Begehrter Feind
kannst du nicht leugnen.«
Sie benetzte sich ängstlich die Lippen und vergrub ihre Finger in seiner Tunika. Gleich darunter war das Lederband mit dem Stoffstück.
Wieder drückte sie gegen seine Brust.
»Indem ich dich berühre«, erklärte er leise, »bestätige ich nur, was wir beide wissen.«
»Nein, es ist falsch.«
»Warum?« Was konnte falsch daran sein, dass er es liebte, ihre seidige Haut zu streicheln? Von selbst begannen seine Finger, kleine Kreise zu malen, als würden sie Blütenblätter nachzeichnen.
Sie zitterte.
»Dominic!«
»Du bist mein, süßes Gänseblümchen.«
»Aber …«
»Mein!
Damals, heute und für immer.«
Während er sprach, strich er über ihr Mieder. Köstliche Erinnerungen an ihre Brüste in seinen Händen gingen ihm durch den Kopf, und unweigerlich stöhnte er vor Lust.
Er umfing eine Brust mit der Hand.
Dabei fühlte er mit dem Daumen eine feste Erhebung unter dem Stoff.
Dominic erschrak. Im selben Moment stieß Gisela einen stummen Schrei aus und krümmte sich so ruckartig vor, als hätte sie ein Messer in den Rücken bekommen.
Er nahm seine Hand weg und starrte sie wortlos an, während es in seinen Schläfen pochte.
Was hatte er da gefühlt?
Gütiger Gott,
was?
Eine Narbe? Nein, gewiss nicht. Und doch kannte er solche Wunden allzu gut. Während des Kreuzzugs hatte er verwundete Ritter behandelt, manche ihrer Verletzungen sogar genäht, damit sie besser heilten. Er hatte sich um Geoffrey gekümmert, von dessen fast tödlichen Verwundungen heute bloß noch Narben übrig waren.
Sich vorzustellen, dass sie derartige Schmerzen ausgestanden hatte …
»Gisela?« In dem stillen Raum klang Dominics besorgtes Flüstern wie ein Schrei.
Er sah sie an. Gisela hatte schützend die Arme vor ihrer Brust verschränkt, und ihr wunderschönes Gesicht war von Kummer verzerrt.
»Was ist dir zugestoßen?«, fragte er, wobei er sich jedes einzelne Wort abringen musste.
»Gehst du jetzt bitte zur Seite?«, entgegnete sie matt.
»Was?«
»Ich sagte, gehst du jetzt bitte zur Seite?«
Sein Schreck wandelte sich in rasende Wut: Wut, weil sie auf einmal so weit weg war. Wut, weil sie so viel Angst in sich verschloss. Vor allem aber Wut, weil sie eine solche Verwundung hatte erleiden müssen.
»Nein, ich werde nicht zur Seite gehen.« Er versuchte, ruhig zu sprechen und seinen Zorn im Zaum zu halten; trotzdem klang er barsch. »Erzähl mir, was passiert ist!«
Achselzuckend blickte sie zur anderen Seite des Zimmers. Ihr Körper zitterte, aber sie saß aufrecht da, das Kinn trotzig in die Höhe gereckt. Der Stolz einer Frau, die … unbeschreibliche Schrecken erlebt hatte.
Tränen stiegen ihm in die Augen. Was hatte sie durchgemacht? Was war seinem süßen Gänseblümchen widerfahren?
Ihm fielen lauter abscheuliche Szenarien ein, und er biss die Zähne in dem Versuch zusammen, einen klaren Kopf zu bewahren und keine falschen Schlüsse zu ziehen. »Wie wurdest du verletzt? War es ein Unfall?«
Sie lachte bitter. »Nein.«
Jemand hatte sie absichtlich verwundet!
Dominics Magen krampfte sich zusammen, und ihm wurde übel. Er wollte schreien, die Faust gegen die Wand knallen, dass sie zerbarst.
»Wer hat dich verletzt?« In seinem Schädel hämmerte es, als tobte darin jemand mit einem Vorschlaghammer.
»Wer?«
Dann traf es ihn wie ein Hieb. »Dein … Ehemann?«
Sie fuhr so heftig zusammen, dass der Tisch wackelte. »Ich sagte dir doch schon, ich habe keinen Ehemann.«
»Der Mann, den du geheiratet hast. Hat er dich verletzt?«, wiederholte Dominic und hob unwillkürlich die Stimme.
»Hat er?«
Er hielt den Atem an, während er auf ihre Antwort wartete und es vor Zorn in ihm brodelte.
Die Stille war unerträglich, die Anspannung beinahe mit Händen zu greifen.
Dann nickte sie stumm.
Ein Schrei formte sich tief in Dominic und explodierte mit solcher Wucht, dass es ihm unheimlich war. »Gisela!«
Wieder zuckte sie zusammen. »Jetzt weißt du es, Dominic. Ich bin verstümmelt, für den Rest meines Lebens.«
Ihr matter Tonfall war schneidender als jeder Dolch. Machte sie sich für die Grausamkeit ihres Ehemanns verantwortlich? Wie konnte sie? Der Mann war fraglos ein Monstrum!
Dominic juckte es in den Fingern, ein Messer zu ergreifen und sich ihrem früheren Ehemann zu stellen, um dem Schurken eine mindestens ebenso große Wunde beizubringen. Wie konnte er eine Frau entstellen, die so wunderschön war? Oder irgendeine Frau?
»Lass mich deine Narbe sehen!«
Sie starrte
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