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Befreiung vom Überfluss: Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie (German Edition)

Befreiung vom Überfluss: Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie (German Edition)

Titel: Befreiung vom Überfluss: Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niko Paech
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als »Fortschritt« gefeiert. Letzterer verweist auf die heldenhaften Leistungen der Spezies Mensch, die sich einst unter Vorgriff auf Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Urschleim gezogen hat, um sich fortwährend durch Fleiß, Erfindungsreichtum und überlegene Intelligenz eine perfekte Welt zu basteln. Wie schlüssig ist dieses Fortschrittsmärchen?
    Die Frage nach Fortschritt und Wohlstand bildet den Gegenstand vieler moderner Erzählungen. Zu den wichtigsten Autoren zählen unter anderem Quesnay, Smith, Ricardo, Marx und Schumpeter. Dabei fällt der Erstgenannte etwas aus der Reihe, denn als Vertreter der sogenannten »Physiokraten« versuchte er darzulegen, dass jeder materielle Wohlstand den nicht vermehrbaren physischen Ressourcen (insbesondere dem Boden) entstammt. Die Aussicht auf beliebig zu steigernde Produktionsmengen fällt demnach bescheiden aus, es sei denn, die physischen Grundlagen würden im Sinne eines Strohfeuers binnen kurzer Zeit geplündert. Im Gegensatz dazu können die anderen Autoren als frühe Interpreten einer Fortschrittsarie angesehen werden, auf die nun der Blick gerichtet werden soll.

Effizienzmythos I:
Industrielle Arbeitsteilung und Marktwirtschaft
    Während Adam Smith und David Ricardo bereits in der zweiten Hälfte des 18. und im beginnenden 19.Jahrhundert die Effizienzeigenschaften industrieller Arbeitsteilung hervorhoben, die sich mittels marktwirtschaftlicher Koordination entfesseln lassen, befasste sich Joseph Schumpeter mit technischem Fortschritt, der sich unter anderem produktivitätssteigernd auswirkt. Beide Vorgänge schließen sich nicht aus, sondern bilden in ihrer Synergie das Fundament stetigen Güterwachstums. Arbeitsteilung im überregionalen Maßstab erlaubt die Abschöpfung komparativer Kostenvorteile und deren Umwandlung in zusätzlichen Output. Seit Smith und Ricardo wird diese Transformation stets getreu desselben Schemas erklärt: Wenn ein bestimmter Produktionsvorgang in möglichst viele isolierte Teilprozesse zerlegt wird, auf die sich einzelne Marktakteure entsprechend ihrer Stärken konzentrieren, kann insgesamt mehr produziert werden als ohne Spezialisierung.
    Diese Arbeitsteilung muss über Märkte koordiniert werden. Das Tauschmedium Geld sorgt dafür, dass alle einzelnen Teilprozesse und Ressourcenumwandlungen dorthin verlagert werden, wo deren Kosten minimal sind. Derartige Spezialisierungsvorzüge speisen sich aus Lerneffekten, Kernkompetenzen, Standortvorteilen, besonderen Ressourcenausstattungen oder daraus, dass sich die fixen Kosten einer Produktionsstätte auf eine höhere Ausbringungsmenge verteilen lassen. Dieser Übergang wird gemeinhin als Effizienzerhöhung bezeichnet. Das hieße laut Definition, dass eine bestimmte Produktionsmenge mit geringerem Ressourcenaufwand oder eine höhere Produktionsmenge mit dem bisherigen Ressourcenaufwand erzielt wird. Der Wohlstandszuwachs würde sich demnach nicht aus vermehrtem Materialeinsatz speisen, sondern vielmehr daraus, dass dieser einfach »klüger«, also effizienter verwendet wird. Hoch ausgebildete Arbeitnehmer, bessere Organisationsprinzipien, technisches Wissen und vor allem die Steuerung über Märkte tragen so auf wundersame, anscheinend immaterielle Weise dazu bei, aus vorhandenen Ressourcenbeständen mehr zu schöpfen.
    Aber ist es wirklich dasselbe quantitative Niveau an physischen Ressourcen, das während der vergangenen Jahrzehnte lediglich auf »effizientere« Weise genutzt wurde, um daraus einen permanent wachsenden Output an Gütern herzustellen? Tatsächlich setzt die Outputsteigerung mit Hilfe spezialisierter Arbeitsteilung weitaus mehr voraus als pures Optimieren, nämlich die Überwindung von Raum und Zeit. Denn würden die Spezialisierungsvorteile innerhalb eines begrenzten räumlichen Radius ausgeschöpft, müsste dieser Prozess bald zum Erliegen kommen. Erstens würde die Nachfrage nicht ausreichen, um jene Ausbringungsmengen zu absorbieren, die überhaupt erst kostensenkende Effekte der spezialisierten Produktionsstätten ermöglichen. Zweitens wären in einem begrenzten System bald alle verwertbaren Spezialisierungsvorteile ausgeschöpft. Beide Hindernisse lassen sich nur bei fortwährend gesteigerter räumlicher und zeitlicher Entgrenzung der arbeitsteiligen Verflechtungen und Handelsbeziehungen überwinden.
    Angenommen, die Bürger einer kleinen Stadt würden sich zunächst selbst versorgen, also jeweils ihr eigenes Brot, eigene Textilien, Schuhe, Möbel etc.

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