Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 1) (German Edition)
beugte sich zu ihm. »Die Gebrüder Otis?«
»Ja, Charles und Norton stellen den Sicherheitsaufzug vor.«
»Von ihnen hab ich die Pläne für Grannys …« David runzelte die Stirn. »Moment, woher weißt du das?«
»Ich habe deinen Brief an sie gesehen«, sagte er und biss sich auf die Zunge. Hastig deutete er auf den Text. »Unglaublich viele Aussteller sind dort, über 52 000!«
»Du kannst lesen?«
Puh, David war ihm nicht böse. »Das gehört zu unserer Ausbildung. Das macht es leichter, die Menschen zu beschützen.« Zahar schmunzelte, als David begann, erneut neugierige Fragen zu stellen.
»Habt ihr eine eigene Sprache?«
»Ja, eine Mischung aus Knurr-, Schnalz-und Gurgella uten. Sie wi rd nur noch von den Alten gesprochen.«
»Sehr interessant«, sagte er, doch er schien nicht Zahars Aussage zu meinen, denn er starrte auf den Artikel. Plötzlich wurden seine Augen groß. »Jules Verne besucht die Ausstellung!«
Zahar hatte keine Ahnung, wer das war. So wie David strahlte, musste er den Mann kennen und verehren. »Ist das ein Wissenschaftler?«, fragte er.
David lächelte ihn an. »Ne in, aber er interessiert sich sehr für alles, was damit zu tun hat. Er ist ein brillanter Schriftsteller, hat schon viele herausragende Zukunftsgeschichten verfasst. Ich lese ihn sehr gerne. Die Bücher Fünf Wochen im Ballon , Die Reise zum Mittelpunkt der Erde und Von der Erde zum Mond sind meine Lieblingsromane. Er wird eines Tages richtig berühmt, da bin ich sicher. Er schreibt auch Fortsetzungsromane für junge Menschen. Sie erscheinen im Magazin illustré d'éducation et de récréation , das ich mir, genau wie seine neusten Bücher, aus Frankreich kommen lasse.«
Zahar verstand kei n Fran zösisch. David war wirklich sehr gebildet. Er gab ihm die Zeitschrift, damit er den Bericht lesen konnte. David überflog ihn lächelnd, doch als er die Seite umblätterte, erstarrte sein Gesicht. »Das darf nicht wahr sein!«
»Was ist?« Zahar hielt die Luft an, seine Ohren zuckten.
David deutete auf die skizzierte Abbildung eines Kastens u nd wisperte: »V aters Kühlschrank.«
Das erneut entstandene Schweigen zerrte an Zahars Nerven. Er hat te so sehr ge hofft, David hätte mit sein er Vergangenheit abgeschlossen, aber anscheinend überwanden Menschen niemals den Tod einer geliebten Person. Bei den Gargoyles gab es andere Familienstrukturen, daher hatte Zahar keinen engen Bezug zu seinen Eltern. Die Kinder wurden von allen erzogen, mussten lernen, früh selbstständig zu werden, genossen eine harte Ausbildung. Körperliche Vertrautheit gab es meist erst wieder, wenn Gargoyles ihren Partner gefunden hatten. Dann war das eine Bindung fürs Leben. Die Paare konnten nicht genug voneinander bekommen.
»Hier steht, der Mann, der den ammoniakfreien Kühlschrank vorstellt, heißt Jonathan Bannister. Ob er Vaters Aufzeichnungen stehlen ließ? Ist er für den Mord an meinen Eltern verantwortlich?«
Davids kummervolles Gesicht schmerzte ihn zutiefst. Zahar wollte ihn glücklich erleben. Er würde alles dafür tun. »Es gab einen Auftragge ber«, sagte er zö gerlich. »Ich habe ihn gesehen.«
David ließ die Zeitung fallen. »Was?« Seine Finger gruben sich in Zahars Unterarm. »Wieso sagst du mir das erst jetzt?«
Seine Kehle zog sich zusammen. »Ich … durfte nicht.«
Zahar erinnerte sich noch zu gut. Nachdem er David vor dem Krankenhaus abgelegt und nach Hilfe gerufen hatte, war er sofort zum Tatort zurückgeeilt und der Spur des Mannes gefolgt, der brennend davongelaufen war. Zahar fand den verkohlten Umhang in einer Seitenstraße. Der Geruch von verbranntem Fleisch ätzte sich in seine Nase. Es war nicht schwer, den Mörder aufzuspüren. Zahar fand ihn am Ufer der Themse bei einem Anlegesteg, wo er sich mit einem hochgewachsenen, hageren Mann unterhielt. Auf dem dunklen Fluss lag ein großes Boot. Zahar wusste sofort, was gespielt wurde und beobachtete die Szene, versteckt hinter dichten Büschen.
Der Mann mit den Brandblasen auf der Wange streckte der hageren Gestalt seine Hand hin. »Ich will mein Geld.«
»Ich gebe dir das hier«, erwiderte der Auftraggeber und rammte dem Mann ein Messer in den Bauch.
Gekrümmt sackte er zusammen. Die große Gestalt beförderte ihn mit einem Tritt in den Fluss und beeilte sich, auf das Boot zu kommen. Zahar wollte ihm hinterher, Rache üben, doch da wurde er in die Büsche zurückgerissen.
»Du hast schon genug Spuren hinterlassen«, knurrte jemand an seinem Ohr. »Du hättest
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