Befreiung vom Schleier - wie ich mich von meinem türkischen Freund und aus der islamischen Parallelwelt lösen konnte
sich unsere Blicke trafen, verfärbte sich ihr Gesicht tiefrot, und sie zuckte entschuldigend mit den Schultern.
Eine unbändige Wut packte mich. Sie hatte tatsächlich meinen Besuch an Mahmud verraten, für Geld! Deshalb hatte sie die ganze Zeit so schuldbewusst geschaut und war auffällig nervös gewesen. Ich konnte mich nicht mehr beherrschen und spuckte vor ihr auf den Boden. Mahmud hatte währenddessen damit begonnen, mich zu beschimpfen. »Du siehst wie eine billige Schlampe aus in deinem kurzen Rock und deinem Shirt. Hast du alles vergessen, was ich dir beigebracht habe?« polterte er los, während er langsam immer näher kam.
Gott sei Dank begann mein Hirn in diesem Moment wieder zu arbeiten und ich sah mich verstohlen nach einer Fluchtmöglichkeit um. An Mahmud würde ich nicht vorbeikommen. Das war aussichtslos. Nur ein beherzter Sprung aus dem Wohnzimmerfenster, das zum Glück offen stand, konnte mich retten. Julia wohnte zwar im Erdgeschoss, dennoch würde ich ins Ungewisse springen müssen, da ich keine Ahnung hatte, was sich unter dem Fenster befand.
Wenn ich dadurch aber Mahmud entkommen konnte, wollte ich das gern in Kauf nehmen.
Bevor ich weiter über Risiken nachdachte, während Mahmud sich mir näherte, drehte ich mich rasch Richtung Fenster. Mahmud musste mein Vorhaben geahnt haben, denn er machte einen gewaltigen Satz auf mich zu. Gott sei Dank war ich aber schneller und bereits über die Fensterbank nach draußen gelangt.
Ich zögerte nur einen kurzen Moment und sprang. Direkt unter Julias Fenster befand sich eine Rosenhecke und genau in der landete ich. So schnell ich konnte, kämpfte ich mich durch die Rosen und spurtete los, ohne mich noch einmal umzusehen. Ich rannte um mein Leben. Das war mein Gefühl. Mir war natürlich klar, dass Mahmud mich verfolgen würde, und allein diese Vorstellung verlieh mir eine Schnelligkeit, wie ich sie bisher nicht gekannt hatte. Im ersten Moment hatte ich mir überlegt, auf dem direkten Weg zu meinem Auto zu laufen. Dann verwarf ich diesen Gedanken sofort wieder. Ich musste unter Menschen. In der Öffentlichkeit würde Mahmud mir nichts tun. Dafür war er einfach zu intelligent. Deshalb lief ich auf einen Supermarkt zu. Nie werde ich die Erleichterung vergessen, die ich empfand, als ich durch die Tür das Innere des Discounters erreichte. Das Licht, die Wärme und vor allem das rege Treiben der Menschen dort vermittelten mir sofort ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.
Zielstrebig begab ich mich in den hinteren Teil des Ladens, da ich dort die Kundentoilette vermutete. Mein Plan war, mich eine Weile auf der Toilette versteckt zu halten. Wenn Mahmud mich nicht fand, würde er wahrscheinlich vermuten, dass ich es bis zu meinem Auto geschafft hatte und schon längst in Richtung Heimat unterwegs wäre.
Ich schloss erschöpft die Toilettentür hinter mir ab und ließ mich völlig fertig auf das WC sinken. Meine Lungen brannten, mein Herz raste und meine Schläfe pochten. Ich hätte mich ohrfeigen können für die schwachsinnige Idee, Julia zu besuchen. Ich war mir so sicher gewesen, mich mit diesem Besuch in keinerlei Gefahr zu begeben. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie sich von Mahmud hatte kaufen lassen. Ich hatte keinerlei Anhaltspunkte dafür gehabt, ihr nicht vertrauen zu können. Wahrscheinlich war auch sie es gewesen, die Mahmud meine Telefonnummer gegeben hatte, als ich die anonymen Anrufe erhielt. Zum Glück hatte ich Julia meine neue Adresse nicht gegeben, sonst würde Mahmud wahrscheinlich bei meiner Rückkehr schon vor der Tür auf mich warten.
Ich weiß nicht, wie lange ich in dieser Toilette saß, bis ich mich traute, in den Supermarkt zurückzukehren. Ich beobachtete alles sehr genau, und als ich mir zu einhundert Prozent sicher war, dass Mahmud es nicht geschafft hatte, mir zu folgen, verließ ich schließlich mit pochendem Herzen den Laden und eilte schnellen Schrittes zu meinem Auto. Erst nachdem ich mich schon eine ganze Weile auf der Autobahn befunden hatte, beruhigte ich mich langsam wieder.
4. Kapitel
Nachricht von Petra
M it zitternden Händen ließ ich den Brief sinken, den ich gerade aus dem Briefkasten geholt und gelesen hatte … Mit einem Schlag waren alle Erinnerungen, die ich die vergangenen Jahre so sorgsam in die hinterste Ecke meines Gedächtnisses verbannt hatte, wieder da.
Meine Gedanken wanderten fast sieben Jahre zurück zu dem Tag, an dem mir Mahmud das erste Mal begegnet war. In dieser Zeit lernte ich
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