Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Begegnung im Schatten

Begegnung im Schatten

Titel: Begegnung im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
wenig, selbstgefällig – so als wollte er sagen: ,Na, so was weiß man doch!’ „Sumpf, Moor, Wald, Riesenfarne, eine üppige Vegetation eben. Da hinein ist es vermutlich gestürzt, wurde von den Gewächsen überwuchert, dann ist das Ganze von Sanden und Tonen überdeckt worden, und allmählich… Na, vom Inkohlungsprozess haben wir ja in der Schule gehört.“
    Die meisten nickten, wobei unklar blieb, ob sie der Schilderung des vermeintlichen Vorgangs zustimmten oder sich tatsächlich des verflossenen Lehrstoffs erinnerten.
    „Aber wieso ,gestürzt’?“, fragte der Landrat.
    „Sehen Sie!“ Der Tagebauleiter trat an den Kohlestoß und umschrieb mit langgestreckten Armen und verbogenem Körper die Höhlung. „Es ist schräg, steil, kann man schon sagen, aufgeschlagen, in den Boden gedrungen und stak so drin.“
    „Dann ist hier also vorn.“ Fritz Hegemeister rief es. Er war mit raschen Schritten an das Objekt getreten und tatschte auf das Blech, dort wo es keilig, wie stromlinienförmig auslief und wo es die Schneidzähne des Schaufelrades angeritzt hatten.
    Alle Köpfe drehten sich ihm zu, um sich sogleich wieder dem Tagebauleiter zuzuwenden, der in seiner Mutmaßung fortfuhr: „Wenn es nämlich nicht abgestürzt, sondern normal gelandet wäre, dann hätte es eine definierte Lage einnehmen müssen, entweder senkrecht – aber nicht auf der Spitze – oder waagrecht, niemals aber so, wie wir es gefunden haben.“
    In der Runde herrschte zustimmendes Schweigen.
    „Naja“, bemerkte dann der Schichtleiter. „Es könnte auch nachträglich verdrückt worden sein, während der Eiszeit. Zum Beispiel ist der Muskauer Faltenbogen…“
    „Kollege Klaub, Sie sehen doch, dass wir hier eine völlig ungestörte horizontale Ablagerung sowohl des Flözes als auch der Deckschichten haben. Also!“ Es klang ziemlich zurechtweisend, wie der Vorgesetzte das sagte.
    Dann sprach Hartmann aus, was in all den Köpfen längst, von Anbeginn an, umging: „Die Erde hatte also vor zehn Millionen Jahren…“
    „Hat!“, unterbrach die Vorsteherin des Umweltamtes.
    Hartmann blickte vorwurfsvoll mit gerunzelter Stirn voller Unverständnis auf die Ruferin.
    „Ja“, rechtfertigte sie sich und sah von einem zum andern. Sie zeigte auf den Shuttle. „Er ist ja noch da, der Besuch!“ Sie lächelte.
    „Na gut – wenn man es so sieht.“ Hartmann nahm seinen Faden wieder auf. „Vor zehn Millionen Jahren also ist das eingetreten, wovon wohl jeder Mensch träumt. Sie waren hier, die Außerirdischen und…“, er blickte auf die Umweltdame, „haben uns das hier hinterlassen.“ Er wies seinerseits auf das Fluggerät.
    „Wahrscheinlich unfreiwillig, aus Versehen oder – ein Unfall…“, murmelte der Landrat dazwischen.
    „Da könnten… Da sind noch welche drin! Meine Güte – vielleicht mumifiziert, gut erhalten.“ Die Stimme der Dame überschlug sich. Sie war einen Schritt vorgetreten und fuchtelte mit den Armen.
    „Wie dem auch sei“, fuhr Hartmann unbeeindruckt fort. „Es ist eine Sensation, etwas Unerhörtes. Hier müssen Fachleute her, Physiker, Anthropologen. Ich schlage vor…“
    „Nicht hierher!“, unterbrach der Hauptgeschäftsführer. „Schließlich muss trotz allem der Betrieb weitergehen. Ich erkläre mich bereit, vorübergehend den Abbau in diesem Bereich einzustellen, bis, bis die Höhle untersucht ist. Den Shuttle aber schaffen wir aus dem Bau!“
    „Aber…“, warf Hartmann ein. Er wurde jedoch sofort schroff unterbrochen:
    „Das verantworte ich. Schließlich sehe ich nicht, dass bei einem sorgsamen Transport etwas passieren könnte. Also – Kollege Sagros“, er wandte sich an den Tagebauleiter, „bereiten Sie das vor. Wählen Sie einen Platz aus, der nicht jedermann zugänglich ist. Und Sie bitte ich“, er blickte in die Runde, „vorerst Stillschweigen zu wahren. Natürlich wird die Öffentlichkeit informiert werden, aber das sollten wir den Fachexperten überlassen, die ich unverzüglich einbeziehen werde.“ Dann setzt er leise hinzu, so, als spräche er zu sich selbst: „Es ist ungeheuerlich!“ – Der Diensthabende der Nachtwache drückte auf die Taste und holte das Bild der hinteren Hofkamera zurück auf den Schirm. ,Dieser große helle Komplex dort… Wo, zum Teufel kommt der plötzlich her?’ Er erinnerte sich genau: In der vorigen Nacht war da weiter nichts als der Maschinenfriedhof.
    Er betätigte den Zoom: Kein Zweifel: ein großes helles Zelt stand mitten auf dem ebenen freien

Weitere Kostenlose Bücher