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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emrah Serbes
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dran.«
    Er ging ans Mobiltelefon.
    »Bruder, kannst du mich in zwei Minuten nochmal anrufen?«
    »Keine Zeit. Komm gegen Mittag in unser Hotel. Wir können zusammen essen. Ich hab was mit dir zu bereden.«
    Er zögerte kurz.
    »Du mußt unbedingt kommen. Es ist wichtig.«
    Er fürchtete, sein Bruder würde mit der ewig gleichen Leier anfangen, sagte nur knapp »Okay« und legte auf. Dann nahm er den Hörer des Festnetzanschlusses und sagte zu Eda: »So, was war los?«
    »Gökhan war in der Türkei.«
    »Woher weißt du das?«
    »Von der Terrorbekämpfung.«
    »Von Metin?«
    Eda schwieg eine Weile.
    »Hm«, sagte sie dann. »Er ist mit einem falschen Paß eingereist, sie haben ihn verfolgt, aber nicht gekriegt, und heute morgen um sechs ist er wohl wieder nach England geflogen.«
    »Was heißt das? Wird nach ihm gefahndet?«
    »So genau weiß ich das nicht. Können wir das nicht lieber besprechen, wenn Sie kommen, Herr Hauptkommissar?«
    Behzat Ç ärgerte sich.
    »Warum erzählst du mir das dann am Telefon?«, wollte er sie anfahren. Aber er beherrschte sich. Aus der Küche roch es nach verbranntem Toastbrot. Entweder war Eda paranoid, oder – wenn selbst die Telefone der Kriminalpolizei abgehört wurden – ging es mit dem Land ziemlich den Bach runter.
    Er parkte direkt neben dem Parkverbotsschild. Jetzt fand er Gökhans Artikel in der Zeitschrift
Das Migrantenproletariat
. Er schaffte es bis zur Hälfte. Mehr als die Namen Marx und Engels und die Aussage, daß es zwei verschiedene Formen von Proletarisierung gebe, behielt er nicht im Kopf. Das einheimische Proletariat, und die durch Migration proletarisierten Einwanderer. Von dem ersten hatte er schon mal was gehört, aber was das zweite sein sollte, konnte er sich nicht so recht zusammenreimen. Vielleicht, daß die gebildeten Leute auswandern? Er legte die Zeitschrift auf das Armaturenbrett und stieg aus.
    In der Konurstraße suchte er das Mietshaus, in dem sich die Redaktion der Zeitschrift
Verzogen
befinden sollte. Während um sie herum Männer Flugblätter verteilten, schrie eine junge Frau mit schriller Stimme: »Beim Hungerstreik gegen Isolationshaft sind schon 122 Menschen gestorben, wußten Sie das?« Am Straßenende hatten zwei Reihen Sondereinsatzkommandos Position bezogen, und es wimmelte von Zivilbeamten, von denen selbst er die meisten nicht kannte. Eine Hand berührte seine Schulter, er drehte sich in Panik um.
    »Unterschreiben Sie auch gegen…«
    Er riß sich los, die Frau wiederholte mit einem leicht säuerlichen Blick ihre Bitte. Ein magerer Bärtiger, der aussah, als hätte er einen Besenstiel verschluckt, führte die Frau weg und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Dann musterten ihn beide mit einer Mischung aus Haß und Geringschätzung, er kannte diesen Blick nur zu gut.
    Die Zeitschrift
Verzogen
befand sich im dritten Stock eines lebendigen Bürohauses, in dem gleich mehrere Cafés und Buchläden betrieben wurden. Er stand eine Weile vor der Redaktionstür. Ohne Frage war jemand dahinter, doch er hörte keine Stimmen. Endlich öffnete ihm ein hochgewachsener Junge mit Bart.
    »Ja bitte?«
    »Kann ich bitte mit dem Herausgeber Ihrer Zeitschrift sprechen?«
    »Wer sind Sie?«
    »Polizei.«
    Wieder der gleiche Blick. Die Linken guckten alle so. Manchmal war Behzat Ç bereit, den Blick zu verzeihen, wenn derjenige, der ihn schickte, noch so jung war, manchmal kratzte der Blick ihn nicht, manchmal bemühte er sich, mit einem vergleichbaren kontra zu geben. Dieses Mal tat er so, als könne er den Blick aufgrund des Alters seines Gegenübers verzeihen.
    »Warten Sie einen Augenblick«, sagte der Junge und schloß die Tür vor seiner Nase. Als sie sich wieder öffnete, traute er seinen Augen nicht. Vor ihm stand Bahar. Es war, als wollte sein Herz seinen Brustkorb sprengen.
Woher kommt mir dieser Moment nur bekannt vor, woher nur, woher


7
    Er hatte nur ein paar Bissen von seinem Iskender Kebap genommen, die Gabel beiseite gelegt und spielte nun mit den Enden des Tischtuchs. Şevket stopfte in sich hinein, als legte er es darauf an, zu platzen, und sowie er dabei eine Gelegenheit zum Sprechen fand, sprach er auch. Sie saßen im Restaurant des Vier-Sterne-Hotels, dessen Miteigentümer er war. Die Kellner widmeten ihnen noch mehr Aufmerksamkeit, als sie es den Gästen ohnehin entgegenbrachten. Einer von ihnen bemerkte, daß Behzat Ç nicht weiteraß, und kam sofort an den Tisch.
    »Darf ich das schon mitnehmen?«, fragte er.
    »Bitte.«
    Şevket

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