Befehl von oben
bekommen, aber die hat er sich weiß Gott verdient.«
Donner bemerkte Einzelheiten und erkannte ein weiteres Gesicht.
Das war todsicher nicht gefälscht. Dafür gab es auch Regeln. Wenn jemand einen Reporter anlog, ließ es sich unschwer so einrichten, daß die richtigen Leute erfuhren, wer gegen das Gesetz verstoßen hatte – schlimmer noch, die Person wurde zum Ziel, und die Medien waren auf ihre Art grausamere Strafverfolger, als irgendwer im Justizministerium es sich je träumen durfte. Das Rechtssystem verlangte ja ein ordentliches Strafverfahren.
»Okay«, sagte der Journalist. Der erste Satz Fotos wanderte wieder in die Mappe. Eine weitere Mappe tauchte auf und aus ihr wieder ein Bild.
»Erkennen Sie den Typen?«
»Er war – Augenblick mal. Gera-noch-was. Er war …«
»Nikolaj Gerasimow. Der Vorsitzende des alten KGB.«
»Der bei einem Flugzeugabsturz umkam damals 19 …«
Wieder wurde ein Foto vorgelegt. Das Subjekt war älter, grauer und sah viel wohlhabender aus. »Das Bild wurde vor zwei Jahren in Winchester, Virginia, aufgenommen. Ryan flog nach Moskau, unter dem Deckmantel eines Beraters bei den START-Gesprächen. Er hat Gerasimow losgeeist. Niemand weiß genau, wie. Auch dessen Frau und Tochter kamen raus. Der Schlag wurde direkt aus Judge Moores Büro geführt.
Ryan hat viel so gearbeitet, war nie echt ins System eingebunden. Ryan weiß – na, schauen Sie, das müssen wir ihm zugute halten, er ist ein verdammt schlauer Spook. Er arbeitete vermutlich direkt für Jim Greer im Directorate of Intelligence, nicht im Directorate of Operations. Doppelte Deckung. Ryan hat bei seinen Unternehmen nie Fehler gemacht, soweit ich weiß, aber ein Grund dafür ist, daß er ein gnadenloser Hund ist. Effektiv, ja, aber gnadenlos. Er hat, wann immer er wollte, die ganze Bürokratie ausgeschaltet. Er macht es jedesmal auf seine Weise, und wer ihm in die Quere kam – na ja, einen toten Russen von der Roten Oktober haben wir begraben und eine ganze U-Boot-Crew vor den Karolinen, um das Unternehmen geheimzuhalten. Bei dem hier bin ich mir nicht sicher. Nichts in der Akte, aber die Akte hat viele Leerstellen. Wie Frau und Tochter herausgekommen sind, steht nicht drin. Darüber sind mir nur Gerüchte zu Ohren gekommen, und die sind recht dürftig.«
»Verdammt, ich wünschte, ich hätt' das ein paar Stunden früher gehabt.«
»Er hat Sie eingewickelt, nicht wahr?« Diese Frage kam von Ed Kealty über die Lautsprechanlage.
»Ich kenne das Problem«, sagte der CIA-Beamte. »Ryan ist aalglatt.
Er hat im CIA eine Kür aufs Eis gelegt wie Dorothy Hamill in Innsbruck, das aber jahrelang. Der Kongreß schätzt ihn. Warum? Er stellt sich als der geradlinigste Kerl seit Abe Lincoln dar. Bloß hat er Leute umgebracht.« Der Informant hieß Paul Webb und war höherer Beamter im Directorate of Intelligence, aber nicht hoch genug, um zu verhindern, daß seine ganze Abteilung wegrationalisiert wurde. Er hätte schon stellvertretender Direktor sein können, meinte Webb; er wär es, wenn Ryan sich nicht bei James Greer unverrückbar ins Ohr gesetzt hätte. So endete nun seine Karriere als Einstiegs-Oberer beim CIA, und das nahm man ihm nun auch noch weg. Er hatte seine Pensionierung vor Augen. Das konnte ihm niemand mehr nehmen – na schön, wenn bekannt würde, daß er diese Akten aus Langley geschmuggelt hatte, würde er echte Schwierigkeiten bekommen, aber vielleicht auch nicht. Was geschah den Leuten, die etwas verpfiffen? Die Medien schützten sie ganz gut, und er hatte seine Dienstzeit hinter sich, und … er mochte es einfach nicht, wegrationalisiert zu werden. Zu einer anderen Zeit hätte ihn seine Verärgerung dazu verführt, in Kontakt zu treten mit – nein, das nicht. Nicht mit dem Feind. Aber die Medien waren ja keine Feinde, oder? Das sagte er sich, obwohl er die ganze Laufbahn lang anders gedacht hatte.
»Sie sind verarscht worden, Tom«, sagte Kealty wieder über die Außenverbindung. »Willkommen im Verein. Nicht einmal ich kenn', alle seine Zaubertricks. Paul, erzähl ihm was von Kolumbien.«
»Darüber konnte ich keine Akte finden«, gestand Webb ein. »Wo immer sie ist – tja, es gibt spezielle Akten, die Datumsstempel tragen. Wie etwa 2050 frühestens. An die kommt niemand ran.«
»Wie geht denn so was?« wollte Donner wissen. »Ich hab' das schon gehört, konnte aber nie …«
»Wie sie das aus den Büchern raushalten? Das muß durch den Kongreß, ein nicht schriftlich festgelegter
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