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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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sahen strenger als gewöhnlich aus, aber nicht übermäßig. Das war ein Irrtum. Oben auf dem Finanzministerium und dem Old Executive Office Building zeigten die Geheimdienstleute, die normalerweise dort kauerten, nun stehend ihr volles Profil, während sie die Gegend mit Ferngläsern absuchten. Neben jedem Mann stand einer mit einem Gewehr. Acht Agenten befanden sich an der südlichen Umzäunung, musterten die Menschen, die vorbeigingen oder sich hier aus welchem Grund auch immer eingefunden hatten, nachdem sie die entsetzliche Nachricht gehört hatten. Die meisten waren wahrscheinlich gekommen, weil sie einen gewissen Anteil nahmen, vielleicht sogar, um für die Sicherheit der Ryans zu beten. Nach denjenigen, die etwas anderes im Sinn hatten, suchten die Agenten, sahen aber nichts Ungewöhnliches.
    Jack schnallte sich wie die anderen Familienmitglieder an. Die Motoren über ihren Köpfen fingen zu jaulen an, der Rotor drehte sich. Bei ihnen waren noch Agent Raman und ein anderer Bewacher sowie der Besatzungschef von der Marine. Der VH-3-Hubschrauber vibrierte und hob dann ab, kletterte in den Westwind, erst Richtung OEOB, dann nach Süden, dann nach Nordwesten, in schlängelnder Linie, die SAMs überlisten sollte. Die Lichtverhältnisse waren noch so, daß ein Schütze wohl ausgemacht würde – ein Paar Sekunden dauert ein SAM-Abschuß schon –, und außerdem hatte der Heli die neueste Variante von Black Hole, dem IR-Unterdrückungssystem, die Marine One zum schwierigen Ziel machte. Der Pilot – es war wieder Colonel Hank Goodman – ergriff alle gebotenen Schutzmaßnahmen.
    Hinten war's still. Ryan hing seinen Gedanken nach, seine Frau ihren.
    Die Kinder schauten aus dem Fenster, denn ein Hubschrauberflug gehört zu den aufregendsten Fortbewegungsmöglichkeiten, über die der Mensch verfügt. Selbst die kleine Katie wand sich in ihrem Sicherheitsgurt, um runterzuschauen. Der Schreckensnachmittag war durch die augenblickliche Verwunderung in den Hintergrund gedrängt. Jack drehte sich um und entschied, als er das sah, daß die kurze Aufmerksamkeitsspanne von Kindern sowohl ein Segen wie ein Fluch war. Seine Hände zitterten jetzt etwas. Ob aus Angst oder Wut, konnte er nicht sagen. Cathy sah einfach bekümmert aus, ihr Gesicht im goldenen Sonnenuntergangslicht ermattet. Ihre Abendgespräche würden nicht gerade erfreulich sein.
    Inzwischen hatte ein Wagen des Geheimdiensts Cecilia Jackson von ihrem Haus in Fort Myers abgeholt. Admiral Jackson und seine Frau bestiegen einen VH-60, in den auch ihre Reisetaschen und etwas umfangreicheres Gepäck der Ryan-Familie kamen. Das wurde von keinen Kameras aufgezeichnet. Der Präsident und seine Familie waren weg und damit auch die Kameras, während die Experten ihre Gedanken für die Abendnachrichten sammelten und den Tagesereignissen eine tiefere Bedeutung zuzumessen versuchten und zu ihren Schlußfolgerungen weit vor den Untersuchungsbeamten kamen, die erst jetzt den Rettungsteams gestatteten, die dreizehn Leichen vom Tatort wegzuschaffen. Die blitzenden Blaulichter sahen dramatisch aus, als die Fernseh-Crews eine Live-Schaltung einrichteten. Eine Crew war genau an dem Fleck, wo Movie Star das fehlgeschlagene Unternehmen beobachtet hatte.
    Er hatte sich selbstverständlich auf diese Möglichkeit vorbereitet. Er fuhr auf dem Ritchie Highway nach Norden – der Verkehr war gar nicht schlimm, weil ja die Polizei bei Giant Steps noch immer die Straße sperrte – und hatte auf dem Flughafen Baltimore-Washington sogar noch Zeit, seinen Leihwagen zurückzubringen und die British Airways 767 nach Heathrow zu erwischen. Diesmal nicht in der ersten Klasse, merkte er. Im Flugzeug gab es nur die Busineß-Klasse. Er lächelte nicht. Er hatte wirklich gehofft, daß die Entführung erfolgreich sein würde, obwohl er auch das Scheitern eingeplant hatte. Für Movie Star selbst war die Mission kein Fehlschlag. Er war noch am Leben und entkam wieder einmal.
    Bald war er in einem anderen Land, noch während die amerikanische Polizei zu ergründen suchte, ob es ein weiteres Mitglied dieser kriminellen Verschwörung gegeben hatte. Er entschied, sich ein paar Gläser Wein zu genehmigen, um nach dem stressigen Tag besser schlafen zu können. Der Gedanke, daß dies gegen seine Religion war, ließ ihn lächeln. Welcher Aspekt seines Lebens war das nicht?
    Die Sonne ging rasch unter. Bis sie über Camp David kreisten, war der Boden unten ein unebener Schatten. Der Hubschrauber ging langsam

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