Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 2) (German Edition)
schulde dir viel mehr als Essen.«
Zahar schüttelte den Kopf. »Du schuldest mir nichts. Es ist mir ein dringendes Bedürfnis, dich zu beschützen. Ich möchte es nicht anders.« Weil ich ohne dich nicht mehr leben könnte.
»Würdest du den Mann wiedererkennen?«
»Ich würde ihn eine halbe Meile gegen den Wind riechen. In London ist er mir auf jeden Fall nicht mehr untergekommen.« Zahar hielt seine Fühler nach ihm ausgestreckt.
»Was ist mit dem Mann mit dem Buch?«
»Der andere hat ihn getötet.«
»Verdammt!« David stieß einen Laut der Entrüstung aus. »Weißt du, ob der Kerl mit dem Boot ein Dämon war?«
»Ich glaube nicht, sonst wäre er bestimmt durch ein Portal verschwunden.« Zahar hatte nichts Ungewöhnliches bemerkt.
»Du hast recht.« David holte tief Luft und starrte auf die Abbildung des Kühlschranks in der Zeitung. »Meine einzige Spur führt also nach Paris. Vielleicht kann uns dieser Bannister mehr erzählen, falls er die Pläne an sich genommen hat. Ich werde noch morgen aufbrechen.«
Zahars Herzschlag geriet ins Stolpern. »Ich komme mit!«
Grinsend erwiderte David: »Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest. Das Schicksal hat uns zusammengeführt. Dank dir habe ich vielleicht die Möglichkeit, den Mann zu finden, der für den Tod meiner Eltern verantw ortlich ist.«
»Da gibt es nur ein Problem«, sagte er zerknirscht.
David schaute ihn unter gerunzelter Stirn an.
»Ich kann nicht schwimmen.«
»Wir werden sicher nicht über den Ärmelkanal schwimmen, sondern einen Fährdampfer nehmen«, sagte David und lachte.
»Das macht es nicht besser «, wisperte Zahar und kam sich neben David ganz klein vor. Er musste ihm wohl erklären, warum er keinen Fuß auf einen Dampfer setzen würde.
Beim ersten Sonnenstrahl – Teil 2
Zum ersten Mal gemeinsam mit Zahar in der Öffentlichkeit aufzutreten, war ein seltsames Gefühl für David. Seite an Seite schlenderten sie durch die Straßen Londons. Als ob er mit einem Freund einen Nachtspaziergang machte.
Herren eilten auf der belebten Kensington Road zu Fuß, in ihren Kutschen oder einem dieser witzigen Automobile an ihnen vorbei, um in die Clubs zu kommen. Zahar erschien David kaum anders als ein Mensch, erst bei genau erer Begutachtung offenbarte sich sein wahres Naturell. Seine winzigen Hörner und die spitzen Ohren lagen unter seinem Haar verborgen und die Augen waren nicht geschlitzt, solange er nicht aufgeregt oder erregt war. Dünne Stoffhand schuhe verbargen die Krallen, die ohnehin kaum auffielen.
Nur gegen die Schuhe hatte sich Zahar gewehrt. Er hasste das Gefühl, seine Klauen nicht in den Boden graben zu können, weil er glaubte, sonst keinen Halt zu finden. Außerdem kam er sich beengt vor. Daher hatte er kurzerhand mit seinem scharfen Fingernagel das Stück Sohle über seinen Zehen herausgeschnitten .
David musste immer wieder daran denken, was sich zwischen ihnen abgespielt hatte. Zahar hatte ihn befriedigt und David hatte es genossen. Erneut schielte er zu dem großen Mann an seiner Seite. Za har sah fanta stisch aus. Er trug eine von Vaters dunklen Hosen, die David aus dem Keller geholt hatte, sowie ein beiges Hemd. Allerdings verkehrt herum, denn wegen der Schwingen konnte er es nicht normal anziehen. Daher hatte David es auf dem Rücken zugeknöpft, soweit es ging. Das war eine gute Notlösung. Seine Schwingen bedeckte ein langer Umhang, wodurch seine Schultern noch breiter wirkten und seine Erscheinung sehr imposant war. Der eine oder andere Passant warf ihm anerkennende oder ehrfürchtige Blicke zu.
Zahars Geständnis, warum er sich vor der Überfahrt fürchtete, hatte David überrascht. Niemals hätte er gedacht, so ein starkes Wesen könne vor etwas Angst haben. Aber David konnte seine Furcht durchaus nachvollziehen. Wenn Zahar sich auf See befand und er würde versteinern, könnte das katastrophal enden. Falls er über Bord ging, sank er auf den Meeresgrund. Beim ersten Sonnenstrahl, wenn er sich zurückverwandelte und Atem holte, würde er ertrinken.
Daher hatte David beschlossen, ihm Schwimmen beizubringen, bevor sie morgen Nacht mit der Eisenbahn nach Dover aufbrechen würden.
»Du könntest dich zur Not vom Dampfer abstoßen, über das Wasser gleiten und den Rest bis an Land schwimmen«, erklärte er Zahar. Er war stark, er würde das schaffen. Schade, dass Gargoyles nicht richtig fliegen konnten, das hätte Vieles für Zahar vereinfacht. »Falls sich die Fähre genau in der Mitte des Kanals
Weitere Kostenlose Bücher