Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
Vom Netzwerk:
er ihr mit kraftloser Stimme bei.
    Nie sollte Becky das Bild vergessen, als ihr Vater sich nun neben den Leichnam der Mutter kniete, sich bekreuzigte und ihr dann den Trauring vom Finger zog. Anschließend nahm er seinen eigenen Ring ab und legte ihn dazu. »Viel werden sie ja nicht bringen«, murmelte er fast entschuldigend, »aber für den Leihsarg wird es wohl reichen.«
    Die Beerdigung war kurz und nicht sehr feierlich und von den Nachbarn kam gerade mal eine Hand voll. Aber Becky tröstete sich in ihrem Kummer damit, dass es zumindest eine richtige Beerdigung war und dass der Priester es nicht gar zu eilig hatte, wieder ins Trockene und Warme zu kommen. Er sprach einige Gebete und sprenkelte sogar noch Weihwasser ins Grab, nachdem der hohlwangige Friedhofsgehilfe den Hebel vom Leihsarg umgelegt hatte und die in einfaches Sackleinen gewickelte Leiche der Mutter aus der Bodenöffnung mit einem dumpfen, schmatzenden Laut in die regennasse Grube gefallen war.
    Daniel weinte ununterbrochen, und seine schmalen Schultern zuckten in einem fort unter Beckys Arm, den sie um ihn gelegt hatte. Der Vater stand neben ihnen, aber die fast zwei Schritt breite Lücke zwischen ihnen gab ein beredetes Zeugnis davon, wie es um ihr Verhältnis bestellt war.
    »Er hat Mom auf dem Gewissen!… Er hat sie umgebracht!«, stieß Daniel nach der Beerdigung mit tränenerstickter, aber hasserfüllter Stimme hervor, als der Vater mit hastigen und weit ausgreifenden Schritten fast fluchtartig davonstampfte.
    »Daniel, um Gottes willen!«
    »Er hat Mom umgebracht!… Und wir haben es zugelassen!« Anklagend richtete er seinen ausgestreckten Arm auf den Rücken des Vaters.
    »Das ist nicht wahr!«, widersprach Becky, die ihre eigenen Tränen salzig auf ihren Lippen schmeckte.
    »Und ob es wahr ist!«, rief Daiel, und der Hass, der in ihm brodelte, verwandelte sein Kindergesicht in eine verzerrte Fratze. »Er hat sie blutig geprügelt! Blindlings hat er mit den Fäusten auf sie eingeschlagen! Auch dann noch, als sie schon am Boden lag! Wie ein Tollwütiger, wie eine Bestie ist er über sie hergefallen! Und das hat ihr eine Woche später den Tod gebracht!«
    »Hör sofort auf damit!«, wies Becky ihn zurecht.
    »Nein, ich denke nicht daran! Ich werde es allen erzählen! Er ist ein Mörder!… Ja, das ist unser Vater: ein verfluchter Mörder! Ich hasse ihn, und ich wünschte, er wäre tot und irgendwo auf Potter’s Field...«
    Becky versetzte ihm eine Ohrfeige, nicht sehr kräftig, aber doch schmerzhaft genug, um ihn erschrocken zusammenfahren zu lassen. »Reiß dich zusammen, Daniel! Und so etwas Hässliches sagst du nicht noch einmal!«, herrschte sie ihn an. »Weder in meiner Gegenwart noch sonst wo! Wenn du dich nicht daran hältst, wirst du es mit mir zu tun bekommen. Und was dir dann blüht, wird dir gar nicht gefallen! Hast du mich verstanden?«
    Verstört sah Daniel sie an. »Wie kannst du nur?… Du… nimmst ihn in Schutz?«, stieß er hervor und rieb sich die schmerzende Wange. »Das hätte ich nie von dir gedacht!«
    »Ich nehme ihn überhaupt nicht in Schutz, Daniel! Es ist unverzeihlich, was er Mom angetan hat... und zwar nicht nur das von letzter Woche. Dafür verabscheue ich ihn, aber er ist unser Vater... und er ist vor allem kein Mörder«, erwiderte Becky mit Nachdruck und gegen die Tränen ankämpfend, die wieder in ihre Augen schießen wollten.
    »Aber...«
    »Nein, kein Aber!«, fuhr sie ihm ins Wort. Sie glaubte zu wissen und nur allzu gut nachempfinden zu können, was in diesen Tagen in ihrem kleinen Bruder vorging. Denn auch ihr setzten Schmerz und Verzweiflung über den plötzlichen Tod der Mutter sehr zu. Aber sie würde nicht zulassen, dass Daniel sich in einen blinden Hass auf den Vater vergrub und ihm die Schuld an allem Unglück gab. Sie wollte nicht, dass er so wurde wie der Vater, der sich vor den Tiefschlägen des Schicksals in eine maßlose, zerstörerische Wut auf alles und jeden geflüchtet und schließlich auch noch die Mutter und sie beide für ihre Not verantwortlich gemacht hatte. »Höre mir bitte genau zu, Daniel! Mom ist nicht an den Schlägen, sondern an einem plötzlichen Blutsturz gestorben. Du hast gehört, was der Leichenbeschauer gesagt hat! Sie hat die Schwindsucht gehabt. Also verdreh nicht die Tatsachen, damit du nun für alles Unglück einen Sündenbock hast und den Vater jetzt auch noch für Moms Tod verantwortlich machen kannst!… Das wäre so schändlich wie das, was er sich auf sein

Weitere Kostenlose Bücher