Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
über die Donner während seines Berufslebens berichtet hatte, bis zurück zu seinem ersten Job als Hospitant in Des Moines, wo seine Arbeit einen Verwaltungsbeamten ins Gefängnis gebracht hatte. Dadurch war Donner den Fernsehredakteuren aufgefallen. Politiker. Donner berichtete über alles Mögliche von Lawinen bis Kriegen, aber Politiker hatte er sowohl beruflich wie hobbymäßig studiert.
    Sie waren doch alle gleich. Am richtigen Ort zur richtigen Zeit hatten sie alle ihre Programme parat. Wenn er irgend etwas gelernt hatte, dann das. Donner blickte aus dem Fenster, hob den Hörer mit einer Hand ab, während er mit der anderen seine Rollkartei durchblätterte.
    »Ed, hier ist Tom. Wie gut sind eigentlich diese Quellen, und wie schnell kann ich Sie treffen?« Das Lächeln am anderen Ende der Leitung konnte er nicht hören.
    *
    Sohaila saß schon wieder. Solche Situationen schufen eine Erleichterung, die den jungen Arzt stets auf neue ergriff. Die Medizin war der forderndste Beruf, glaubte MacGregor. In mehr oder weniger höherem Maß würfelte er jeden Tag mit dem Tod. Jeder von ihm behandelte Patient trug den Feind in sich oder um sich, und seine Aufgabe als Arzt bestand darin, ihn ausfindig zu machen und zu vernichten, und der Sieg war am Gesicht des Patienten abzulesen, und jeder war ein Genuß.
    Sohaila fühlte sich noch nicht wohl, aber das würde vorbeigehen. Sie war auf Flüssigkeiten gesetzt und behielt sie bei sich. Schwächer als jetzt würde sie nicht mehr werden. Ihre Temperatur war wieder unten. Alle Lebensfunktionen waren entweder stabilisiert oder bewegten sich auf den Normalzustand zu. Das war ein Sieg. Wann alles gutging, würde sie groß werden, spielen und lernen, heiraten und eigene Kinder haben.
    Aber es war ein Sieg, den MacGregor nicht ganz für sich verbuchen konnte. Seine Betreuung des Kindes war bloß unterstützend, nicht heilend gewesen. Hatte das geholfen? Möglicherweise, sagte er sich. Man konnte nicht wissen, wo die Grenze lag zwischen dem, was von selbst geschehen wäre, und dem, was wirklich geholfen hatte. Die Medizin wäre weiter, wenn Ärzte so tief sehen könnten, aber das traf nicht zu und würde es wohl nie. Hätte er sie nicht behandelt – nun, es hätte die Hitze oder die Austrocknung oder ein Sekundärinfekt sein können. Leute starben so oft, nicht an der Primärkrankheit, sondern an anderen Faktoren, die den geschwächten Körper angriffen. Also, ja, er würde es sich zuschreiben; um so schöner, daß ein reizendes, hübsches kleines Mädchen gerettet war, die bald wieder lächeln könnte. MacGregor maß ihren Puls, spürte wie jedesmal mit Freuden die Berührung mit dem Patienten und den fernen Kontakt mit einem Herzen, das in einer Woche auch noch schlagen würde. Während er ihr zusah, schlief sie ein.
    Sanft legte er ihre Hand auf das Bett und drehte sich um.
    »Ihre Tochter wird sich völlig erholen«, sagte er den Eltern, womit er in sechs leisen Worte und einem herzlichen Lächeln ihre Hoffnung bestätigte und ihre Ängste zerstreute.
    Die Mutter japste wie nach einem heftigen Schlag und sperrte den Mund auf, und Tränen strömten ihr aus den Augen, während sie die Hände vors Gesicht schlug. Der Vater nahm die Neuigkeit in vermeintlich männlicher Art auf, mit ausdruckslosem Gesicht – doch seine Augen entspannten sich und blickten erleichtert zur Decke. Dann packte er die Hand des Arztes, und seine dunklen Augen richteten sich eindringlich auf MacGregor.
    »Das werde ich nicht vergessen«, sagte ihm der General.
    Dann war es Zeit, nach Saleh zu sehen, was er bewußt hinausgezögert hatte. MacGregor verließ das Zimmer und schritt über den Flur.
    Draußen wechselte er die Kleidung; drinnen sah er eine Niederlage. Der Mann war fixiert. Die Krankheit war ins Gehirn vorgedrungen. Demenz war auch ein Symptom von Ebola, sogar ein gnädiges. Salehs Augen waren leer und starrten zu den Wasserflecken an der Decke. Die diensttuende Schwester gab ihm das Krankenblatt, das durchweg schlechte Neuigkeiten enthielt. MacGregor überflog es, verzog das Gesicht und schrieb eine Anweisung aus, die Morphiuminfusion zu erhöhen. Unterstützende Pflege hatte in diesem Fall nicht das geringste ausgerichtet.
    Ein Gewinn, ein Verlust, und wenn er hätte wählen können, wer gerettet und wer verlorengehen mußte, hätte er die Geschichte genau so verfaßt, denn Saleh war erwachsen und hatte gewissermaßen schon ein Leben hinter sich. Aber er hatte nur noch fünf Tage vor sich, und

Weitere Kostenlose Bücher