Beiss noch einmal mit Gefuehl
Fensterscheiben erbeben. Wir zuckten beide zusammen. Als wir uns von dem Schreck erholt hatten, zeigte ich ihm abermals den Zauberbeutel. „Magie!“
„Sie haben mich verhext?“ Er drehte sich nach hinten um und angelte seine Krawatte von der Hutablage. Für einen kurzen Moment hatte ich sein zerknittertes Hemd direkt vor der Nase und nahm den Geruch seiner Haut wahr. Er beschwor in mir das Bild seines nackten Körpers herauf, von dem ich mich gewaltsam losreißen musste. Ich wich so hastig zurück, dass ich fast mit dem Kopf gegen das Fenster stieß. Er merkte es natürlich und verzog, verärgert über die Peinlichkeit der ganzen Situation, das Gesicht.
„Nein, nicht richtig verhext. Es sollte nur ein kleiner Schubs sein, verstehen Sie? Ich muss den Zauber eindeutig noch mal überarbeiten.“
Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Okay, das ist Behinderung der Rechtspflege. Sie sind verhaftet.“
„Ich bin was?“
„Verhaftet.“ Er holte von irgendwo ein Paar Handschellen hervor, von denen er mir eine sofort anlegte.
Ich starrte mein Handgelenk an. Dann sah ich Dominguez fragend an, nach dem Motto: Das ist hoffentlich eine Art Fetisch und nicht ernst gemeint.
Dominguez erwiderte meinen Blick jedoch recht grimmig, als wäre es ihm tatsächlich todernst mit der Verhaftung.
Er musste verrückt geworden sein. „Sie wollen mich wegen Zauberei festnehmen?“
Er errötete. „Äh ...“
„Ich habe zwar gerade versucht, Sie davon zu überzeugen, dass es Magie wirklich gibt, aber glauben Sie ernsthaft, dass Sie damit bei Ihren Vorgesetzten durchkommen? - Hokuspokus, fidibus!“, sagte ich und fuchtelte mit den Händen wie ein Zauberer aus dem Märchen. „Ich musste sie festnehmen, Leute, sie hat mich verzaubert.“
Ich hatte gehofft, Dominguez würde erkennen, wie albern das klang, doch seine versteinerte Miene verriet mir, dass mein Plan nach hinten losgegangen war. Er kniff wütend die Augen zusammen. „Sie haben mich außerdem in Bezug auf Ihre Identität belogen!“ Die zweite Handschelle schloss sich mit einem harten, metallischen Klicken. „Das ist auch Behinderung der Rechtspflege!“
Ich hielt fassungslos meine gefesselten Hände hoch. Eigentlich rechnete ich immer noch damit, dass Dominguez lächelnd den Schlüssel hervorholte und sagte: „Ha, ha, reingelegt! Jetzt habe ich Ihnen aber einen tüchtigen Schreck eingejagt!“
Doch das tat er nicht.
Stattdessen ließ er den Motor an. Die Scheibenwischer mussten noch eingeschaltet gewesen sein, denn sie fegten sofort hin und her, aber obwohl sie auf der höchsten Stufe arbeiteten, kamen sie kaum gegen den Regen an.
Ich schaute auf meine gefesselten Handgelenke. Ich war noch nie in meinem Leben verhaftet worden. Als ich probehalber an den Handschellen zerrte, schnitten sie mir in die Haut. Ich zerrte noch einmal fester daran, doch es gab kein Entkommen; ich war gefangen. Sofort bekam ich Platzangst. „Es ist also ernst“, sagte ich und biss mir auf die Lippen. Als Dominguez nicht antwortete, fragte ich: „Und was passiert jetzt?“
„Wir fahren zur Zentrale. Ich klage Sie der Behinderung der Rechtspflege an. Es sei denn, Sie wollen vielleicht etwas anderes gestehen.“ Er sah mich kurz an, und ich schüttelte den Kopf. „Wir machen Fotos von Ihnen, nehmen Ihre Fingerabdrücke ... das übliche Prozedere. Und irgendwann wird dann ein Richter die Höhe der Kaution festsetzen, gegen die Sie freigelassen werden.“
„Irgendwann? Ich muss morgen arbeiten! Wer soll denn für mich im Laden einspringen? Und was ist mit Bamey? Wer füttert sie? Ich kann nicht ins Gefängnis! Ich habe Dinge zu erledigen, ich habe Verpflichtungen! Ich muss Sebastian anrufen; jemandem Bescheid sagen, wo ich bin.“
„Wenn Sie nicht einsitzen können ..." Dominguez schaltete das Gebläse ein, um die beschlagenen Scheiben frei zu bekommen, und griff nach seinem Sicherheitsgurt. Mitten in der Bewegung hielt er jedoch inne und beugte sich zu mir, um mich zuerst anzuschnallen, und mit einem Mal wurde mir alles viel zu eng.
Ich spürte Liliths Grollen in meinem Bauch. IHR Feuer breitete sich von meinen immer noch leise pochenden Lenden nach außen aus. IHRE Hitze wärmte und beruhigte mich. Dominguez schaute mir in die Augen. Ich weiß nicht, was er dort sah, aber er blickte mich auf jeden Fall eine ganze Weile an.
„Alles in Ordnung?“, fragte er.
Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen. Ob alles in Ordnung war? Was für eine Frage! Ich musste ins Gefängnis.
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