Bei null bist du tot
rekonstruierte Gesicht. »Die Ähnlichkeit war da, aber die Übereinstimmung war nicht vollkommen. Und ich wusste, dass diese Rekonstruktion dich noch mehr dazu antreiben würde, nach Antworten auf deine Fragen zu suchen. Sie würde dir noch mehr Gründe liefern, Ciras verdammten Tunnel zu erforschen.«
»Du … hast mich belogen?« Jane konnte es nicht fassen. »Du bist die aufrichtigste Frau, die ich kenne. Du lügst niemals.«
»An dem Abend damals in Herkulaneum habe ich gelogen. Ich habe jede Ähnlichkeit mit Cira in der Rekonstruktion zerstört und sie noch einmal überarbeitet. Und diese Lüge habe ich ins Museum geschickt.«
»Warum?«, flüsterte Jane. »Mein Gott, damit hast du gegen dein eigenes Berufsethos verstoßen.«
»Es war ein zweitausend Jahre alter Schädel, verdammt.« Eve hatte Mühe, mit fester Stimme zu sprechen. »Du warst erst siebzehn und wolltest im darauf folgenden Jahr mit deinem Studium anfangen. Du hattest gerade eine grauenhafte Begegnung mit einem Wahnsinnigen hinter dir, der dir das Gesicht vom Schädel reißen wollte. Du hattest Albträume von Cira. Du warst erschöpft und verwirrt, und du musstest unbedingt fort von Herkulaneum und Zeit haben, zu genesen.«
»Du hättest mich nicht belügen dürfen.«
»Vielleicht nicht. Wahrscheinlich nicht. Aber ich habe mich dazu entschieden. Ich wollte dir die Chance geben, Cira und alles, was uns in Herkulaneum widerfahren war, zu vergessen.«
»Ohne mir die Wahl zu lassen. Ich war erst siebzehn, aber ich war kein Kind mehr, Eve.«
Eve zuckte zusammen. »Ich hatte immer vor, es dir später zu erzählen. Irgendwann einmal, wenn du Cira vergessen hättest. Aber du hast sie nicht vergessen. Selbst nachdem du mit deinem Studium angefangen hattest, hast du an diesen Ausgrabungsexkursionen nach Herkulaneum teilgenommen.«
»Und warum hast du mir das damals nicht gesagt?«
Eve schüttelte den Kopf. »Eine Lüge wird immer größer und irgendwann fängt sie an zu eitern. Wir sind immer vollkommen ehrlich miteinander umgegangen. Du hast mir immer vertraut. Und ich wollte dieses Vertrauen nicht zerstören.« Ihre Mundwinkel zuckten. »Und dann ist Reilly aufgetaucht und hat mir gesagt, Ciras Gold könnte verhindern, dass Grozak bekommt, was er haben will.«
»Was hat das denn hiermit zu tun?«
»Du hast dir die Vitrine im Ausstellungsraum nicht angesehen.«
»Ich habe die Rekonstruktionen gesehen.«
»Die so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dass die meisten Leute sich die anderen Ausstellungsstücke gar nicht erst ansehen. Im Hafen wurde ein kleiner Beutel mit Goldmünzen gefunden. Sie lagen in der Nähe von Giulias Skelett, doch nachdem sich gezeigt hatte, dass sie wahrscheinlich eine Arbeiterin war, ist man zu dem Schluss gelangt, dass die Münzen wahrscheinlich einem der vielen anderen gehört haben müssen, die damals ins Meer geflüchtet sind.«
»Mein Gott.« Sie drehte sich wieder zu der Rekonstruktion um. »Dann könnte das tatsächlich Cira gewesen sein.« Aber es passte alles nicht zusammen. Das war nicht Cira, das spürte sie einfach.
»Oder Toriza hatte Recht und das Gold gehörte ihr nicht.« Dann fügte sie hinzu: »Aber ich musste dir davon erzählen, weil ich nicht wollte, dass du in Julius’ Tunnel oder in Ciras Theater nach dem Gold suchst, wenn es womöglich im Hafenbecken begraben liegt.«
»Wie hast du von dem Beutel mit den Münzen erfahren?«
»Oh, Signor Toriza und ich sind im Lauf der letzten vier Jahre dicke Freunde geworden. Man könnte sagen, wir tun einander häufig einen Gefallen.« Sie lächelte freudlos. »Ich konnte die Lüge nicht ertragen. Ich fühlte mich dem Museum gegenüber zur Wahrheit verpflichtet.« Sie deutete mit einer Kinnbewegung auf die Rekonstruktion. »Und ihr gegenüber. Ich hatte sie zu jemandem gemacht, der sie nicht war, und das war nicht fair. Ich musste sie nach Hause holen. Also bin ich im Sommer nach unserem Aufenthalt in Herkulaneum noch einmal hergeflogen und habe mit Toriza gesprochen. Wir haben eine Abmachung getroffen. Er hat mir erlaubt, eine neue Rekonstruktion von Giulia anzufertigen, und mir versprochen, sie erst öffentlich auszustellen, wenn ich ihm grünes Licht gebe.«
»Und die Rekonstruktion in der Vitrine?«
»Die enthält keinen echten Schädel. Es ist nur eine Büste, die genauso aussieht wie die Rekonstruktion, die ich zerstören musste. Nach all der Publicity konnten wir sie nicht einfach sang- und klanglos verschwinden lassen. Sie musste ausgestellt
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