Beginenfeuer
Überspanntheit. Die Narretei eines alten Mannes, der nicht einsehen wollte, dass er sich mit seinem Reichtum nicht alles kaufen konnte. »Erwartet nicht, dass ich mich für einen Kamin zu Eurem Kuppler mache.« Auch Pater Felix klang jetzt ungehalten.
»Seht Euch unter den ehrbaren Jungfern dieser Stadt um, wenn Ihr so dringend eine Gemahlin sucht, Piet Cornelis. Es gehört sich nicht, dass Ihr Eure Begehrlichkeit auf eine fromme Begine richtet. Als ihr Beichtvater und Pfarrherr ist es meine Pflicht, ihre Seele zu behüten und jede Versuchung von ihr fern zu halten.«
»Je nun…« Cornelis räusperte sich mittlerweile fast ununterbrochen, und in seinem wachsenden Zorn vergaß er, seine Worte zu wägen. »Diese reinen Seelen sind das Ärgernis eines jeden aufrechten Mannes in Brügge, ehrwürdiger Vater. Sie sind nicht nur fromm, sondern auch bienenfleißig und höchst geschäftstüchtig. Früher oder später muss der König ihrem Treiben ein Ende machen. Ist es da nicht besser, ihre Zahl verringert sich schon jetzt auf ehrenwerte Weise?« Pater Felix blieb standhaft.
»Denn lebt wohl«, knurrte Cornelis, ehe er mit allen Anzeichen des Unmuts zum Pfarrhaus hinausstürmte und die Tür hallend hinter sich zuwarf.
Mit geballten Fäusten, vorgeschobenen Schultern und grimmigem Blick lief er an der Pferdetränke des Weingartens vorbei, vor Zorn kochend und von dem dringenden Wunsch getrieben, seine Fäuste in das nächstbeste Opfer zu rammen. Bevorzugt in ein Mitglied der Kirche.
Für wen hielt sich Pater Felix, dass er ihm seine Hilfe verweigerte? Er würde Ysée zu seiner Frau machen, egal, was dieser Pfaffe dagegen einzuwenden hatte. Nur sie konnte ihm den ersehnten Erben des Hauses Cornelis schenken. Sie trug seine Zukunft in ihrem Schoß. Den Sohn. Die Kirche hatte kein Recht, ihm diesen Stammhalter zu verweigern. Er war Piet Cornelis, Ratsherr der Stadt Brügge, vielleicht sogar ihr künftiger Bürgermeister!
Der Wille des Herrn. Pater Felix’ Worte klangen wie Hohn in seinen Ohren. War es etwa Gottes Wille, dass Frauen sich in den Handel mischten? Dass sie über sich selbst bestimmten und sich anmaßten, ehrbaren Handwerkern Konkurrenz zu machen? Stand nicht schon in der Bibel, dass die Frau dem Manne untertan zu sein hatte? Seit wann traf dies auf Beginen nicht mehr zu?
Die Fragen nährten seine Wut wie Öl das Feuer. Reißend und heftig schoss sie ihm durch die Adern und riss an den Dämmen seiner Selbstbeherrschung. Wie er dieses Beginenvolk hasste! Die Schwierigkeiten des Wollhandels, die Zölle und Steuern des Königs, die betrübliche Entwicklung der Tuchpreise, all dies wurde durch die unerwünschte Rivalität der Beginen zu einer Fülle von Lasten vermehrt, die einem Handelsmann die Gewinne ebenso sicher schmälerten wie Straßenräuber und Winterstürme.
Was zum Teufel war in die Männer der Kirche gefahren, dass sie es zuließen, dass diese Betschwestern ihre geheiligten Gebote und Vorschriften missachteten? Widersprach es nicht guter Sitte und christlichem Glauben, dass Weibsbilder Geschäfte machten und Gold scheffelten? Stellte es nicht die Welt auf den Kopf und machte die Männer, die Gott zu ihren Herren bestellt hatte, zu Narren?
Auf den König war in dieser Sache ebenfalls kein Verlass. Unter seiner schützenden Hand und der Steuerfreiheit gediehen die frommen Parasiten wie Unkraut. Sie spreizten sich in seinem Schutz und spielten nach außen hin die Rolle der mildtätigen, frommen Seelen. War dem Herrscher nicht klar, welche Summen ihm entgingen, weil er dieses Spiel duldete? In seiner blinden Rage legte Piet Cornelis den Weg nach Hause doppelt so schnell wie sonst zurück. Sein wutverzerrtes Gesicht hielt sogar gute Freunde davon ab, ihn in dieser Stimmung anzusprechen oder aufzuhalten.
Simon hatte zur Seite springen müssen, damit ihn der Handelsherr nicht über den Haufen rannte. Pater Felix hingegen fand er sinnend neben dem Feuer, in dem immer wieder Regentropfen aus dem baufälligen Rauchabzug aufzischten.
»Gott zum Gruße, Bruder. Kann es sein, dass der Ratsherr dem Leibhaftigen begegnet ist, weil er uns gar so eilig verlassen hat?«
Pater Felix schaute auf und rieb Wärme suchend die Handflächen gegeneinander. »Cornelis denkt, weil er reich ist und mit Ehrenämtern überhäuft, kann er auch einen Priester kaufen. Übrigens eine weit verbreitete Meinung in Brügge, wie Ihr noch feststellen werdet.«
»Dass man Priester kaufen kann oder dass man alles kaufen kann?«
Pater
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