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Beinssen, Jan

Titel: Beinssen, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goldfrauen
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spürte es in allen Poren. Zielstrebig ging sie auf eine Vitrine zu, deren Tür offen stand und noch leise in den Scharnieren schwang. »Da hat sich jemand dran zu schaffen gemacht!«
    Sina sah sie gebannt an. »Was haben die gewollt?«
    »Im Zweifelsfall die Kasse.« Gabriele stürzte sich auf die antiquierte Registrierkasse, zog das Geldfach heraus und zählte hektisch nach.
    Sina stellte sich neben sie, schaute sich dabei aber wiederholt um. »Und? Ist alles da?«
    »Geduld«, beschied sie Gabriele. »Erst noch das Münzgeld überprüfen.«
    »Du willst auch das Kleingeld zählen?« Sina fasste Gabriele am Oberarm. »Das kannst du dir sparen. Welcher Dieb klaut Münzen, wenn gleich daneben Scheine liegen?«
    Gabriele runzelte die Stirn und ließ die Geldstücke zurück in die Kasse fallen. »Das stimmt natürlich. Wie einfältig von mir.«
    »Liegt an der Aufregung«, lieferte ihr Sina einen Grund für die deplatzierte Pfennigfuchserei. »Schau lieber nach den Wertgegenständen. Was ist mit dem Schmuck, dem Tafelsilber?«
    Sina hatte kaum ausgesprochen, als Gabriele herumfuhr, um zu einer Vitrine neben dem Verkaufstresen zu eilen. Sie war mit einer Glasplatte geschützt, unter der verschiedene alte Schmuckstücke auf einer grünen Vliesauslage präsentiert wurden. Gabriele beugte sich über das Glas, kontrollierte ihren Bestand und richtete sich mit fragendem Blick wieder auf. »Es ist alles da. Da hat keiner dran gerührt.«
    »Na, fein«, sagte Sina, die das genauso merkwürdig fand. »Dann also das Silber!«
    Wieder fegte Gabriele durch den Raum. Sie zog die mit rotem Samt ausgelegten Schubladen einer Kommode auf. Zutage kam Besteck verschiedener Dekaden, protzig oder zierlich, filigran graviert oder mit auffälligen Monogrammen versehen. Viele Stücke waren durch die lange Lagerzeit angelaufen. Zwar konnte Gabriele in der Kürze der Zeit nicht jede Gabel und nicht jeden Löffel abzählen. Aber allein die Tatsache, dass die Schubladen bis zum Rand mit Silber gefüllt waren, verriet ihr, dass der Dieb die alten Bestecke links liegen gelassen hatte. »Wieder Fehlanzeige.«
    Sina wurde immer unruhiger. Sie sah sich aber
    mals um und stierte düster in jede Ecke des Verkaufsraums. »Auf was konnte es der Einbrecher denn sonst abgesehen haben? Auf ein wertvolles Bild? Hast du gerade etwas Besonderes in der Auslage?«
    »Nein, Kleine.« Gabriele schaute missmutig. »Außerdem machst du mich ganz nervös mit deinem Gestarre. Denkst du etwa, hier ist doch noch einer?«
    Sinas Körperhaltung blieb angespannt. »Wer kann das denn so genau wissen? Was, wenn im nächsten Moment jemand hinter diesem Ohrensessel hervorspringt? Oder hinter der Theke dort drüben? Oder hinter deinem Biedermeiersekretär?«
    Sina wusste in dem Moment, als sie das letzte Wort gesprochen hatte, dass etwas nicht stimmte. Gabriele, die bei jedem von Sinas Beispielen mit ihren Blicken gefolgt war, schoss der gleiche Gedanke durch den Kopf. Wie benommen näherten sich beide Frauen der Wand, an dem der Sekretär am Tag zuvor noch gelehnt hatte.
    Der Schrank war weg! Verschwunden! Wie vom Erdboden verschluckt!
    »Das kann gar nicht sein«, meinte Gabriele und ging die Wand von links nach rechts ab. Aber es war nicht wegzudiskutieren: Der Sekretär stand nicht mehr an seinem Platz, und wie die Frauen sehr schnell festgestellt hatten, auch an keiner anderen Stelle im Verkaufsraum.
    »Nicht zu fassen«, stieß Sina aus. »Völlig verrückt: Da hat dir wer ein Möbelstück geklaut.« Sie konnte nicht anders und musste auflachen. »Lässt das ganze Geld, den Schmuck und das Silber liegen und türmt mit einem alten Schrank.«
    »Das ist gar nicht komisch«, wies Gabriele sie zurecht. »Und auch nicht verrückt. Du weißt doch selbst, wie begehrt der Sekretär war. Der ist ein hübsches Sümmchen wert.«
    »Gabi, ich bitte dich! Selbst wenn er ein paar Hunderter auf dem Schwarzmarkt bringen würde, wäre das nicht den Aufwand wert. Überleg doch mal: Da riskiert jemand, als Einbrecher geschnappt zu werden, bloß wegen eines einzelnen Möbelstücks. Und noch dazu musste er es herauswuchten. Wahrscheinlich waren es also sogar zwei, die einen Gefängnisaufenthalt riskiert haben, bloß um einen alten Sekretär zu erbeuten, der noch dazu in ziemlich schlechtem Zustand war.«
    »Er war tipptopp gepflegt.«
    »Erzähl das deiner Großmutter.«
    Gabriele zog sich einen reichlich wackligen Lehnstuhl heran und setzte sich. »Und was machen wir nun?«
    »Die Polizei

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