Befehl von oben
Nachbehandlungen«, sagte sie zu ihm. Na, wenigstens konnte sie während des Fluges schon etwas Papierkram erledigen. Das war doch ganz geschickt.
»Ich weiß. Wir haben mit Professor Katz verabredet, uns auf dem laufenden zu halten – so können wir uns Ihrem Tageskalender besser anpassen«, erklärte Altman.
»Überprüfen Sie auch meine Patienten?« fragte Cathy Scherzes halber.
»Ja. Krankenhausberichte liefern Namen, Sozialversicherungsnummern und Geburtstage. Wir führen NCIC-Checks durch und Checks gegen unsere eigene Liste von – na, von Leuten, auf die wir ein Auge haben.«
Der Blick, den die Erklärung hervorrief, war nicht gerade freundlich, doch Altman nahm ihn nicht persönlich. Sie gingen zurück ins Gebäude und ein paar Minuten später wieder hinaus zum wartenden Hubschrauber. Neue Kameras waren postiert worden, wie Cathy bemerkte, um das Ereignis festzuhalten, als Colonel Hank Goodman die Motoren zündete.
In der Einsatzzentrale des US Secret Service, ein paar Blocks entfernt, gab es Veränderungen an der Schautafel. POTUS (President of the United States) wurde auf dem roten LED-Display angezeigt als im White House. FLOTUS (First Lady of the United States) wurde angezeigt als unterwegs. SHADOW, SHORTSTOP und SANDBOX wurden auf einer anderen Tafel dargestellt. Dieselbe Information wurde über sichere digitale Funkverbindung an Andrea Price übermittelt, die vor dem Oval Office saß und die Zeitung las. Weitere Agenten befanden sich bereits in der St. Mary's Catholic School und im Giant Steps Day Care Center, beide in der Nähe von Annapolis, sowie im Johns Hopkins Hospital. Die Maryland State Police wußte, daß die Ryan-Kinder die US-Route 50 entlangrollten, und hatten entlang der Fahrtroute weitere Polizeiautos postiert, um Polizeipräsenz zu demonstrieren. Im Augenblick folgte SURGEONS Marine-Helikopter ein zweiter, und ein dritter, mit einem Team schwerbewaffneter Agenten an Bord, hielt Schritt mit den drei Kindern. Wenn ein ernsthafter Attentäter unterwegs wäre, würde er die unverhohlene Zurschaustellung der Kräfte sicher nicht übersehen. Die Agenten in den fahrenden Autos waren im üblichen Bereitschaftsgrad, hielten Ausschau nach Autos, die zu oft auftauchten. Als solche unkenntliche Wagen des Secret Service fuhren einzeln umher und taten dasselbe in der Rolle normaler Pendler. Die Ryans würden nie wirklich wissen, wie viele Sicherheitskräfte sie umschwärmten, es sei denn, sie fragten danach.
Ein normaler Tag hatte begonnen.
*
Es half kein Verleugnen mehr. Sie brauchte auch Dr. Moudi nicht, um es zu wissen. Die Kopfschmerzen waren stärker geworden, die Erschöpfung schlimmer. Genau wie beim kleinen Benedikt Mkusa, hatte sie gedacht, dann aber gehofft, es wäre ein Wiederaufbrechen ihrer alten Malaria; das erstemal, daß sie je einen solchen Gedanken gehegt hatte.
Aber dann waren die Schmerzen gekommen, nicht in den Gelenken, sondern vor allem im Magen, und das war wie das Betrachten einer nahenden Wetterfront, gewaltige weißen Wolken, die ein mächtiges Gewitter mit sich brachten, und ihr blieb nichts anderes übrig, als zu warten und zu fürchten, was weiter kam, denn sie wußte genau, was es sein würde. Ein Teil von ihr wollte es immer noch nicht wahrhaben, und der andere Teil versuchte, sich in Gebete und in den Glauben zu flüchten, doch das war wie beim Horrorfilm-Besucher: Gesicht mit schützenden Händen bedeckt, linsten die Augen verstohlen zwischen Fingern, um zu sehen, was kam.
Der Brechreiz wurde immer stärker, und bald würde sie auch nicht mehr in der Lage sein, ihn mit ihrem Willen unter Kontrolle zu halten, so stark der auch war.
Sie lag in einem der wenigen Privatzimmer des Hospitals. Draußen strahlte die Sonne, der Himmel war klar, ein herrlicher Tag in der nicht enden wollenden afrikanischen Frühling-Sommer-Jahreszeit. An ihrem Bett war ein IV-Ständer, es lief sterile Kochsalzlösung in ihren Arm, zusammen mit einem milden Analgetikum und ein paar Nährstoffen, um ihren Körper zu stärken, doch in Wirklichkeit war es nur ein Wartespiel. Schwester Jean Baptiste konnte wenig tun außer warten. Ihr Körper war schlapp vor Erschöpfung und so schmerzerfüllt, daß es einer Anstrengung von mehr als einer Minute bedurfte, den Kopf zu drehen, um die Blumen draußen vor dem Fenster zu sehen. Die erste massive Woge von Brechreiz kam fast überraschend, und irgendwie gelang es ihr doch, die Brechschale zu greifen. Sie war immer noch Krankenschwester genug
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