und den großen Besen mit! Nun lauf schon!« Er sank auf die nächste Haferkiste, hielt sein gebrochenes Bein mit beiden Händen am Knie umklammert und fluchte erneut: »Verdammt!… Verdammt! … Das hat mir gerade noch gefehlt!«
    Verstört rannte Becky ins Haus. Mit einer so schweren Verletzung konnte Winston nicht nach Madisonville fahren, um die Hebamme zu holen. Keine halbe Stunde würde er sich auf dem Buggy halten. Und was das bedeutete, lag auf der Hand - nämlich dass sie diese Aufgabe übernehmen musste!
    Als Becky mit dem kleinen Fläschchen des Betäubungsmittels Laudanum, dem großen Besen und zwei sauberen Küchentüchern in die Scheune zurückkehrte, kauerte Winston bleich, aber gefasst auf dem Boden, mit dem Rücken gegen die Kiste gelehnt und die Beine von sich gestreckt.
    »Zum Glück scheint es ein glatter Bruch zu sein. Der wird schnell heilen - sofern er gut gerichtet ist. Aber dazu kommen wir gleich.« Er nahm einen vorsichtigen Schluck aus der Flasche, verkorkte sie wieder und stellte sie neben sich. »So, jetzt holst du eine der Zaunlatten, die drüben im Holzschuppen in der Ecke stehen, und schlägst sie mit der Axt so zurecht, dass du drei Stücke erhältst, die etwa so lang sind wie dein Unterarm. Nimm auch gleich den Besen mit und kürze den Stiel, sodass er dir bis zur Schulter reicht. Dann kann mir das Ding als provisorische Krücke dienen. Ich schneide indessen die Tücher zu Streifen«, sagte er und zog sein Messer hervor.
    Becky tat, was er ihr aufgetragen hatte, und eilte dann wieder zu ihm in die Scheune zurück.
    »So, jetzt kommt der ungemütliche Teil«, sagte er mit einem gequälten Grinsen. »Du musst mir helfen, den Bruch zu richten. Es muss sein, Becky! Und ich weiß, dass du das kannst. Pass auf: Deine linke Hand legst du unter den Bruch und mit der rechten Hand packst du mein Fußgelenk mit festem Griff! Und wenn ich sage: ›Zieh!‹, dann ziehst du am Bein, während ich die Bruchstellen übereinander bringe! Aber sei bloß nicht zimperlich, verstanden? Du musst schon ordentlich ziehen. Wenn du zu behutsam bist, weil du mir keine Schmerzen zufügen willst, tust du mir keinen Gefallen, denn dann müssen wir die Prozedur wiederholen.«
    Becky schluckte heftig. »Ich weiß nicht, ob ich das kann, Winston!«
    »Und ob du das kannst!«, versicherte er. »Aber lass mich erst noch mal einen Schluck Laudanum nehmen!«
    Augenblicke später war es dann so weit. Winston saß gegen die Haferkiste gelehnt und hielt die Bruchstelle mit beiden Händen umfasst. »Bist du bereit? Gut!… Ich zähle bis drei und gebe dann das Kommando... Eins... zwei...«
    Becky spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach, als wäre sie mit ihren warmen Wintersachen urplötzlich in einen überheizten Raum geraten. Ihre Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an, und Übelkeit rumorte in ihrem Magen, während ihr Herz im Rhythmus eines wahnwitzigen Galopps zu schlagen schien.
    »... drei... Zieh!«
    Becky überwand ihre würgende Angst und zog kräftig am Bein. Gleichzeitig drückte Winston die Bruchstellen übereinander. Ihr war, als hörte sie ein knirschendes Geräusch, aber das konnte sie sich auch nur eingebildet haben. Denn sosehr Winston sich auch zusammenriss, um vor Schmerz nicht laut aufzuschreien, es drang doch ein gequältes Aufstöhnen über seine Lippen, das zu laut war, um das Geräusch von gegeneinander schabenden Knochen hören zu können.
    Für einen endlos langen Moment saß Winston mit zusammengekniffenen Augen, schmerzverzerrtem Gesicht und schnellem, flachem Atem am Boden. Dann hob sich seine Brust unter einem tiefen Atemzug und er machte die Augen wieder auf. Vorsichtig tastete er über den Bruch. »Scheint uns gelungen zu sein, dem Himmel sei Dank!«, stieß er gepresst hervor. »Das hast du gut gemacht, Becky. Ich wusste, dass

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