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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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Lavendel, Kamille und Rosmarin sowie zahllosen anderen Gefäßen, Töpfen, Säcken und Steingutkrügen, die in Regalen und auf Tischen standen, stemmte sie die Arme in die Hüften und musterte Ysée schweigend. Das junge Mädchen hielt dem Blick stand. Ysée wusste selbst nicht, woher sie die Kraft dafür nahm. Sie sog den intensiven Lavendelduft ein, der alle anderen Kräuteraromen überlagerte, weil die letzten Blüten erst in den vergangenen Tagen geerntet worden waren. Lavendel bewirkte wahre Wunder gegen Aufregung und Herzrasen, wahrscheinlich half er auch ihr. Selbst Alaina konnte sich der beruhigenden Wirkung der stillen Kräuterkammer nicht entziehen. Was hatte es schon für einen Sinn, das Mädchen für einen Blick zu rügen, der möglicherweise nur ihr aufgefallen war? Sie nahm sich vor, Pater Simon im Auge zu behalten. Bei Ysée würde sie schon dafür sorgen, dass sie gar keine Zeit hatte, auf dumme Gedanken zu kommen.
    »Zerstoß ein Bündel Schafgarbe und dieselbe Menge getrockneten Dill im Mörser. Die Schwester Apothekerin braucht das Pulver so schnell wie möglich«, beendete sie das unheilvolle Schweigen.
    Ysée nickte stumm und begab sich augenblicklich an den großen Arbeitstisch, wo die Mörser, Schalen, Becher und Krüge standen, die zur Weiterverarbeitung der getrockneten Kräuter benötigt wurden. Alle Gerätschaften waren nach ihrer Größe geordnet und blitzten vor Sauberkeit. Unterdessen seihte Alaina die vor drei Tagen angesetzte Arnikatinktur durch ein feines Leinen ab und zählte die Anzahl der Töpfe mit Hirschtalg und Bärenfett nach, die als Basis für viele Salben benötigt wurden.
    Bis das Pulver fertig war, tat ihr der Arm weh, und sie war froh, als sie den Auftrag bekam, es ins Hospital zu bringen. Auf dem Rückweg verharrte sie bei den Kräuterbeeten, die geschützt an der Außenmauer lagen. Jetzt im November waren sie zum größten Teil abgeerntet. Die Lavendel- und Rosmarinbüsche trugen ein Winterkleid aus wärmenden Zweigen und trockenen Blättern. Die Luft roch nicht mehr nach Kräutern, sondern nach dem Meer, das der Westwind bis nach Brügge hineintrug. Ysée hielt die Nase in diesen Wind und sog die Luft mit geschlossenen Augen tief ein. Dankbar für die kurze Spanne Zeit, die allein ihr und ihren Gedanken gehörte. »Man wird dich wieder rügen, wenn du nicht deiner Arbeit nachgehst.«
    Mit einem leisen Aufschrei fuhr Ysée herum und wäre fast mit Bruder Simon zusammengestoßen. Er stand unmittelbar hinter ihr. Und er hatte offensichtlich jedes demütigende Wort im Hospital gehört.
    »Man rügt mich ohnehin«, erwiderte sie leise. »Ich bin dir gefolgt.« Er beantwortete die Frage, ehe Ysée sie stellen konnte.
    »Um mir ebenfalls zu sagen, dass ich meine Pflicht versäume?«
    »Um mit dir zu sprechen.«
    Ysée erlag einmal mehr dem Bann der faszinierenden Augen Bruder Simons. Sie wurde so aufgewühlt, dass das Glühen auch ihre Wangen erreichte. Ihr Herz pochte, sie fürchtete, man könnte es sogar durch das Gewand sehen. Es kam ihr vor, als würde sie zerspringen.
    Simon hingegen bemerkte die Anspannung in ihrem Gesicht und tiefe Schatten unter den Augen. Er sah ihr die Erschöpfung und den Schlafmangel an. »Warum lädt man dir Pflichten auf, die dich fast zusammenbrechen lassen?«
    »Ich arbeite für mein tägliches Brot.«
    Es lag so viel angeborene Würde in ihrer Feststellung, dass Simon einen Seufzer unterdrückte. Sie war nicht nur zu lieblich, sie war auch zu stolz. »Seit der Herr Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben hat, müssen wir uns alle im Schweiße unseres Angesichtes dafür anstrengen.«
    »Dann lasst mich gehen. Schwester Alaina wartet in der Kräuterkammer auf meine Rückkehr. Sie wird ungeduldig, wenn ich zu lange ausbleibe.«
    »Hat sie keine Augen im Kopf? Du siehst aus, als würde dich der nächste Sturm umwehen.«
    »Ich bin stärker, als Ihr meint.«
    »Dickköpfiger möglicherweise…«
    Ysée warf ihm einen Blick zu. Sie sah nur sein eindrucksvolles Profil vor dem Hintergrund der Kapuze. Sie wandte hastig die Augen ab. Sein Anblick entfachte in ihr eine Mischung aus Sehnsucht und Schmerz.
    »Die zweite Meisterin ist eine strenge Lehrmeisterin, nicht wahr?«
    Was sollte diese Frage? Wollte er ihren Gehorsam ausforschen? Sie dazu verleiten, dass sie Böses über Alaina sagte? Ysée presste stumm die Lippen aufeinander und wich einen Schritt zurück.
    »Warum arbeitest du im Hospital und nicht bei der Tuchherstellung? Ich dachte, die

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