Begegnung im Schatten
Apotheker auch Jäger?“
„Warum nicht, leisten kann er sich das bestimmt!“, rief Sandra Georgius aus der Diele zurück. „Was ist es denn, eine Gämse?“
Constanze antwortete nicht. „Komm mal her!“, rief sie dann erregt.
„Was ist?“
„Komm schon!“
Die Kommissarin stand vor der Truhe, als Sandra Georgius zu ihr stieß. Sie hatte einen verhältnismäßig großen zylindrischen Behälter aus Edelstahl im Arm, aus dem ein weißer Dunst stieg. „Schau dir das an!“ Sie hielt Sandra das Gefäß entgegen, damit diese hineinschauen konnte.
Zunächst sah diese wegen des Dampfes nichts. Sie fächelte mit der Hand und fühlte grimmige Kälte. Dann erblickte sie zwei reifüberzogene große Augen, und sie wusste plötzlich, erschreckend bis ins Innerste, was ihr Constanze da entgegenreckte. „Der Geklaute!“, rief sie, „Der Zweite aus dem Shuttle!“
Constanze nickt nachhaltig. Sorgfältig setzte sie den Deckel auf und verschraubte ihn. „Da konnten wir in Hausers Waldhaus lange suchen“, sagte sie. „Da steht auch der Sockel, der untere Teil des Quaders, in dem der Körper steckte.“
„Diese verdammten Heimtücker!“, rief Sandra. „Mach’ sie fertig!“ – Getön. Sie schwamm gemächlich im Kreis oder ließ sich treiben.
Da sagte Constanze plötzlich, ohne sich mit Sandra abgestimmt zu haben: „Lissi, wir haben in einem Thermosbehälter einen deiner – Vorfahren gefunden, den, der gestoh… , hinweggetragen wurde.“
Lissi unterbrach. Sie kam an den Rand geschwommen, hielt sich mit den Händen und schaute Augenblicke, als überlege sie. Dann wies sie auf das Notebook.
Constanze reichte es ihr.
Sandra blickte, als sei sie auf die Freundin wütend.
Lissi schrieb, drehte dann den Frauen den Monitor zu. „Vernichten!“, stand da.
„Aber…“, rief Sandra Georgius.
„Vernichten! Ich habe ein Recht darauf! Ich habe es ihm schon gesagt! Vernichten, und ich will dabei sein!“
„Aber warum?“, fragte Sandra drängend. „Er ist für uns, für die Wissenschaft so ungeheuer wertvoll.“ Sie dachte daran, dass jetzt, da dieser nicht mehr in seinem Käfig steckte, Untersuchungen nichts mehr im Wege stünde.
„Ich will nicht, dass ich noch einmal und noch einmal entstehe, verstehst du?“
Sandra schwieg.
Constanze van Haarden stieg wortlos in den Keller und kam mit dem Thermosbehälter zurück.
„Wir machen ein Feuer!“, schrieb Lissi, und sie hievte sich aus dem Pool.
Apotheker Gneisel hatte genügend Kaminholz gestapelt.
Als auf der Wiese vor der Terrasse das Feuer loderte, schrieb Lissi: „Jetzt!“
Sie warteten noch einige Minuten, weil gerade eine Gruppe Wanderer vorüber zog.
Sandra holte den Behälter. Sie hielt ihn Constanze hin und bat: „Mach du!“
Constanze schüttete den Inhalt neben das Feuer – ein schwarzer Klumpen, der sich sofort mit Reif überzog. Aus dem Behälter aber fiel noch ein handliches Kästchen.
Die drei aber starrten auf das Tiefgefrorene, auf dem der Reif langsam schmolz.
„Sie haben ihn gründlich seziert“, stellte Constanze leise fest. Deutlich konnte man Schnitte erkennen, lose Teile, Organe, zu Klumpen gefroren. Eines der Augen war zerstört.
Da packte die Frau mit bloßen Händen zu und senkte die Überbleibsel des Wesens, dessen Körper Millionen Jahre überdauert hatte, ins Feuer. Und sie sahen stumm zu, wie er in wenigen Minuten verzehrt wurde, in Rauch und Flammen verschwand.
Constanze öffnete das Kästchen. Eine Batterie sorgsam verschlossener und gekennzeichneter Proberöhrchen kam zum Vorschein. „Das gehört dazu“, behauptete sie und schüttete das Ganze samt Behältnis in die Glut. Nach kurzer Zeit platzten die Röhrchen mit klirrendem Knall.
Später: Vom Feuer zeugte eine weißliche Stelle mit schwarzem Rand im Gras, Lissi befand sich im Wasser, die beiden Frauen wandelten im Gelände um die Hütte.
„Was machen wir?!“ Sandras Worte klangen nicht wie eine Frage.
Constanze van Haarden seufzte. „Die Frage ist, was machen wir mit ihr?“
„Sie hat Recht. Wenn die Öffentlichkeit auf sie los geht, wird sie uns verfluchen, und unser schlechtes Gewissen wird uns umbringen.“
Constanze antwortete nicht.
„Außer uns beiden, dem Flüchtigen und den Leuten um Hauser weiß keiner von Lissi. Und die werden’s Maul halten.“
„Willst du etwa mit denen gemeinsame Sache machen? Denk’ an Markowitsch!“ Constanze blieb stehen, sie fragte aufgebracht.
„Nein“, antwortete Sandra mit Nachdruck. „Aber sie
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