Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
Berna mich gefragt, ob sie sich an ihrem Geburtstag umgebracht hat, nachdem sie Betüls Abschiedsbrief gelesen hatte? Was hatte Şule gesagt? In diesem Alter ändern sich Frauen nicht von heute auf morgen. Erst recht nicht solche, die noch Kinder sind. Haben wir uns denn nicht versöhnt? Ist sie nur zu mir gekommen, um sich zu rächen?
Die Worte, die sie an jenem unglückseligen Sonntag ausgesprochen hatte, ließen ihn nicht mehr los.
»Du hast Alp doch die Pillen in die Tasche gesteckt! Du hast unsere gemeinsame Zukunft kaputtgemacht. Du hast mein Leben zerstört.«
Sie hatte ihn im Gefängnis besucht. Nein, das hat sich der Schließer doch nur ausgedacht. Das ist alles Blödsinn
.
»Was hast du mir denn je gegeben, als daß du etwas zurückfordern willst? Was geht dich mein Leben an? Wer bist du überhaupt?«
Klatsch
.
Berna hielt sich ihr Gesicht
.
»Das wirst du mir büßen. Ich werd dich alles büßen lassen.«
»Tu’s doch.«
»Und ob. Du wirst schon sehen. In einem Augenblick, wo du es am wenigsten erwartest, werde ich dir so eine Ohrfeige verpassen, daß du verstehst, was es heißt, mich nicht ernstzunehmen.«
Wäre meine Hand nur abgefallen… Bin ich zu weit gegangen? Wer, ich? Ich soll zu weit gegangen sein? Nicht eher sie? Was soll das überhaupt heißen: »Ich verzapfe so viel Mist, wie ich will?«
Gegenüber dem eigenen Vater. Soll sie doch verrecken, die Undankbare
.
Der Geier kletterte unter der Absperrung hervor, hakte sich ganz fest bei ihm unter und sagte: »Komm. Wir beide setzen uns jetzt in den Wagen.«
Es gelang ihm, seinen Arm loszureißen, doch es gelang ihm nicht, sich zu befreien. Der Geier hielt ihn an den Schultern fest und wollte ihn nicht loslassen. Sobald er ihn weggeschleudert hatte, stellte sich ihm Harun in den Weg. Er riß ihn um. Er rannte zu der Person, die auf dem Boden lag. Er hob die Zeitungsbögen an, unter denen sie lag. Es war sie. Seine Hand griff nach seiner Waffe, sie griff ins Leere. Es war ihm, als würde er verrecken. Im Umkreis des Tatorts drängten sich Schaulustige und gafften… Sie zertraten den niederrieselnden Schnee zu Matsch.
»Ich hab es nicht gesehen. Ich glaub, da vorne ist sie runtergesprungen«, sagte jemand.
»Warum ist sie gesprungen?«
»Vermutlich aus Frust, was weiß ich.«
»Versteh einer die jungen Leute. Von wo ist sie runtergesprungen?«
»Ich hab es gesehen, auf einmal ist sie unten aufgeknallt.«
»Ja, so richtig heftig. Man konnte die Knochen krachen hören.«
Der rote Käfer stand ganz in der Nähe. Aber es war kein Stern am Himmel, nicht ein einziger.
Ankara, 2006
DANK
Vielen herzlichen Dank an Gökçen Tongut, Eren Buğlalılar und Ayşegül Turan, die mit minutiöser Genauigkeit die ersten Manuskriptfassungen gelesen haben; unseren Propangaslieferanten Erkan Goloğlu, von dessen folgender Darstellung ich mich habe inspirieren lassen:
»Nicht nur im großen Stadion, sondern auch in der Amateurliga riefen wir ständig ›Einer geht noch, einer geht noch rein‹, um die feindlichen Mittelfeldspieler reinzulegen, sobald sie zwei drei Meter über die Mittellinie hinauswaren. Unter ihnen fanden sich einige Spieler ganz ohne Argwohn, deren Naivität wir ausnutzten konnten. Sie schossen tatsächlich sofort aufs Tor.«
Söyleyince Yine Ben Kötü Oluyorum
, İletişim Yayınları, Istanbul 2006, S. 69;
Reha Mağden, der nach dem Militärputsch vom 12. September 1980 eine polizeilich gesuchte Person in seiner Wohnung versteckte und der Polizei gegenüber nur einen Satz sagte: »Ich bin Kommunist, junger Mann, ich tu so etwas gerne«, sowie an Adnan Bostancıoğlu, der diese Anekdote überliefert hat; an die Autoren mit den Benutzernamen
portakal, jacqueline wilson
und
ceydil
, die im Online-Wörterbuch
Ekşi Sözlük
(sourtimes.org) unter dem Eintrag »99 rote Käfer« ihr Wissen zur Verfügung stellen und mich über den Brauch in Kenntnis setzten, rote Käfer zu zählen; an A. Ömer Türkeş für wertvolle Kritiken und Vorschläge und selbstverständlich an Tanıl Bora.
Mit Dank ist meine Schuld nicht beglichen; erlaßt sie mir gnädigst.
Emrah
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Zerrin Soysal
Das Siebentagegebet
9783943562163
“Ist die Wahrheit das, was man sieht oder das, was sich dahinter verbirgt?
Ist die Last desjenigen, der geht oder desjenigen, der bleibt, schwerer?
Diejenigen, die wir am meisten lieben, verletzen uns, aber wer zieht die Grenze zwischen Liebe und Hass? Viele in Bezug
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