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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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des Gemaches, das fast die ganze Fläche des Pfarrhauses auf Straßenebene einnahm. Pater Felix empfing dort seine Besucher, und während der Winterzeit schlief er in der Nähe der erwähnten Feuerstelle, die tatsächlich über einen beklagenswert maroden Kamin verfügte. »Legt ein gutes Wort bei der Magistra für mich ein, und ich schicke Euch die Handwerker vorbei«, sagte Cornelis betont heiter.
    Also ging es schon wieder um die Beginen. Mit jedem Tag, den Simon in Brügge verbrachte, wurde ihm klarer, dass der Auftrag des Heiligen Vaters seine Tücken hatte. Je mehr er über die Frauen des Weingartens erfuhr, desto schwieriger fand er es, sie objektiv zu beurteilen. Vielleicht auch, weil sich hartnäckig und unerwünscht das Bild Ysées vor alle anderen schob. »Ihr verlangt Unmögliches.« Pater Felix verweigerte sich den Forderungen seines Besuchers. »Es liegt nicht in meiner Macht, die Magistra zu beeinflussen. Es stimmt zwar, dass die Statuten einer Begine erlauben, den Weingarten zu verlassen, wenn sie sich verheiraten will, aber niemand hat das Recht, ihr dies zu befehlen. Beginen können ihre eigenen Entscheidungen treffen, weil sie nicht mehr unter der Befehlsgewalt von Vater oder Gemahl stehen.«
    »Närrischer Unfug, das Ganze.« Cornelis brauste auf, zügelte sich aber sogleich wieder. »Ihr wisst wie ich, dass es wider die Natur des Weibes ist, vernunftgemäß zu entscheiden und zu handeln. Beginen sind am Ende auch nur Frauen. Kann die Magistra die Jungfer nicht unter einem Vorwand hinauswerfen? Soweit mir bekannt ist, hat sie keinerlei Vermögen eingebracht. Es wäre also nicht zum Schaden des Weingartens.«
    »Beginen dürfen nur dann gegen ihren eigenen Willen aus dem Weingarten ausgeschlossen werden, wenn sie in sündiger oder gesetzloser Weise gegen Regeln ihrer Gemeinschaft verstoßen haben.« Pater Felix hatte weder die Stimme erhoben noch besonders nachdrücklich gesprochen, aber es war dennoch zu hören, dass er seinen Besucher warnte. »Dergleichen ist glücklicherweise noch nie vorgekommen. Außerdem würde ein solcher Skandal der Magistra den Todesstoß versetzen. Ihr wisst, dass sie schwer krank ist.«
    Cornelis räusperte sich, und Simon hatte den Verdacht, dass er damit einen Fluch tarnte.
    »Da trotz dieser Krankheit die Webstühle klappern und auch sonst alles seinen Weg geht, muss es schon eine Stellvertreterin geben. Wie heißt sie?«
    Simon verharrte auf seinem Lauschposten. Er hörte Pater Felix ächzen, wie er es immer tat, wenn er auf seiner Bank die Sitzposition wechselte und die Beine näher an die Glut im Kamin rückte. Nebel und Regen hatten ihm erste Anzeichen von Gicht beschert, und er tat seine Beschwerden ausführlich kund, ehe er sich bequemte, die geforderte Auskunft zu geben. Ihm kam es wie ein geschicktes Manöver vor, um Zeit zu gewinnen. Immer öfter hatte er inzwischen den Eindruck, dass der Pater die Rolle des harmlosen Gottesmannes nach Bedarf spielte.
    »Neben Methildis von Ennen wird der Hof von drei weiteren Meisterinnen geführt, die sich mit ihrer Stellvertretung abwechseln. Unter ihnen wird man nach ihrem Tod auch eine Nachfolgerin suchen. Alaina Groeningsvelde ist die ehrgeizigste von ihnen, sie wird sich wohl gegen die anderen durchsetzen.«
    »Die kenne ich.« Piet Cornelis klang überrascht. »Sie war bei meiner Mareike, als es mit ihr zu Ende ging. Sie hat die Jungfer Ysée in mein Haus gebracht. Hättet Ihr meine erste Gemahlin und unsere Tochter gekannt, Ehrwürdiger Vater, Ihr würdet mich besser verstehen. Das Mädchen gleicht ihnen wie ein klarer Wassertropfen dem anderen.«
    »Seid Ihr nicht ein wenig schnell mit Eurem Entschluss, Euch wieder zu binden?« Pater Felix brachte seinen Rat mit aller gebotenen Vorsicht an. »Warum diese unchristliche Eile? Die Verstorbene ist noch keine dreißig Tage unter der Erde.«
    »Die Zeit läuft mir davon, ehrwürdiger Vater. Ich brauche einen Erben. Seht mich an. Mein Haar ist grau, meine Zähne werden weniger, und ich hab nicht mehr die Kraft wie früher, drei Tuchballen auf einmal zu heben. Das Mädchen hingegen ist jung und gesund. Es wird mir den Sohn schenken, den zwei meiner Frauen nicht gebären konnten.«
    Ysée im Bett des Tuchhändlers? Die Vorstellung war so lästerlich, dass Simon die Fäuste ballte. Cornelis hatte den Verstand verloren. Selbst wenn man berücksichtigte, dass er nichts von seiner Verwandtschaft mit Ysée wusste, war sein Wunsch nach einer so jugendlichen Gemahlin pure

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