Begehrter Feind
nur für einen Moment. Nachdem sie den Türknauf zögernd losgelassen hatte, legte er beide Hände in ihre Taille. Der Stoff ihres Kleids fühlte sich grob an – ganz anders als die Kleider, die sie in jenem Sommer getragen hatte.
Doch das minderte seine Erregung nicht.
Mir ist gleich, dass du sehr schlicht gewandet bist. Ich weiß schließlich, wie seidig zart deine Haut ist, denn ich durfte sie streicheln. Ich habe sie gekostet. Und ich küsste die sonnengewärmte Stelle unter …
»Nein!«, rief sie, als hätte sie seine lüsternen Gedanken gehört, entwand sich ihm und wich blitzschnell zur Seite aus.
Mehrere Schritte entfernt stand sie da, die Finger in ihren Rock vergraben, und sah ihn an. Was in ihren Augen funkelte, war keine Wut, sondern Leidenschaft.
»Komm zurück, Gisela!«, flüsterte er.
»Fass mich nicht noch einmal an!« Ein schluchzendes Flehen.
Und eine Lüge.
»Ich muss«, erwiderte er und ging auf sie zu. »Ich kann gar nicht anders.«
Sie machte ein paar Schritte rückwärts. »Nein! Mich zu berühren …«
»… ist alles, was ich will, seit ich dich in dem Stall sah.«
»… ist gefährlich! Ich erlaube es dir nicht.«
»O doch, Gisela, das tust du!« Er überwand die verbliebene Distanz zwischen ihnen.
Gisela stieß bereits hinten an den Nähtisch, so dass sie nicht weiter ausweichen konnte. »O Gott!«, hauchte sie und blickte sich hilflos um. Doch sie konnte nirgends hinfliehen.
Dominic stand unmittelbar vor ihr, legte die Hände an ihre Wangen und sorgte so dafür, dass sie ihn ansehen musste.
Ihre Augen waren weit aufgerissen und tränenglänzend, als sie zu ihm aufblickte. Sie fasste seine Arme.
»Niemals werde ich bereuen, dich küssen zu wollen!«, raunte er mit heiserer Stimme. »Oder dich genauso zu begehren wie vor Jahren.«
»Dominic …«
»Du bist
mein
, Gisela! Das wirst du immer sein.«
»Geh fort!«, schluchzte sie. »Vergiss mich!«
»Nie!« Er hauchte einen sanften Kuss auf eine Locke, die ihr in die Stirn hing.
Obwohl unübersehbar war, dass sie ihn ebenso begehrte wie er sie, warf sie ihre Schultern nach hinten und wollte ihn von sich wegschieben. Dabei wirkte sie furchtbar unglücklich. »Bitte! Vertrau mir, wenn ich sage …«
»Vertrau du mir, süßes Gänseblümchen!« Ohne sie loszulassen, beugte er sich noch weiter vor, so dass sie mit dem Po auf dem knarrenden Tisch landete.
Bevor sie sich ihm entwinden konnte, hatte er ihre Beine mit seinem Knie gespreizt. Das Rascheln von Tuch war wie ein leidenschaftliches Seufzen.
Gisela errötete. »Du bist ein sehr dreister Mann.«
»Stimmt«, sagte er lächelnd. Welche Ironie, dass sie erst vor wenigen Tagen, als sie seine Rippen verbunden hatte, auf sehr ähnliche Weise zwischen seinen Beinen gestanden hatte! Wie sie ihm die Schmerzen gelindert hatte, musste nun er ihre lindern. Nur handelte es sich dabei nicht um körperliche, sondern um die seelischen Qualen, die ihre Trennung Gisela bis heute zu bereiten schien.
»Dominic, wenn du mich nicht sofort aufstehen lässt …«
Er lachte. »Was dann?«, fragte er und küsste sie auf die Schläfe. »Trommelst du dann mit den Fäusten auf mich ein?«
So wütend sie auch sein mochte, entsetzte sie dieser Gedanke offenbar. »Doch nicht bei deinen verletzten Rippen!«
»Dann kratzt du mir die Augen aus?«
»O Gott, nein! Wie könnte ich dir weh tun? Wo ich dich doch …« Ihre Stimme versagte, und sie biss sich auf die Unterlippe, als wollte sie die beinahe ausgesprochenen Worte um jeden Preis zurückhalten. Gleichzeitig wandte sie den Blick ab. »Ach, Dominic!«
»Mmm?« Er wartete, küsste ihre Braue, ihr Augenlid sowie die salzige Spur, die über ihre Wange lief.
»Dominic!«, stöhnte sie.
»Süßes Gänseblümchen!« Er neigte den Kopf und streifte ihre Lippen mit seinen. Es war eine zarte Erinnerung an die Liebe, die sie einst verbunden hatte.
In dem Moment, in dem sich ihre Münder berührten, wurde Dominic von einer solchen Erregung gepackt, dass es ihm den Atem raubte und sogar für einen kurzen Augenblick zurückweichen ließ. Er erschauderte, eingeschüchtert von der puren Kraft der physischen Verbindung.
Nach all den Jahren war die feurige Leidenschaft zwischen ihnen immer noch dieselbe.
Gisela ist dein, so wie sie es früher war!,
ging es ihm durch den Kopf.
Beweise ihr, dass sie damals wie heute und für immer Teil deiner Seele ist!
Sie musste es auch gespürt haben, denn sie wurde sehr still. Voller Verlangen und Furcht
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