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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emrah Serbes
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Rang im Polizeidienst. Deshalb war er auch so nervös und genierte sich sogar vor der Tochter eines Migros-Filialleiters, damit bloß niemand etwas Schlechtes über ihn sagte. Klar, wer Behördenleiter werden will, muß einen Filialleiter mit Samthandschuhen anfassen, man ist schließlich ranggleich. Wer wohl bei Tahsin angerufen hatte? Bestimmt nicht der alte Koç selbst, dem die Migros-Kette gehörte. Der war doch mit seinem Segelboot auf Weltreise, hörte man immer in den Medien. Da wird er ja wohl nicht in Ankara anrufen. Eigentlich würde er gern auf Tahsins Position nachrücken, da könnte er endlich einmal tief durchatmen. Aber bei seiner Personalakte war das nicht realistisch. Die meisten Kollegen aus der Akademiezeit waren schon längst in den höheren Dienst aufgerückt. Er aber würde bis zu seiner Pensionierung Kriminalhauptkommissar bleiben.
    80 Gas, 30 Strom, 20 Wasser, 80 Gülsüm, nein, 80 Gülsün, 40 Betriebskosten, wenn man noch die Miete dazurechnete, reichte das Geld gerade aus. Wenn überhaupt. Bis zum Fünfzehnten würde er sich etwas zusammennehmen müssen. Und er wollte noch ein Geschenk für Berna kaufen, die hatte ja schon am Achtundzwanzigsten Geburtstag. Darum würde er sich erst kümmern, wenn sein Gehalt zur Monatsmitte überwiesen wäre. Der 28. Januar war gleichzeitig Jahrestag seiner Scheidung von Ceyda. Und dann noch Oberst Rahmet… Gott habe ihn selig. Als ob sich sämtliche guten wie schlechten Ereignisse ausgerechnet diesen Tag ausgesucht hätten. Es war manchmal wie verhext. Was konnte er ihr denn nur schenken? Wenn es ein Mobiltelefon gäbe, das automatisch aufgleitet und ihr ans Ohr schnellt, wenn er anruft, dann würde er ihr das sofort kaufen.
    Auf der verschneiten Straße vergaß er all diese Sorgen. Der Himmel war kaffeebraun und mit schwarzen Wolken verhangen; ein charakterloses Wetter. Man konnte kaum ausmachen, ob es Tag oder Nacht war. Als er zwei Schüsse hörte, fuhr seine Hand sofort an seine Waffe. Er lief in die Richtung, aus der die Schüsse gekommen waren. Er meinte, das Gebäude zu kennen. Er inspizierte die Eingangstür, dort war seine ehemalige Ehewohnung in Yenimahalle. Es war ganz schön schwierig gewesen mit der Miete. Sein Schwiegervater, ein leitender Bankangestellter, hatte mehrmals aushelfen wollen. Als könne er nicht selber seine Familie ernähren. Es hatte ganz schön Streit gegeben. Wer jetzt wohl hier wohnte?
Ob ich mal anklingeln sollte?
Er streckte seine Hand nach der Klingel aus, konnte sie aber nicht drücken. Er zog seine Hand zurück und da klingelte es von alleine. Wo waren die Schüsse hergekommen? Seine linke Hand hatte sich um den Knauf der Pistole in seinem Hüftholster gekrampft. Sein Herz pochte, als wollte es seinen Brustkorb sprengen.
Warum? Wovor hast du Angst? Wer ist da drinnen?
    »Wer ist da?«
    »Aufmachen, Polizei!«
    Die Tür öffnete sich nur allmählich. Es war Bahar!
    »Was machst du denn hier? Wie bist du hergekommen?«
    »Ich hab schon immer hier gewohnt«, sagte Bahar. »Die Frage ist eher, was du hier zu suchen hast.«
    »Wie lange haben wir uns schon nicht mehr gesehen?«
    »Zehn Jahre… Komm rein.«
    »Danke, ich wollte nicht stören.«
    »Da ist jemand, der dich sehen will.«
    »Wer?«
    »Kenn ich nicht.«
    Behzat Ç trat ein. Abgesehen von dem Sessel, den er in seine neue Wohnung mitgenommen hatte, standen alle Möbel noch an ihrem Platz.
    »Woher hast du diese Einrichtung?«
    »Keine Ahnung. Die war schon drin, als ich eingezogen bin.«
    »Wo ist sie?«
    »Na, hier.«
    »Wo ist die Person?«
    »Welche?«
    »Die mich sehen will.«
    »Im hinteren Zimmer.«
    Er schritt auf das hintere Zimmer zu. Die Tür war abgeschlossen. Halbherzig versuchte er, sie aufzubrechen. Das Mädchen im Zimmer schrie: »Macht die Tür auf«, und heulte aus Leibeskräften. Er mußte an den Tag denken, als er Berna in ihr Zimmer eingeschlossen hatte, weil sie ihn einen Faschisten genannt hatte. Wenn ihr das mal nicht ihre Mutter eingeflößt hatte, die von Tag zu Tag hysterischer wurde. Woher sonst sollte eine Elfjährige solche Wörter haben? Und dann noch dem eigenen Vater gegenüber.
Soll sie doch da drinnen krepieren. Wir haben noch um Erlaubnis gebeten, bevor wir uns in Gegenwart von Oberst Rahmet überhaupt hingesetzt haben
.
    Oder war er wirklich ein Faschist? Bahar und er blickten sich in die Augen. In den Korridor strömten Sonnenstrahlen, unter denen sich der Rauch ihrer Zigarette in bewegtes Gewölk verwandelte.
Ich dachte, es

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