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Der kleine Nadomir

Der kleine Nadomir

Titel: Der kleine Nadomir Kostenlos Bücher Online Lesen
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Neal Davenport
    DER KLEINE NADOMIR
    Die zehn vermummten Gestalten hockten hinter einigen gewaltigen Felsbrocken, die ihnen Schutz vor dem beißenden Wind boten. Seit Mittag warteten sie. Da hatten sie drei Pferde entdeckt, die auf sie zukamen.
    Einige hatten die Wartezeit verschlafen, andere hatten den länger werdenden Schatten zugeschaut, die nun vom fahlen Abendlicht verwischt wurden. Bald würde es dunkel sein.
    Tordo stand langsam auf. Er war zwanzig Winter alt und einer der geschicktesten Jäger des Stammes.
    Die Sommerjagd war für den Stamm sehr schlecht gewesen. Die großen Herden der Wisente und Pferde waren ausgeblieben. Der Jagdzauber ihres Schamanen-Häuptlings Chwum war vergangenes Jahr noch mächtig gewesen. Da hatten sie genügend Vorräte für den harten Winter anlegen können. Doch seit Chwum krank geworden war, hatte alles Glück den Stamm verlassen. Seine Angaben, wo sich die Herden sammeln würden, hatten nicht gestimmt. Meist waren sie ohne Beute zurückgekehrt, und sie hatten sich von Beeren und Wurzeln ernähren müssen - unwürdig für Jäger. Oft genug war Tordo mit knurrendem Magen unter die Felldecken gekrochen.
    Auch jetzt war Tordo hungrig. Vor zwei Tagen waren sie heruntergestiegen in die tieferen Regionen der Bergwelt, doch auch hier war ihnen das Unglück treu geblieben. Sie fanden kein jagdbares Wild. Außer ein paar Schneeziegen und Wölfen hatten sie überhaupt keine Tiere gesehen.
    Tordo duckte sich und blickte in das Tal, das sich in zahlreichen Windungen zwischen bewaldeten Hügeln genau auf sie zu erstreckte.
    Die drei Pferde waren nun ganz deutlich zu sehen. Auf zweien saßen Männer, das dritte war hoch bepackt. Die Reiter zügelten die Pferde, und einer sagte etwas zum anderen. Schließlich stiegen sie ab und verschwanden hinter ein paar hohen Felsen.
    Tordos Erfahrungen mit Menschen aus der Ebene waren gering. Die Flachlandbewohner mieden das Bergland. Nur selten bekamen die Chereber, wie sich sein Stamm nannte, einen Fremden zu Gesicht. Üblicherweise lebte sein Stamm in den unwirtlichen Gletschergebieten, die sie nur zur Jagd verließen.
    Ihr Fleischvorrat, den sie im Gletscher versteckt hatten, würde nicht für den ganzen Winter reichen. Chwum lag im Sterben, und dunkle Wolken hingen über den Cherebern. Die junge Olinga, die als einzige des Stammes über magische Fähigkeiten verfügte, war aber noch nicht soweit, den Stamm zu führen. Daher kamen ihnen die Pferde gerade recht. Sie bedeuteten Nahrung für die paar Tage, die sie benötigten, um ihr Winterlager zu erreichen. Tordo vermutete, dass sich die zwei Männer ein Lager für die Nacht suchen würden. Vermutlich würden sie eine der vielen leeren Höhlen dazu benützen, um sich und die Pferde zu schützen. Es würde für ihn und seine Männer nicht schwierig sein, sie zu töten und die Pferde zu erbeuten.
    Es begann zu schneien. Der Wind war schwächer geworden. Es war kalt, aber an diese Kälte waren die Männer gewöhnt. Über der Leibwäsche aus Entenbälgen trugen sie enganliegende Anzüge aus Wisenthaut mit der Fellseite nach außen. Darüber Umhänge aus Bären- oder Höhlenlöwenfellen, an denen sich noch die Köpfe der Tiere befanden, die sie sich, falls es besonders kalt wurde, über den Kopf stülpen konnten. Die Beine steckten in hohen Fellstiefeln, die mit Moos gefüllt waren, um die Innenseite trocken zu halten.
    Tordo griff nach seinem mannshohen Speer. Die Spitze bestand aus zugeschlagenem Feuerstein, der Schaft aus Holz. Er schob sich den Bärenkopf über den Kopf, dann stieß er ein tiefes Brummen aus.
    Die Männer erhoben sich rasch. Worte waren nicht notwendig. Tordo hob den Speer hoch und stapfte an den Felsen vorbei. Die Männer folgten ihm. Im schwindenden Tageslicht stiegen sie geräuschlos ins Tal hinunter.
    Tordo war sicher, dass es nicht schwierig sein würde, die beiden Männer zu finden. Sicherlich würden sie ein Feuer entfachen, und der Rauch würde sie hinführen.
    *
    Sadagar fühlte sich einsam. Daran konnte auch Nottrs Nähe nichts ändern, der neben ihm ritt.
    Vor ihnen erhoben sich die Götterberge, deren Gipfel von den tief hängenden Wolken verborgen wurden. Rechts war die Sonne nur als verwaschener Fleck zu erkennen, der keine Wärme spendete. Es war unheimlich still. Die einzigen Geräusche waren das gelegentliche Schnauben der Pferde und das gleichmäßige Trommeln der Hufe auf dem gefrorenen Boden.
    Sadagar wandte den Blick. Das Packpferd folgte willig. Nottr saß mit

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