Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Beinssen, Jan

Titel: Beinssen, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goldfrauen
Vom Netzwerk:
in der Gegend?«
    Der Mann kniff die Augen zusammen. »Ja, ich habe in Ziegelstein mein Quartier. Manchmal bin ich auch drüben im Marienbergpark.«
    »Sie kommen ja viel herum in der Gegend«, griff Gabriele den Faden auf. »Dann kennen Sie sicher auch den ein oder anderen Anwohner, oder?« Sie zeigte auf das Haus von Cornelia Probst. »Zum Beispiel die Dame, die dort drüben wohnt.«
    Der Mann rieb sich die Nase. »Ja, schon.«
    »Und? Wie ist sie denn so?«
    »Hübsch«, brachte er zögerlich hervor. »Aber auch etwas arrogant. Und knauserig. Hat selten mal eine Mark für mich übrig.« Mit diesen Worten streckte er seine rechte Hand aus.
    »Wie bedauerlich. Da wollen wir gleich mal für Ausgleich sorgen«, sagte Gabriele und drückte ihm ein Fünfmarkstück in die Hand. »Derzeit scheint sie ja ohnehin nicht da zu sein. Urlaub, was?«
    »Glaube ich nicht«, sagte der Obdachlose und musterte etwas enttäuscht das Geldstück in seiner Hand. Ein Schein wäre ihm wohl lieber gewesen.
    »Nicht?« Gabi sah ihn erstaunt an. »Warum denn nicht? Das ganze Haus ist doch verrammelt.«
    »Sie ist nicht verreist, weil …« Er zögerte.
    »Weil?«, fragte Gabriele ungeduldig.
    Sina erkannte, warum ihr Gesprächspartner plötzlich nicht mehr weitersprechen wollte. Sein Blick heftete fest an Gabrieles Haarspange – sie war lila.
    »Reden Sie schon!«, forderte Gabriele.
    »Ich glaube, du musst ihm erst noch etwas Gutes tun«, meldete sich Sina zu Wort und zeigte auf Gabrieles Spange.
    »Ich muss … was?« Nun begriff Gabriele. Sie haderte mit sich selbst. Dann brachte sie das Opfer und fasste sich ins Haar. »Hier. Behalten Sie sie.«
    »Danke!« Der Obdachlose strahlte sie an. »Was wollten Sie gleich wissen?«
    »Warum Cornelia Probst Ihrer Meinung nach nicht verreist sein soll.«
    Der Mann lächelte noch immer. »Weil sie frisch verliebt ist. Sie wartet ganz bestimmt, bis ihr neuer Liebhaber sie wieder besucht.«
    »Was denn für ein Liebhaber?«, fragte Sina.
    »Die Frau war alleinstehend«, erklärte der Obdachlose. »Aber in letzter Zeit hatte sie oft Besuch. Und seitdem wirkte sie viel zufriedener als in der Zeit davor.«
    »Männerbesuch?«, fragte Gabriele.
    »Ja, das sage ich doch.«
    »Was war denn das für ein Mann?«, versuchte Sina zu konkretisieren.
    »Ein ganz normaler Mann.«
    »Groß, klein, dick, dünn?«, fragte Gabriele.
    Der Obdachlose zuckte die Schultern. »Ganz normal eben.« Dann hob er wissend den Zeigefinger seiner rechten Hand. »Aber sein Auto war was ganz Besonderes. Sieht man nicht so oft in unserer Gegend.«
    »Was war es für ein Typ? Welche Marke?«, fragte Gabriele.
    »Es war so ein großes, dunkles. Sicher hat es viel gekostet.«
    »Das ist ja interessant«, meinte Sina mit aufkeimender Ungeduld, »aber können Sie nicht etwas präziser werden?«
    Der Mann sah sie fragend an. »Ich soll es genauer beschreiben? Meinen Sie das Nummernschild oder so?« Er kratzte sich am Kopf. »Es begann mit N … – äh, N-HA…«
    »Und weiter?«, fragte Gabriele energisch.
    »Weiter weiß ich nicht.«
    Sina überlegte, ob sie vielleicht auch etwas lilafarbenes bei sich trug, das sie dem Stadtstreicher schenken und seinem Gedächtnis damit auf die Sprünge helfen könnte. Doch der Mann hatte wohl nur noch eines im Sinn, nämlich seinen Weg fortzusetzen. Die Fragerei ging ihm ganz offensichtlich gegen den Strich. Er stahl sich an den Frauen vorbei und ging zügig weiter, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    »Soll ich ihm nach?«, schlug Sina halbherzig vor.
    »Das bringt nichts«, wiegelte Gabriele ab. Dann sagte sie nachdenklich: »N-HA. Cornelia Probst hat also einen Lover, und der ist Nürnberger. So viel wissen wir jetzt. Immerhin.«
    Sina wirkte etwas verdrießlich, als sie zustimmte: »Ja – immerhin.«

    6

    »Schaust du noch auf einen Kaffee mit herein?«, fragte Gabriele, als beide zurück zum Antiquitätenladen kamen. Sina setzte zu einer Antwort an, als die Ladentür von innen aufgezogen wurde.
    »Lassen sich die Damen auch mal wieder blicken?« Friedhelm hatte sich im Türrahmen aufgebaut. Vorwurfsvoller Spott stand in seinen Augen.
    »Friedhelm? Du?« Gabriele war sehr verwundert.
    »Ja, im Gegensatz zu meiner Schwester, die sich während der Ladenzeiten sonst wo herumtreibt, sorge ich für Umsatz. Ich habe in den letzten beiden Stunden einen Bilderrahmen und einen Serviettenring verkauft.«
    »Tolle Leistung«, meinte Gabriele bissig und schob sich an ihrem schlaksigen Bruder vorbei in den

Weitere Kostenlose Bücher