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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emrah Serbes
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könnte, bloß nicht für einen Polizisten. Nicht umsonst verzog Harun das Gesicht, wenn der Name Selim fiel. Als die beiden sich ihre unvergeßliche Prügelei lieferten, mußte Behzat Ç ihnen beiden die Ohren langziehen. Danach hatte Harun von seinem Vorgesetzten eine bevorzugte Behandlung erwartet, da er schließlich für seinen Hauptkommissar alles tun und ihm treu bis in den Tod folgen würde. Als er die bevorzugte Behandlung nicht bekam, war er beleidigt.
    »Der schnöde Fisch«, murmelte Behzat Ç in seinen Bart.
    »Haben Sie was gesagt?«
    »Nee. Ich brauch ’nen Beistelltisch. Einen von der Art, wo man vier Stück übereinander stapeln kann, und dann einen rauszieht, wenn man ihn braucht. Wie heißen die nochmal?«
    Vor lauter Schlaflosigkeit vergaß er manchmal, die inneren Stimmen zu unterdrücken. Sein Kopf wurde von zusammenhangslosen Bildern durchflutet, er vermochte sich nicht auf eine Sache zu konzentrieren.
    »Ist bei Ihnen alles klar, Herr Hauptkommissar?«
    »Red nicht so’n Quatsch. Wo ist das Phantom?«
    »Keine Ahnung. Bestimmt wieder irgend jemandem auf den Fersen. Wir müssen dieses Mädchen namens Ayşen übrigens gehen lassen.«
    »Wieso? Ist die schon wieder in Ohnmacht gefallen?«
    »Nein. Ihr Vater ist Filialleiter von Migros.«
    »Was für’n Migros?«
    »Der mit den drei M, oder wieviele das sind, dieser Großmarkt in Istanbul. Die haben bei Tahsin angerufen. Der spuckt jetzt Feuer.«
    »Also gut. Wenn Eda schon mit ihr geredet hat, soll sie gehen. Diesen anderen Typen, Aykut, könnt ihr auch laufen lassen, damit das Mädchen nicht denkt, sie kriegt bei uns ’ne Extrawurst gebraten. Aber nicht, daß die sich verdrücken. Mach Tahsin nochmal klar, daß wir niemanden in U-Haft genommen haben, die sind nur zur Vernehmung auf dem Präsidium. Habt ihr eigentlich schon die Waffe zur Ballistik geschickt? Recep wollte sich doch darum kümmern.«
    »Ja, der hat angerufen. Er hat Waffe und Schalldämpfer erhalten. Außerdem hat der Staatsanwalt angerufen.«
    »Welcher?«
    »Dieser neue mit dem stacheligen Schnauzer. Er will mit Ihnen sprechen.«
    »Worüber?«
    »Hat er nicht gesagt.«
    »Hast du was? Deine Stimme klingt so komisch.«
    »Şükran und ich haben uns in der Wolle.«
    »Na fein. Wenn du dich auch noch scheiden läßt, haben wir auf der ganzen Kommission keinen verheirateten Mann mehr.«
    Er öffnete das Nachtbuch, das er aus Betüls Zimmer mitgenommen hatte. Auf der ersten Seite stand:
»Dies ist nicht unser Land, sondern das derjenigen, die uns umbringen wollen. T. Ö.«
Für was oder für wen stand wohl die Abkürzung T. Ö.? Die Buchstaben klangen auf Anhieb nach einer Terrororganisation.
    Er begann, in den Aufzeichnungen zu lesen, wobei er bei den meisten Sätzen nicht so ganz verstand, was sie bedeuten sollten. Da die Kladde nicht mit langen Aufsätzen, sondern vielen kurzen Absätzen vollgeschrieben war, kam man eigentlich ganz gut durch. Über jedem Absatz standen fünf kleine Punkte, und unter jedem das Datum und die Uhrzeit des Eintrages. Im Grunde hatte Betül eine recht deutliche Handschrift, aber an einigen Stellen wurde sie zunehmend unleserlich. Insbesondere dort, wo sie über ihre Sorgen oder ihren Überdruß schrieb. Dieses Mädchen schien nicht nur vom Leben an sich, sondern sogar vom Schreiben darüber andauernd die Krise zu kriegen.
    Noch bevor er zehn Seiten gelesen hatte, fielen ihm die Augen zu, und die Stimmen aus dem Fernsehen kamen ihm vor wie eine Unterhaltung in der Ferne, die er nur zufällig mithörte. Was hatte diese Waffe in der Bar zu suchen? Warum war sie in der Toilette versteckt gewesen? Warum war dieser Abschiedsbrief so komisch? Was noch viel komischer war, war die Tatsache, daß Betül eine Unmenge an Abschiedsbriefen verfaßt hatte. Doch die Frage, die ihn am intensivsten beschäftigte, vermochte er seltsamerweise nicht zu formulieren. »Es kann gut sein, daß wir in diesem Fall zusammenarbeiten werden«, hatte der Grauhaarige gesagt, der vor ihm in der Bar gewesen war. Aus welchem Grund konnte es gut sein, was veranlaßte den Geheimdienst, an diesem Fall mitarbeiten zu wollen?
    Auch wenn Tahsin Feuer spuckte, war er zu stolz, ihn anzurufen. Schließlich war es sein Vorgesetzter. Obwohl er erst zwei Semester nach ihm die Polizeischule abgeschlossen hatte. Auf der Akademie hatte er sich sogar noch um diesen tollpatschigen Fettwanst gekümmert und ihn vor den anderen beschützt. Und jetzt erwartete er eine Beförderung in den dritthöchsten

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