Beim Blick in deine Augen
Kinn mit der Fingerspitze an. Er spürte, wie sie zitterte, während er unerbittlich in ihre sorgenvollen Augen sah.
„Lauf nicht weg, hörst du?“, murmelte er leise drohend.
Laura stand ganz still. Angesichts der gemeinen Anschuldigungen, die Constantine ihr entgegengeschleudert hatte, sollte seine Berührung sie eigentlich abstoßen – aber das tat sie nicht. Zu ihrem Entsetzen erinnerte es sie daran, wie es war, von einem Mann berührt zu werden, an die harten, verlangenden Berührungen dieses besonderen Mannes.
Mit Mühe gelang es ihr, sich von ihm abzuwenden. „Das hatte ich nicht vor.“
„Beeil dich“, befahl er, denn die Hitze in seinen Lenden war stärker geworden – als er sah, wie sich ihre Augen plötzlich verdunkelten, und er spürte, dass ihr Körper ihn instinktiv begehrte. Das war nichts Neues für ihn – Frauen begehrten ihn immer. Verwirrend war nur, mit welcher Macht er darauf reagierte.
Laura nickte. „Ich … ich kann die Kellnerinnen-Sachen nicht anbehalten. Ich ziehe mich lieber um, wenn ich schon mal hier bin – also dauert es vielleicht ein paar Minuten.“
„Ich werde warten“, sagte er heiser. Ihre Worte lösten eine ungewollte Reihe von irritierend starken Erinnerungen in ihm aus, während sich die Tür schloss. An eine junge Frau, die ihre Kleider ohne jede Verlegenheit auszog, ihren herrlichen Körper an seinen schmiegte und sich ihm rückhaltlos hingab. Hatte diese Frau in jener Nacht sein Kind empfangen?, fragte er sich, und die Frage ging ihm wieder und wieder durch den Kopf, während er an die schäbige Wand der Personaletage starrte.
Laura schlüpfte aus Rock und Schürze und zog sich hastig ihre Jeans, das T-Shirt und den dünnen Pullover wieder an. Dann nahm sie ihre Handtasche und ihre Regenjacke und ging wieder nach draußen, wo Constantine wie eine angsteinflößende dunkle Statue genau an der gleichen Stelle stand.
In dem grellen Licht der Neonlampen suchte sie in ihrer Handtasche nach dem Foto von Alex, das vor ein paar Monaten in der Schule aufgenommen worden war, und gab es ihm.
Constantine starrte einen langen Moment schweigend darauf. Das Kind hatte schwarze Augen und einen leicht olivfarbenen Teint. Sein dunkles, lockiges Haar sah aus, als hätte jemand vergeblich versucht, es für das Foto zu bändigen. Er erinnerte sich, dass sein eigenes Haar in dem Alter genauso störrisch gewesen war.
Er studierte das Foto genauer. Der Junge lächelte, ja, aber in diesem Lächeln lag auch Vorsicht, und Constantine verspürte den starken Wunsch, ihn zu beschützen – zusammen mit einem instinktiven Gefühl der Weigerung. Als würde sich die logische Seite seines Gehirns weigern zu akzeptieren, dass dieser Abend mit einer glamourösen Party beginnen und mit der völlig unvermittelt aufgetauchten Behauptung enden konnte, er wäre Vater. Unwillig schüttelte er den Kopf.
„Er sieht genauso aus wie du!“, platzte Laura heraus, weil sie wollte, dass er etwas sagte – irgendetwas – um ihre Anspannung und dieses schreckliche Schweigen zu durchbrechen.
Constantine war plötzlich eiskalt. Er hatte sich noch nie so hilflos gefühlt wie jetzt – nicht seit seine Mutter gestorben war und er zusehen musste, wie sein Vater vor seinen Augen zusammenbrach. Und er auf der Stelle beschlossen hatte, dass die Liebe gefährliche Sachen mit einem Mann anstellte. „Tut er das?“
„Oh, ja.“
„Das beweist gar nichts“, knurrte er und drückte ihr das Foto wieder in die Hand. „Woher soll ich wissen, dass das nicht alles nur ein sehr überzeugender Schwindel ist?“
Laura schwankte und konnte nicht glauben, dass er sie für so berechnend und manipulativ hielt. Hatte er vergessen, dass sie unschuldig in seine Arme gekommen war, unfähig, der machtvollen sexuellen Anziehungskraft zu widerstehen, die von ihm ausging?
„Aber du wusstest doch, dass ich in dieser Nacht Jungfrau war“, erinnerte sie ihn verlegen.
Er schaute gelangweilt, als bedeuteten ihre Worte nichts – dabei war die Vorstellung von der Reinheit einer Frau für einen so traditionsbewussten Mann wie Constantine unglaublich wichtig. Er erinnerte sich an seine Ungläubigkeit, dass eine junge Frau ihre Unschuld so leichtfertig einem Mann schenkte, von dem sie wusste, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Oder war er naiv gewesen? Was, wenn sie ihre vermeintliche Unkenntnis über seinen Reichtum und seine gesellschaftliche Stellung nur vorgetäuscht hatte? Mal angenommen, sie hatte seine Jacht gesehen und
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