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Beiß mich, wenn du dich traust

Beiß mich, wenn du dich traust

Titel: Beiß mich, wenn du dich traust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Mancusi
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gleich kotzen. Also wirklich! Da dachte ich, Mom wäre am Boden zerstört, wenn sie von Stormys Existenz erführe, und nun klingt es so, als wäre sie auf irgendeine Art und Weise sogar daran beteiligt gewesen. Elfen sind echt noch schlimmer als verdammte Hippies.
    »Okay, na gut«, sage ich, drehe mich wieder zu Dad um und versuche, die obszöne Vorstellung zu verscheuchen. »Also, ihr drei habt meinetwegen in eurer tollen Elfen-Hippie-Welt mit freier Liebe und all so was zusammengelebt. Aber dann bist du mit Heather auf und davon und hast Mom mit zwei Kindern und einer Hypothek auf dem Trockenen sitzen lassen. Und ich weiß genau«, füge ich an Mom gewandt hinzu, »dass du damit nicht einverstanden warst.«
    »Das ist wahr«, stimmt Mom zu. »Ich war tatsächlich sehr wütend.«
    Dad starrt mit einem gequälten Gesichtsausdruck vor sich hin. »Das kann ich dir nicht verübeln«, sagt er. »Es muss furchtbar gewesen sein. Ich weiß noch, dass es mich fast umgebracht hat fortzugehen - vor allem weil ich dir nicht erklären konnte, warum.« Er sieht meiner Mutter in die Augen und ihre Blicke scheinen Bände zu sprechen.
    »Also, warum?«, unterbricht Sunny ihre stumme Konversation. »Warum hat du uns verlassen?«
    Jetzt ist es raus. Die Frage, die mich mein ganzes Leben lang verfolgt hat, steht endlich offen im Raum. Ich ziehe scharf die Luft ein; die Span-nung bringt mich fast um, als ich auf Dads Antwort warte.
    Unser Vater greift langsam in seine Tasche und zieht ein Stück Papier heraus. Nachdem er es auseinandergefaltet hat, reicht er es Sunny und mir. Ich überfliege den Inhalt und meine Augen weiten sich.
    »Ein Vertrag?«, frage ich.
    »Vor etwa vier Jahren ist unsere Tarnung aufge-flogen und die Elfen haben uns gefunden. Eure Großmutter war immer noch maßlos wütend auf mich - einen Mann aus dem gemeinen Volk -, weil ich ihre Tochter entführt hatte. Ich habe sie angefleht, uns in Ruhe zu lassen, und sie ließ sich schließlich darauf ein, aber unter einer Bedingung: Ich musste von der Bildfläche ver-schwinden.« Er lässt den Kopf hängen. »Ich wusste, dass eure Mutter mit allen Mitteln versuchen würde, mich umzustimmen, wenn ich ihr die Wahrheit sage. Aber ich liebte sie zu sehr, um zuzulassen, dass sie ihr Leben - und eures - für mich in Gefahr brachte. Also packte ich meine Sachen und Heather und ich und die Kinder zogen nach Vegas.« Er schüttelt den Kopf. »Es war das Schwerste, was ich in meinem ganzen Leben tun musste.«
    Ich starre ihn fassungslos an, einen Kloß im Hals.
    All die Jahre habe ich geglaubt, dass er sich einfach verdrückt hat. Dass er seine Familie wegen einer jüngeren Frau verlassen hat und ein Leben in Saus und Braus führt, während wir uns mühsam durch unsere vaterlose Existenz schlagen.
    Sagt er die Wahrheit? Hat er das wirklich nur getan, um uns zu schützen?
    Habe ich meinen Vater die ganze Zeit ohne Grund gehasst?
    »Ich weiß, dass ich eine Menge Geburtstage versäumt habe«, fügt Dad hinzu und räuspert sich schuldbewusst. »Aber ich wusste nicht, wie viel Kontakt sie zulassen würden, ohne wieder rach-süchtig zu werden. Und ich wollte nicht fahrlässig das schöne Leben zerstören, das eure Mutter für euch aufgebaut hatte. Also habe ich aus der Distanz zugesehen und versucht weiter-zumachen, so gut ich konnte.« Beim letzten Satz versagt seine Stimme. »Aber ich habe euch sehr vermisst«, fügt er hinzu. »Es verging kein Tag, an dem ich euch nicht anrufen oder besuchen wollte...« Er verstummt und sowohl Mom als auch Heather beugen sich vor, um ihn zu trösten.
    Ich sehe Sunny an, deren Augen jetzt ungefähr so groß sind wie meine. Ich weiß nicht, was überraschender ist. Dass wir tatsächlich von Elfen abstammen oder dass Dad nicht der Scheißkerl ist, für den wir ihn immer gehalten haben. Kaum zu entscheiden, um ehrlich zu sein.
    Ich beschließe, mich auf den Elfenteil zu konzentrieren. Um den Rest zu verdauen, brauche ich mehr Zeit. »Sunny und ich sind also Prinzessinnen«, werfe ich ein. »Warum haben wir dann keine Flügel? Oder, was weiß ich, Zauberkräfte und so?«
    »Weil ihr nie das Ritual durchlaufen habt«, erklärt Mom. »Sobald Elfen in die Pubertät kommen, müssen sie eine magische Zeremonie begehen, um ihre Verwandlung in Gang zu setzen. Dazu gehört allerlei Unsinn wie zum Beispiel das Küssen des eigenen Ellbogens.«
    »Ist das überhaupt möglich?«, fragt Sunny und versucht, ihren Arm so zu drehen, dass sie den Ellbogen küssen kann.

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