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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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ja... der Gipfel der Unverschämtheit... Das wird ein Nachspiel haben, darauf kannst du dich verlassen!«, stieß sie schließlich hervor und gab sich damit geschlagen. Sie fiel in ein finsteres Schweigen, das ebenso von Angst wie von brodelndem Zorn bestimmt wurde.
    Becky war froh, dass sie sich nicht länger mit ihr herumschlagen musste und alle Aufmerksamkeit auf den Weg richten konnte. Das dichte Schneetreiben machte es ihr immer schwerer, sich zu orientieren. Auch konnte sie nicht länger das forsche Tempo beibehalten, zu dem sie Sammy immer wieder angetrieben hatte.
    Als die Nacht hereinbrach, hatte Becky Mühe, ihre eigene Angst unter Kontrolle zu halten und nicht in Panik zu geraten. Denn nun bewegten sie sich fast blind durch die Landschaft und jede kleine Richtungsänderung konnte sie vom Weg abbringen. Und bevor sie überhaupt merkte, dass sie eine falsche Richtung eingeschlagen hatte, konnte sie schon so lange in die Irre gefahren sein, dass es keine Möglichkeit mehr gab, ein Unglück abzuwenden. Im schlimmsten Fall, nämlich wenn das Schneetreiben zu einem wütenden Sturm wurde und Sammys Kräfte erlahmten, konnte das ihren Tod durch Erfrieren bedeuten.
    Schauer jagten ihr durch den Körper, und bohrende Kopfschmerzen setzten ein, als sie einzelne Bäume und Veränderungen im Gelände bloß noch als vage Umrisse ausmachen konnte.
    Nun brach Kate Crawford ihr eisernes Schweigen. »Du wirst uns ins Verderben führen, du dummes, überhebliches Ding!«, zischte sie.
    Becky verzichtete darauf, ihr mit vorgetäuschter Selbstsicherheit eine Antwort zu geben. Damit hätte sie die Hebamme auch nicht hinters Licht führen können. Denn dass sie immer wieder anhielt und angestrengt in die weiß verwirbelte Dunkelheit starrte, in der verzweifelten Hoffnung, irgendwelche Hügelformationen, allein stehende Bäume, Zaunpfosten und andere Merkmale zu erspähen, an die sie sich vom Hinweg erinnerte, sagte genug darüber aus, wie wenig sie die Lage unter Kontrolle hatte.
    Als das Gelände eine gute Weile später sanft anstieg und sie auf eine Anhöhe gelangten, wo sich rechter Hand ein Waldstück wie eine schwarze Palisadenwand abzeichnete, glaubte Becky, weiter geradeaus fahren zu müssen. Doch Sammy warf den Kopf mit einem unwilligen Wiehern in den Nacken und zog spürbar nach halb links.
    Fieberhaft überlegte Becky, wer sich von ihnen beiden wohl irrte. Konnte es sein, dass der Rotfuchs trotz Dunkelheit und Schneetreibens instinktiv wusste, in welcher Richtung der heimatliche Stall lag?
    Sie beschloss, alle ihre Hoffnung in Sammy zu setzen, und ließ ihm seinen Willen. Zu verlieren hatte sie jetzt nichts mehr, denn all ihre Entscheidungen gründeten längst nicht mehr auf gesichertem Wissen, sondern nur noch auf vagen Vermutungen. Das Einzige, was ihr jetzt noch zu tun blieb, war hoffen und beten.
    Das heftige Schneetreiben ließ ganz plötzlich nach. Für einige Minuten rieselten noch Schneeflocken herab, dann hörte auch das auf, und es wurde still, denn der Wind legte sich ebenfalls. Nur die eisige, alles durchdringende Kälte blieb. Und dann riss sogar der Nachthimmel über ihnen auf. Hier und da fiel ein wenig Mondlicht durch die Löcher in der auseinander brechenden Wolkendecke. Der Lichtschein war zwar weit davon entfernt, die Landschaft so zu erleuchten wie in einer wolkenlosen, sternklaren Nacht. Aber er genügte doch, um Becky die Orientierung erheblich leichter zu machen.
    Als sie wenig später links vor sich so etwas wie eine schneebedeckte Mauer ausmachte, die gut sechzig Fuß lang und gebogen wie eine Sichel aus dem Boden aufragte, hätte sie um ein Haar einen lauten Jubelschrei ausgestoßen. Denn das war ohne jeden Zweifel die lang gestreckte Dornenhecke, die sich zwischen einem Teich namens Jubilea’s Pond und der Landstraße erstreckte! Damit befanden sie sich in einem Gelände, das gerade mal zehn, fünfzehn Minuten vom Gehöft entfernt lag und ihr recht gut vertraut war. Und dort hinten zeichnete sich auch schon die nadelähnliche Silhouette der einst mächtigen Pappel ab, die im letzten Frühjahr während eines Unwetters vom Blitz getroffen worden war! Dabei hatte sie ihre Krone verloren und nun wirkte der gesplitterte Stamm wie ein riesiger, verkohlter Pfahl.
    »Gleich haben wir es geschafft!«, rief Becky, und ihre Stimme zitterte vor Erschöpfung, aber auch vor unsäglicher Erlösung und Dankbarkeit, dass Sammy auf seinem Weg bestanden hatte. Gut möglich, dass er ihnen damit das Leben

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