Begehrter Feind
blinzelte sie die Tränen fort und schaute zu ihm auf. Dann blickte sie sehnsüchtig auf seinen Mund.
Mehr Aufforderung brauchte es nicht, denn gegen die Begierde, die ihn erfüllte, war er ohnehin machtlos. Also küsste er sie wieder, neckte ihre Lippen, auf dass sie seinen Kuss erwiderten, sie ihm jene Wonnen schenkten, die er ihnen anbot, und endlich zugaben, wie groß ihrer beider Verlangen war.
Ein kurzer Schrei entfuhr ihren Lippen. Anscheinend konnte sie nicht länger widerstehen, denn sie schloss die Augen und öffnete ihre Lippen, um alles anzunehmen, was er ihr geben wollte – um zu nehmen und gleichzeitig zu geben.
Ihre Münder bewegten sich in einem vollkommenen Rhythmus, wie schon vor Jahren.
Geben. Nehmen.
Necken. Kosten.
»Gisela!«, stöhnte Dominic und glitt mit seiner Zunge in ihren Mund. Mit einem genüsslichen Seufzen reckte sie sich ihm entgegen. Ihre Finger umfassten seine Arme fester, so dass die Spitzen tief in seine Muskeln drückten.
»Gisela!« Er küsste sie leidenschaftlicher, hungriger, als könnte er gar nicht genug von ihr bekommen. Dabei beugte er sich weiter zu ihr und tauchte mit seinen Händen in ihr Haar ein, bis sie ganz in den seidig goldenen Locken vergraben waren. Zugleich hielt er ihren Kopf fest und zog sie dichter an seinen Leib und sein Herz.
Ihre Seufzer und Küsse hallten durch den schattigen Raum: die Melodie ihrer frühen Liebe.
Schließlich löste sie den Kuss und rang nach Atem. »Dominic!« In ihrer Stimme schwangen Entzücken und Angst mit.
»Schhh.« Seine Hände glitten aus ihrem Haar und über ihre Schultern. »Gisela, du hast mir so gefehlt!«
»Und du mir.« Zögernd strich sie ihm übers Gesicht. Ihre Fingerspitzen fuhren ganz sachte über die verheilenden Blutergüsse an seinem Kinn.
Er lächelte und küsste ihren Daumen, dann ihre Wange, ihr Kinn und ihren samtig zarten Hals.
»Nein«, seufzte sie und wich ein wenig zurück, »warte!«
Als er ihr leicht über den Hals blies, wurde er mit einem stummen Aufschrei belohnt. Ihre Hand flatterte in dem halbherzigen Versuch auf, ihn abzuwehren. Grinsend nahm er sie und küsste die Fingerspitzen, bevor er ihr unzählige Küsse oberhalb ihres Mieders aufhauchte. Er genoss das Gefühl ihrer zarten wohlduftenden Haut auf seinen Lippen, das alles andere auslöschte.
Von ihrem Mieder küsste er sich wieder hinauf zu ihrem Mund, wo ihre Lippen sich ungeduldig und sehnsüchtig mit seinen vereinten. Sie liebkosten einander voller Inbrunst, und als Dominic ein wonniges Schnurren vernahm, traute er sich, mit einer Hand über ihre Schulter bis zu ihrem Mieder zu wandern. Er schob einen Finger zwischen Stoff und Haut, so dass er die obere Wölbung ihres Busens berührte.
Plötzlich war Gisela wie versteinert. Mit einem erstickten Schrei wich sie zurück.
Ihre Augen waren weit aufgerissen vor Schreck und Panik, und sie atmete zu heftig. Prompt mischte sich Mitgefühl und Zärtlichkeit in Dominics Verlangen. Zögerte sie, weil sie zu lange getrennt gewesen waren? Glaubte sie aus unerfindlichen Gründen, sie könnte für ihn nicht mehr die junge Maid sein, die er einst geliebt hatte? Dass er sie womöglich nicht mehr liebreizend fände?
In seiner Ungeduld hatte er sie offensichtlich nicht genug umworben, um ihr die Angst zu nehmen. Er hatte versäumt, ihr zu zeigen, wie viel sie ihm nach wie vor bedeutete. Er zog seine Finger weg und drückte ihre Hand, die er immer noch hielt. »Es ist alles gut, Gisela.«
Sie schüttelte so vehement den Kopf, dass ihr das Haar über die Schultern fiel. »Wir sollten uns nicht küssen oder … streicheln.« Unsicher versuchte sie, auf dem Tisch zur Seite zu rutschen.
Doch Dominic rührte sich nicht. Er unterdrückte ein Grinsen, als er feststellte, dass sie ihm nicht entkam, es sei denn nach hinten über den Tisch. Aber in diesem Fall würde er einfach ihre Röcke packen und sie wieder nach vorn ziehen.
Mit ihrer freien Hand drückte sie gegen seine Brust. »Bitte, geh zur Seite!«
»Was hier geschieht, geht nur uns etwas an«, sagte er leise. »Nur uns beide.«
»Du verstehst das nicht.«
Wie verzweifelt sie klang! Ihr Ton war ein ganz anderer als jener melodische, mit dem sie ihn auf der Wiese verführt hatte. Und dennoch spürte er die leidenschaftliche Geliebte, die in ihren Gedanken, Erinnerungen und geheimen Träumen überlebt hatte.
»Ganz gleich, was passiert ist, während wir getrennt waren, an unseren Gefühlen hat sich nichts geändert«, murmelte er. »Das
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